Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.
Argentinien |

Argentinische Katastrophen ums große Geld

"Die Geschichte des Geldes", erschienen im Klett Cotta Verlag. Foto/Buchcover: Klett Verlag
"Die Geschichte des Geldes", erschienen im Klett Cotta Verlag. Foto/Buchcover: Klett Verlag

Kunstvolle Sätze von einer halben Seite sind nicht selten bei Alan Pauls, und wer Freude an sorgfältiger, fein gedrechselter und phantasievoller Formulierung hat, ist mit seinem neuen Roman sehr gut bedient. Seine "Geschichte des Geldes" befasst sich mit den meist unheiligen Auswirkungen des Geldes auf zwischenmenschliche Beziehungen, Gesellschaft und Politik. Verwoben ist das Thema in eine Familiengeschichte.

Im Mittelpunkt steht ein namenloser Sohn, der das Verhältnis zu seinen ebenfalls namenlosen, geschiedenen Eltern Revue passieren lässt, von 1966 bis heute. Zunächst sieht man diesen Protagonisten bei einer Beerdigung. Er ist zu diesem Zeitpunkt knapp 15 Jahre alt, der Tote ist ein Freund des zweiten Ehemanns seiner Mutter und die erste Leiche, die der Junge sieht. Der Mann - er war Stahlunternehmer, auch seinen Namen erfahren wir nicht - kam bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben. Während der Junge an seinem Sarg steht, erklärt er, warum er den Toten nicht leiden konnte. Pauls schildert dies mit unterschwelligem Humor: Sein jugendlicher Protagonist ertrug nämlich die Vorliebe des arroganten Stahlmagnaten für Crostini nicht, die dieser ständig lautstark zu knuspern pflegte.

Ironisch zugespitzte Katastrophen

Die Ursache des Helikopterabtsturzes, bei dem der Unternehmer zu Tode kam, ist unbekannt. Sicher ist nur, dass ein Koffer vier Millionen Schwarzgeld verschwunden ist, den der Stahlunternehmer dabei hatte. Er wollte mit dem unrechtmäßig erworbenen Geld seine Arbeiter dazu bringen, ihren von der Gewerkschaft angezettelten Streik aufzugeben. Die beginnenden 70er Jahre, als sich der Helikopterabsturz ereignete, waren die Zeit vieler Verbrechen in Argentinien, die nie aufgeklärt wurden. Die beiden Guerillagruppen des Landes beispielsweise entführten und ermordeten Unternehmer, um ihren bewaffneten Kampf gegen die korrupte Regierung von Präsidentin Isabel Perón zu finanzieren. Und auch die Ultrarechte war nicht zimperlich. Eines wird dem Jungen bei der Beerdigung jedenfalls klar: Der Hubschrauberabsturz hat, wie fast alles auf der Welt, mit Geld zu tun. Auch in seiner Familie dreht sich letztlich alles nur ums Geld.

Das zeigt auch eine Episode, als der Junge gerade sechs Jahre alt ist. Als er mit dem Vater nach Rio de Janeiro in den Urlaub fliegt, lässt dieser ihn nachts allein im Hotel zurück. Erst viel später erfährt der Sohn: Es ging natürlich um Geld, sein Vater war Finanzjongleur und Spieler. Alan Pauls stellt eindrücklich dar, wie der Protagonist sein Leben lang darunter leidet, dass Geld weitaus mehr Bedeutung hat als Gefühle. Auch bei seiner Mutter: Sie bringt in ihrer Großmannssucht zunächst das Erbe ihres Vaters und schließlich das ihres zweiten Mannes durch. Sie investiert ihr gesamtes Vermögen in ein marodes Ferienhaus in Uruguay, weil sie vermeintlich guten Ratgebern aufsitzt, die sie alle lediglich ausnehmen wollen.

Die tragikomische Schilderung der allmählichen Verarmung der Mutter Dank immer neuer, von Pauls ironisch zugespitzten Katastrophen zählt zu den Highlights des Romans. Alan Pauls unterteilt ihn nicht in Kapitel, sondern erzählt ohne Atempause - schließlich ist die ganze Geschichte eine atemlose Jagd nach Geld. Nach dem Tod der Mutter erlebt der Sohn dann noch eine Überraschung. Und es geht dabei, man ahnt es schon: um Geld.

Autorin: Eva Karnofsky, Foto: Klett Verlag

Cookie Einstellungen

Erforderliche Cookies sind für den reibungslosen Betrieb der Website zuständig, indem sie Kernfunktionalitäten ermöglichen, ohne die unsere Website nicht richtig funktioniert. Diese Cookies können nur über Ihre Browser-Einstellungen deaktiviert werden.

Anbieter:

Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.

Datenschutz

Marketing-Cookies werden verwendet, um Besuchern auf Webseiten zu folgen. Die Absicht ist, Anzeigen zu zeigen, die relevant und ansprechend für den einzelnen Benutzer sind und daher wertvoller für Publisher und werbetreibende Drittparteien sind.

Anbieter:

Google Ireland Limited

Datenschutz

Statistik-Cookies dienen der Analyse und helfen uns dabei zu verstehen, wie Besucher mit unserer Website interagieren, indem Informationen anonymisiert gesammelt werden. Auf Basis dieser Informationen können wir unsere Website für Sie weiter verbessern und optimieren.

Anbieter:

Google Ireland Limited

Datenschutz