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Amazonas-Bischof Bahlmann: "Es fehlt an Tests und gesicherten Informationen"

Bischof Bernardo Johannes Bahlmann (59) blickt mit Sorge auf die Lage in der Urwalddiözese Obidos am Amazonasfluss. Angesichts des sich ausbreitenden Corona-Virus setzt der aus dem niedersächsischen Visbek stammende Franziskaner auf moderne Technologie, um trotz "Social Distancing" bei den Menschen zu sein, sagt er im Interview mit der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA).

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Johannes Bahlmann ist Bischof der Diözese Óbidos in Brasilien am Amazonasfluss. Foto: Adveniat/Florian Kopp

KNA: Bischof Bahlmann, Brasiliens Präsident Jair Messias Bolsonaro hat mehrfach gesagt, dass das Virus nur "eine leichte Grippe" sei. Hören die Menschen bei Ihnen auf Bolsonaro oder auf die mahnenden Stimmen wie die des Gouverneurs, die soziale Isolierung dringend anraten?

Bahlmann: Die Haltung von Bolsonaro findet überhaupt keinen Anklang hier. Ich hab noch niemanden getroffen, der sich positiv dazu äußert. Aber alle sind besorgt, weil Bolsonaro Dinge sagt, die nicht gesagt werden sollten, besonders von ihm als Präsidenten. Ich habe den Eindruck, dass man eher auf Politiker wie den Gouverneur und den Gesundheitsminister hört. Und auf die Staatsanwälte, die vorschreiben, dass man daheim bleiben soll. Die setzen sich durch.

Ist das Coronavirus denn schon bei Ihnen in Obidos angekommen?

Hier in Obidos noch nicht. Es gibt bereits Menschen in Santarem, das gut 100 Kilometer entfernt ist, die Symptome aufweisen. Allerdings kann man nicht sicher sein, ob es sich um das Coronavirus handelt. Das Problem hier in der Region ist, dass es keine Tests gibt. Zudem gab es den Fall eines Fischers aus der Stadt Parintins, etwa 160 Kilometer entfernt, der mittlerweile verstorben ist. Er war auch auf dem Gebiet unserer Diözese unterwegs, und genau dort, wo er war, gibt es jetzt auch einige Verdachtsfälle.

Sie hatten angemahnt, dass der Personenschiffsverkehr auf dem Amazonas beschränkt werden soll, um die Verbreitung des Virus zu vermeiden. Findet das Anklang?

Ja, wobei der Gouverneur und mit ihm die Landesregierung bereits dafür waren, den Personenschiffsverkehr zu begrenzen. Und das ist auch passiert, weshalb die Landesregierung auch einen Hubschrauber an die Landesgrenze zum benachbarten Bundesstaat Amazonas abkommandiert hat, um das dort zu kontrollieren. Natürlich ist das schwierig, weil immer wieder Leute mit kleinen Booten trotzdem durchfahren und hierher kommen. Der Warenverkehr ist geringer geworden, findet aber weiterhin statt.

Was empfinden denn die Menschen - ist es für sie lediglich ein neues Virus wie viele andere oder doch etwas Bedrohlicheres?

Die Menschen haben sehr viel Angst. Denn sie wissen, dass diese Krankheit etwas Besonderes ist. Es liegt Gefahr in der Luft, und deshalb sind die Leute sehr verunsichert. Zumal gesicherte Informationen auch nicht wirklich vorliegen. Es wird viel berichtet, es wird viel gesprochen, aber Informationen, die tatsächlich wahr sind, hat man kaum. Keiner weiß, wo man wirklich dran ist. Deshalb sind die Leute gestresst, auch weil sie nicht wie sonst frei auf die Straße können.

Seit einigen Monaten versorgt das Krankenhausschiff "Papa Francisco" Ihre Region. Sie hatten sich sehr für das Schiff engagiert, um die prekäre medizinische Versorgungslage in Ihrer weitläufigen Region zu verbessern. Hat sich die Routine des Schiffe angesichts des Virus verändert?

Das Schiff hat die aktuelle Expedition abgebrochen. Denn das Problem ist, dass der Besuch des Schiffs dort, wo es anlegt, stets zu einer Gruppenbildung führt. Das ist genau das, was derzeit nicht passieren soll. Zudem sind wir nicht darauf vorbereitet, das Schiff unter den veränderten Bedingungen einzusetzen. Wir arbeiten daran, Materialien und Geräte zu bekommen, um es dann entsprechend einsetzen zu können, wenn das Virus hier angekommen ist.

In den Großstädten wie Rio de Janeiro und Sao Paulo arbeiten viele Menschen im Homeoffice und halten sozialen Abstand. Kann man das eigentlich auch im Amazonasgebiet so betreiben?

Bei uns gelten die Maßnahmen genauso wie dort auch. Man soll zu Hause bleiben, lautet die Regel. Das Problem hier ist, dass es die Leute nicht gewohnt sind, ständig daheim zu sein. Hier ist es heiß, und die Leute bewegen sich sonst viel auf der Straße. Deswegen ist es eine große Herausforderung für sie, sich daran zu halten. Allerdings sieht man weniger Bewegung auf den Straßen als sonst. Da ist es schon sehr ruhig. Und es laufen ja auch die Kampagnen, mit denen die Leute stets ermahnt werden, zu Hause zu bleiben. Die meisten Leute halten sich schon daran.

Sie übertragen mittlerweile Messen per Facebook, um die Ansammlung von Menschen zu verhindern. Funktioniert das denn mitten im Amazonaswald?

Hier in der Stadt sind wir ja alle sowieso gut vernetzt. Aber da jetzt alle Zeit übrig haben, ist das Internet sehr überlastet. Da ist die Übertragung dann manchmal nicht so gut. Aber es klappt eigentlich. Und es kommt gut an, weil die Menschen dadurch die Nähe der Kirche spüren. Das ist wichtig, weil sie dadurch Trost erfahren.

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Quelle: KNA

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