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Peru |

Alles über Palmölanbau im Regenwald

Landarbeiter auf einer Carnauba-Palmplantage. Foto: Adveniat/Escher.
Landarbeiter auf einer Carnauba-Palmplantage. Foto: Adveniat/Escher.

Über den Palmölanbau in Peru kritisch zu schreiben, kann riskant sein. Eine deutsche Nicht-Regierungsorganisation wurde deswegen vom Investor Dennis Melka verklagt und musste Artikel zurückziehen. Peruanische und britische NGOs jedoch recherchieren und publizieren weiterhin kritisch über die Palmölinvestitionen im peruanischen Regenwald. Heinz Schulze von der Informationsstelle Peru e.V. fasste zusammen, was in Peru in der letzten Zeit über die Frage des Palmölanbaus im Regenwald publiziert wurde. Blickpunkt Lateinamerika veröffentlicht einige Auszüge daraus.

Alleine Schulze liegen über 60 Seiten Informationen aus peruanischen und internationalen Quellen vor. Der Palmölanbau ist aber von globaler Bedeutung, weil die Böden in den klassischen Palmölländern in Asien ausgelaugt sind und die Betreiber dringend neues und zusammenhängendes Land in anderen Kontinenten für den Palmölanbau suchen. Dabei sind sie auf die Amazonasgebiete Perus gestoßen.

Klage eingereicht

Am 4. Mai 2016 protestierten 60 indigene Organisationen in London gegen die Firma "United Cacao Limited". Diese ist (...) unter anderem für die Abholzung großer Flächen im Amazonas-Regenwald Perus verantwortlich. Besitzer dieses Unternehmens ist Dennis Melka (Grupo Melka), ein US-Bürger und Besitzer der Agrarfirma "Asian Plantations" in Malaysia. In Peru soll Dennis Melka 25 Zweigfirmen unterhalten - mit Firmensitz auf den britischen Cayman-Inseln.

Besonders betroffen ist die Shipibo-Gemeinde Santa Clara de Uchunya. Diese klagte im Dezember 2015 die Agrarfirma "Asian Plantations" an, über 5.000 Hektar ihres Regenwaldes zu zerstören und gaben bekannt, dass ihre Vertreter Todesdrohungen wegen ihres Protestes bekommen hatten. (...) Joel Nunta Valera, Dorfchef von Santa Clara de Uchunya, kritisiert, dass sie als Nachbardorf der Palmölplantage kein sauberes Trinkwasser mehr hätten, und dass bewaffnete Männer sie bedrohten und aufforderten, die Klage zurück zu nehmen.

Bereits im September 2015 ordnete der peruanische Landwirtschaftsminister an, dass die Abholzung und Einzäunung der Gebiete enden müsse, so Robert Guimaraes, Präsident der Vertretung der dort lebenden indigenen Bevölkerung FECONACA. Er forderte den peruanischen Staat auf, endlich die zur Dorfgemeinschaft Santa Clara gehörenden 38.000 Hektar Regenwald juristisch anzuerkennen, um es so für die Indigenen zu schützen. Das indigene Dorf Santa Clara wurde 1975 eingetragen, aber nur mit 218 Hektar Land. Ihr Territorium beträgt aber 38.745 Hektar. Ohne diese Landtitel gehört das Land dem Staat, und korrupte Funktionäre in den Regionen vergeben dann Konzessionen für eine sogenannte "Aufwertung des Bodens" von bisher "nur als Regenwald genutzt" zu "landwirtschaftlich nutzbar". Neusiedlern wird von staatlichen Stellen der Anbau von Palmöl als wirtschaftlich lohnende Alternative zum Cocaanbau empfohlen.

Internationaler Protest

Internationale Aufmerksamkeit erreichten Teilnehmer von 60 Indigenen- und Umweltorganisationen am 4.Mai 2016 mit ihrem Protest gegen die Abholzung des Regenwaldes vor der Londoner Börse. Der Protest galt der Firma "United Cacao Limited" von Dennis Melkas Unternehmensgruppe. Der Name "United Cacao" ist in diesem Fall etwas irreführend, weil es um Palmöl geht. Melka ist Mitglied im "Rountable for Sustainable Palm Oil" (RSPO), einem Netzwerk von Unternehmen, die sich zu nachhaltigem Palmöl-Anbau freiwillig verpflichten. Dieses Netzwerk hat Ende April 2016 die Zweigunternehmen von Melka, "Plantaciones de Ucayali" und "Plantaciones de Pucallpa" , aufgefordert, den Betrieb einzustellen, weil die in Peru geltenden Umweltauflagen und Rechte der indigenen Bevölkerung verletzt werden.

Und: RSPO hat betont, dass Melka auch gegen die Gesetze Englands und die der Londoner Börse verstoßen habe. Isabel Gonzales, Forstexpertin der NGO DAR (Derecho, Ambiente, Recursos Naturales) macht immer wieder darauf aufmerksam, dass in den Palmölplantagen mit höchst giftigen Chemikalien gearbeitet wird.
Das RSPO wurde 2004 von Unternehmen gegründet, die aus den 7 Sektoren bestehen, die mit Palmöl zu tun haben: Produzenten, Industrie und Handel, die das Palmöl für tausende von Lebensmittel und Kosmetikartikel verarbeiten, Einzelhändlern, Banken und Nichtregierungsorganisationen. Wichtige Umweltorganisationen sind inzwischen aus diesem Bündnis ausgetreten, weil dessen Kriterien keine wirklich nachhaltige Standards erlauben.

Neusiedler machen Weg frei für Großplantagen

Am 26. Mai 2016 gingen die Bewohner von Santa Clara de Uchunya einen Schritt weiter: Sie verklagten mit Unterstützung des bekannten Anwalts Juan Carlos Ruiz (IDL) das zuständige regionale Büro des Landwirtschaftsministeriums in der Region Ucayali wegen ungesetzlicher Zuteilung ihres kommunalen Regenwaldes an 220 Neusiedler für den Anbau von Palmöl. Die Taktik von Melka ist folgende: Die Neusiedler bekommen ihre Parzellen sehr schnell und unbürokratisch von der Regierung und verkaufen sie danach mit einem kleinen Gewinn an die Melka-Gruppe.

Die juristische Beweisführung des Anwalts Juan C. Ruiz Molleda ist interessant:
Das Recht auf offizielle Landtitel (Titulierung) von indigenen Dorfgemeinschaften ist im Artikel 44 der peruanischen Verfassung festgelegt und wurde in vielen Urteilen des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte bekräftigt. Die Firma von Melka erreichte die Zuteilung ihres Landes durch eine "Überschreibung" durch die Regionalregierung der Region Ucayali, ohne dass die betroffene Bevölkerung - wie gesetzlich in der Vorab-Konsultation vorgeschrieben - überhaupt davon informiert und beteiligt wurde.

Die indigenen Dorfgemeinschaften haben das Recht, ihnen weggenommenes Land wieder zu bekommen, auch wenn ihre Mitglieder auf den Parzellen der Neusiedler als Tagelöhner gearbeitet haben. Die Firma Melka könne sich auch nicht darauf beziehen, dass sie das Land je von der Regionalregierung zugeteilt bekommen haben, denn der ganze Vorgang sei nicht legal gewesen.

Bitterer Kakao und Melka

Die investigativen Journalisten Milagros Salazar und Aramis Castro vom Rechercheportal Convoc.pe veröffentlichten neue Beweise zum Vorgehen der Melka-Gruppe auch im Bereich des Kakao-Anbaus in der Umgebung des Dorfes Tamshiyacu.
Sowohl das Landwirtschaftsministerium (…) wie auch die private "Amazon Conservation Association" (ACA - Auswertung von Satellitenaufnahmen) veröffentlichte gravierende Zahlen: 92,6 Prozent des Landes, bzw. 2.200 Hektar, auf denen Melkas Firma "Cacao del Norte Peru" tätig war, ist intakter Regenwald. Das staatliche Büro für Forstangelegenheiten SERFOR kalkuliert den Schaden durch die illegale Abholzung des intakten Regenwaldes durch die Melka-Gruppe auf über 100 Millionen Euro.

Melkas Vorgehen: Zunächst eignete sich das Unternehmen das Land an und stellte erst danach die vor solchen Vorhaben vorgeschriebene Studie über die Bodenbeschaffenheit vor, die wiederum bestätigte, dass es sich um keinen Regenwald mehr handele.

Auch gegenüber der "Kakaobörse für nachhaltigen Kakaoanbau" in London arbeitete die Firma Melka mit falschen Angaben. "Cacao del Norte" hat ein großes Kreditprogramm (Kakao Alianz PAPEC) aufgelegt. Der Soziologe Juan Luis Dammert, der die Situation seit langer Zeit recherchiert, stellt fest, dass bei den Krediten diejenigen Neusiedler bevorzugt wurden, die ihre Parzellen an "Cacao de Peru Norte" verkaufen wollten. Auffällig ist auch, dass im gleichen Zeitraum das zuständige Büro in der Regionalregierung Loreto mit großem Aufwand die Parzellen von Neusiedlern vermessen und offizielle Landtitel für Einzelpersonen vergeben hat, unter anderem auch Parzellen die dem indigenen Dorf Tamshiyacu gehörten. Die Kleinbauern erhalten somit günstige Kredite für Samen, Dünger, Chemie und Gerätschaften, produzieren Kakao, wo früher Regenwald stand, und verkaufen die Kakaobohnen an die Melka-Firma. Die Pächter müssen auch für die "Betreuung" von Melka bis zu 2.000 Soles (knapp 600,- €) pro Hektar zahlen.

Der bekannte Regenwaldexperte Alberto Chirif gab Zahlen bekannt: "Cacao del Norte" zahlte an 60 Pächter für jeweils 49,7 Hektar die Summe von circa 1.670 €, umgerechnet 33,- € pro Hektar, also 0,01€ pro Quadratmeter. Chirif berichtet weiter, dass die für die Erteilung individueller Landtitel notwendigen Untersuchungen (Georeferenz-Arbeiten, technische Bodenstudien, Grenzziehungen etc.) in der Rekordzeit von drei Wochen stattfanden. Normalerweise dauert der Prozess zur Erteilung eines offiziellen kollektiven Landtitels für indigene Dorfgemeinschaften Jahre. Diesmal stellte Melka für die Arbeit eigene Fahrzeuge und Messgeräte zur Verfügung.

Komplizierte Verträge

Dammert stellt eine weitere Unklarheit fest: Die Verträge sind viele Seiten lang. Sie würden von den zuständigen Ingenieuren aber nur in Teilen den Pächtern vorgelesen bzw. würden in blanco unterschrieben. In den Verträgen steht der Passus: Wer den Kredit nicht rechtzeitig zurückzahlen kann, verliert sein Land an den Kreditgeber Melka. Regenwaldexperte Chirif zeigt auch auf, wie die lokalen Politiker in dieses korrupte System sich haben einbinden lassen. Ruperto Vasquez, Kleinbauer und Arbeiter in der Distriktverwaltung von Sargento Lores, hat am 19. April 2016 an einem Protestmarsch gegen die Umweltverschmutzung durch den Palmölanbau teilgenommen. Der dortige Bürgermeister entließ ihn daraufhin. Die entsprechenden Fotos machte ein Mitarbeiter von Melka und stelle diese dem Bürgermeister zur Verfügung.

Internationale Kakaohändler sollten aufpassen: Denis Melka erklärte 2015: Wir sind schon jetzt die größte Kakaoplantage in Peru und weltweit die, die am billigsten produziert… Wenn alles wie geplant so weitergeht, werden wir 2017 der größte Kakao-Produzent der Welt sein. Dafür hat sich die Melka-Gruppe z.B. weitere 40.000 Hektar Regenwald am Fluss Maniti, zur Grenze nach Brasilien hin, beantragt. (...)

"Trotz" solcher Vorkommnisse setzte das Landwirtschaftsministerium der unter dem vorherigen Präsidenten Humala auf den Nationalen Plan zur nachhaltigen Entwicklung des Anbaus von Ölpalmen für die Jahre 2016-2025. Auffällig ist, dass bei der Auswahl der Fotos nur einzelne Bäume gezeigt werden, eine saubere Fabrik zur Ölherstellung und strahlende Bauern mit Ölpalmfrüchten, jedoch kein Foto einer Plantage.

Quelle: Informationsstelle Peru e.V., Deutsche Bearbeitung: Heinz Schulze.

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