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Kleptokraten der Karibik - die Dominikanische Republik vor den Präsidentschaftswahlen

Skandale, Korruption und interne Grabenkämpfe – die Regierungspartei PLD der Dominikanischen Republik hat Vertrauen verspielt. Bei den Wahlen am Wochenende könnte sie das die Vormachtstellung kosten.  

Der Präsident der Dominikanschen Republik mit Vizepräsidentin Margarita Cedeño  und Minister Gustavo Montalvo. Foto: Josuefiallo, Danilo MedinaCC BY-SA 3.0 

Als Hunderte im Februar in Santo Domingo protestierten, trugen drei Männer gerade die Demokratie der Dominikanischen Republik zu Grabe. Sie hielten, umgeben von schwenkenden rot-weiß-blauen Landesfahnen, einen schwarzen Sarg über ihren Köpfen, auf dem stand: Democracia. Diese symbolische Todeserklärung der Demokratie hielt eine Kamera fest.

Die Proteste waren ausgebrochen, nachdem die Kommunalwahlen im Februar von der zentralen Wahljunta (JCE) nur vier Stunden nach deren Beginn abrupt unterbrochen wurden. Als Grund nannte die JCE technische Störungen bei den elektronischen Wahlmaschinen. Viele witterten Betrug. Der Oppositionsführer Luis Abinader sprach von „einem schweren Gewaltakt gegen die demokratischen Rechte“. Präsident Danilo Medina nannte es „Sabotage“. Die politischen Gegner waren sich einig: Irgendwas stimmte nicht. Nicht zum ersten Mal. Auch während der Präsidentschafts- und Kongresswahlen vor vier Jahren gab es Betrugsvorwürfe. Die Regierungspartei hatte gewonnen, die Opposition protestierte.

Hegemonie in Gefahr

Dieses Mal könnte es andres ausgehen. Denn wenn am Sonntag in der Dominikanischen Republik im Schatten der Corona-Pandemie Präsidentschafts- und Kongresswahlen stattfinden, sehen die meisten seriösen Umfragen den Oppositionskandidaten Luis Abinader von der Partido Revolucionario Moderno (PRM) vorne. Er könnte damit die lange Hegemonie der Regierungspartei beenden. Die Partido de la Liberación Dominica (PLD) ist mit einer Unterbrechung von vier Jahren Anfang der 2000er seit 1996 an der Macht. Noch vor vier Jahren war Danilo Medina mit einem historisch guten Ergebnis von 61 Prozent Luis Abinader weit überlegen. Medina galt als beliebt, bodenständig, bürgernah. Was hat sich in den vier Jahre verändert?

„Viele in der Dominikanischen Republik hoffen auf einen Wandel“, sagt der katholische Priester Mario Serrano Marte. Sie fühlten sich von einem korrupten, selbstsüchtigen System betrogen. Serrano Marte war Teil der Bürgerbewegung „Marcha Verde“ gegen Korruption und Straflosigkeit, die in ihrer Hochphase vor zwei Jahren Tausende Dominikaner auf den Straßen vereinte. Die Proteste begannen als Anfang 2017 bekannt wurde, dass Mitglieder der PLD in dem länderübergreifenden Bestechungsskandal des brasilianischen Baukonzerns Odebrecht verwickelt waren -  bis heute wurde jedoch keiner der Angeklagten verurteilt.

„Danilo Medina ist mit dem Versprechen angetreten, die Korruption zu bekämpfen“, sagt Serrano Marte. Gelungen sei ihm das nicht – im Gegenteil, er habe die Justiz nur noch stärker an sich gebunden. Der aktuelle Index von Transparency International scheint dieser These recht zu geben: Dort belegt die Dominikanische Republik aktuell 137 Platz von 180 Nationen. Nur sechs Länder in ganz Lateinamerika und der Karibik schneiden noch schlechter ab, darunter demokratisch fast komplett ausgehöhlte Staaten wie Nicaragua und Venezuela.

Auch Präsident Medina selbst wird laut einem Bericht von Transparency International in die Nähe der Korruption gerückt: 2013 genehmigte er den Bau des Kohlekraftwerks Punta Catalina mit dem Ziel, die Stromausfälle auf der Insel zu verringern und günstigeren Strom für die Bürger bereitzustellen. Das sei nie erreicht worden: Die Bauzeit verlängerte sich massiv, die Kosten explodierten, vor allem, weil viel Geld in fremdenden Taschen versickert sei. Nun sollen Teile des Kraftwerks sogar verkauft werden.

Interne Machtkämpfe

„Die Skandale haben sich in den vergangen beiden Jahren gehäuft und können nicht mehr von der positiven Wirtschaftsbilanz der Regierungspartei abgefedert werden“, meint Reinhard Junghanns, der viele Jahre Leiter des Rechtsstaatsprogramms für Mexiko, Zentralamerika und die Karibik bei der Konrad-Adenauer-Stiftung war. Denn unter dem neoliberal orientierten Kurs von Medina ist die Wirtschaft meist um über fünf Prozent jährlich gewachsen und war damit beim Thema Prosperität fast allen Ländern der Region deutlich überlegen. Medina baute die Dominikanische Republik vor allem als bedeutende Tourismusdestination weiter aus. Die Kehrseite ist, dass gleichzeitig auch der Schuldberg während seiner Amtszeit um zehn Prozent auf über 50 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angewachsen ist. Bei den ärmeren Schichten ist dagegen nur wenig von dem Wachstum angekommen. Die Ungleichheit liegt in der Dominikanische Republik laut Weltbank in etwa auf dem gleichen Niveau von anderen lateinamerikanischen Ländern wie Bolivien, Nicaragua und Chile. Das öffentliche Bildungssystem ist marode, das Gesundheitssystem gilt als finanziell ausgeblutet.

Doch die Skandale und die sich trotz Wachstum kaum verringernde Ungleichheit dürften nicht die einzigen Gründe dafür sein, warum Medina in der Gunst der Wähler abgestürzt ist: „Der entscheidende Umbruch kam als Medina die Ambitionen entwickelt hat, gegen die Verfassung eine dritte Amtszeit anzustreben“, sagt Reinhard Junghanns. Die Verfassung des Landes verbietet drei aufeinanderfolgende Amtszeiten. Um wie bereits 2016 erneut kandidieren zu können, versuchte Medina die Verfassung zu ändern. Doch aufgrund von parteiinternem Gegenwind und Kritik von Verfassungsrechtlern schreckte er letztendlich zurück.

Doch ihm gelang ein anderer Coup: Im Eiltempo baute er den bis dato relativ unbekannten Minister Gonzalo Castillo, der ebenfalls durch Korruptionsvorwürfe belastet wird, als Präsidentschaftskandidaten auf. In den parteiinternen Vorwahlen für die Präsidentschaft gewann er überraschend gegen den eigentlichen Favoriten, den ehemaligen Präsidenten Leonel Fernández. Die Organisation der amerikanischen Staaten meldete im Anschluss in einem Bericht ihre Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Ergebnisses an. Ex-Präsident Fernández selbst sprach öffentlich von Betrug und gründete kurzerhand mit der Fuerza del Pueblo (FP) seine eigene Partei, die allerdings bei den meisten Umfragen abgeschlagen an dritter Stelle liegt. Präsident Medina sei mit seiner Strategie jedoch gescheitert, meint Junghanns: „Leonel Fernández trägt mit seiner Abspaltung maßgeblich zur aktuellen Schwäche der PLD bei.“

Genützt hat das vor allem Luis Abinader. Er positioniert sich als Mann des Wandels, der die unabhängige Justiz stärken, sie von der Regierungspartei loslösen und somit der Korruption ein Ende setzten will. „Wir haben allerdings in der Vergangenheit gelernt, dass wir nicht allzu viele Hoffnungen in einen einzelnen Kandidaten setzen sollten“, meint der Priester Serrano Marte. Allein von Abinader erwarte er sich keine Zeitenwende. Viel wichtiger sei es, dass neue Gesichter ins Parlament einzögen, die das politische Monopol der PLD aufbrechen. Bei den Kommunalwahlen Anfang des Jahres, die nach dem Abbruch im Februar einen Monat später stattgefunden hatten, sei das bereits gelungen. Serrano Marte macht das Hoffnung. Doch eine Sorge bleibe: die Angst vor Wahlbetrug. Und was dann? Tausende würden vermutlich wieder einmal auf die Straßen gehen. 

Autor: Julian Limmer 

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