Zwischen Euphorie und Enttäuschung - Lateinamerikanische Stimmen zu "Querida Amazonia"
Das Papstschreiben "Querida Amazonia" zur Amazoans-Synode spaltet die Gläubigen in Lateinamerika. Der lateinamerikanische Bischofsrat äußert Zustimmung, doch viele Gläubige der von Priestermangel betroffenen Gemeinden äußern ihr Unverständnis.
Der Lateinamerikanische Bischofsrat CELAM sieht im Schreiben von Papst Franziskus zur Amazonas-Synode eine Bestätigung seiner Unterstützung der indigenen Amazonas-Völker. In einer Stellungnahme vom Mittwochabend, 12. Februar 2020 (Ortszeit), heißt es, das Papstschreiben zeige klar, dass die Kirche eine treue Verbündete der indigenen Gemeinden und Völker bei der Verteidigung ihrer Rechte sowie bei Umweltschutz und Menschenwürde sei.
Der Rat fordert alle Staaten auf, den Amazonas zu schützen und sich gegen Abholzung, Menschenhandel und Umweltzerstörung zu stellen. Für Donnerstagmittag (Ortszeit) hatte der CELAM-Vorsitzende, Erzbischof Miguel Cabrejos Vidarte aus Trujillo (Peru), zu einer Pressekonferenz nach Lima eingeladen.
Der peruanische Kardinal Pedro Barreto Jimeno zeigte sich begeistert von dem Papstschreiben zur Amazonas-Synode. Er wertete es als "großen Impuls, der Hoffnung macht". Dem Pressedienst SIR (Donnerstag) sagte der Vizepräsident des länderübergreifenden kirchlichen Amazonas-Netzwerks Repam, er sei "begeistert von diesem klaren Aufruf, gemeinsam an der Seite der Ärmsten zu stehen".
Missmut über Unklarheit über Lockerung des priesterlichen Zölibats
Zahlreiche Vertreter aus Lateinamerika zeigten sich jedoch auch resigniert über das Papstschreiben - darunter Vertreter aus den betroffenen Amazonasgebieten, in denen mehrheitlich indigene Menschen leben. Für Unmut sorgte vor allem die enttäuschte Erwartung, Papst Franziskus würde sich zu einer Lockerung des Zölibats und zur Frage der Priesterweihe für verheiratete Männer äußern. Doch davon gab es in dem Schreiben kein Wort. Die Gläubigen im Amazonasgebiet hatten sich erhofft, dass sich durch eine Lockerung der enorme Priestermangel in der Region eindämmen ließe. Die Personalsituation ist in vielen Dörfern so gravierend, dass die Gläubigen nur alle sieben Monate Eucharistie feiern können.
Diakon Ferney Pereira aus einer indigenen Gemeinschaft der Ticuna in Kolumbien kommentierte das Schreiben gegenüber der Nachrichtenagentur AP: "Wir brauchen wirklich mehr Priester, die den Menschen die Sakramente spenden können. Wenn es nicht genug Priester gibt, sind die Menschen mehr dazu geneigt, sich an evangelikale Kirchen zu wenden."
Ähnlich äußerte sich Yésica Patiachi vom Volk der Harakbut in Peru, die als eine der wenigen indigenen Frauen auf der Amazonas-Synode in Rom dabei war. "Irgendwann muss (die Kirche) nachgeben", sagte sie. Sie gehe davon aus, dass die konservativen Kreise in der Kirche einen enormen Druck auf Franziskus ausgeübt hätten, damit er nichts ändere. Auch sie beschreibt den Priestermangel in Amazonien als enormes Problem.
Diakone arbeiten am Limit ihrer Möglichkeiten
Kämpferischer äußerte sich dagegen Bischof Giuliano Frigeni von Parintins im brasilianischen Amazonasgebiet: "Jetzt müssen wir die Ärmel hochkrempeln und noch härter arbeiten", sagte er. In seiner 20-jährigen Amtszeit in Parintins habe er es nur auf 20 Priesterweihen gebracht; im brasilianischen Amazonas gebe es nur einen Bischof, der aus der Region stamme. Seine Diakone seinen "stark überarbeitet", so Frigeni; sie seien samstags und sonntags bis zu elf Stunden in Kanus unterwegs, um in entlegenen Gemeinden zu predigen. Dennoch liege die oberste Priorität dieser Männer immer bei ihren Familien, nicht bei der Kirche.
Sogar Erzbischof Barreto von Huancayo aus Peru räumte ein, dass Franziskus die viel diskutierte Frage einer Lockerung des priesterlichen Zölibats im Amazonasgebiet "nicht deutlich" anspreche. Für ihn sei das aber keine Enttäuschung. "Franziskus bietet keine starren Richtlinien an", so Barreto. Die Synode sei ein langer Weg, der weitergehe.