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Puerto Rico |

"Wir wollen nicht locker lassen!"

Die politische Krise in Puerto Rico ist noch lange nicht beendet. Auch nach dem Rücktritt von Gouverneur Ricardo Roselló treibt das Misstrauen gegen das politische Establishment weiterhin Tausende auf die Straße.

Die politische Krise in Puerto Rico ist noch nicht beendet - auch nach dem Rücktritt von Gouverneur Ricardo Roselló. (Foto: picture-alliance/Miami Herald/P. Portal)    

"Hotdog! Hotdogs! Nehmt, sie kosten nichts", ruft ein Mann den Demonstranten zu. Gleich daneben verteilt ein anderer kostenloses Wasser. Auch nach dem Rücktritt von Gouverneur Ricardo Rosselló haben sich wieder Tausende in San Juan versammelt. Singend und tanzend ziehen sie durch die Straßen der Hauptstadt bis zum Hiram Bithron Baseball Stadion.

Ricardo Perez sagt, er war vom ersten Tag der Proteste mit Begeisterung und Überzeugung dabei. "Rosselló ist erst der Anfang. Wir werden weiter gegen korrupte Machtstrukturen in Puerto Rico kämpfen. Wir werden nicht locker lassen." Perez, der Rechnungswesen studiert, und sein Freund Jomar Alayon, ein Informatik-Student, haben eine große puerto-ricanische Fahne zum Stadion mitgebracht. Stolz seien sie auf die Menschen in Puerto Rico, sagen sie. Stolz und glücklich. "Wir wollen weitermachen, bis die Insel eine bessere Regierung bekommt - eine Regierung, die sie verdient", sagt Jomar Alayon.

Kein echter Wandel in Sicht?

Laut Verfassung müsste eigentlich nun der Außenminister das Gouverneursamt kommissarisch übernehmen. Da er aber ebenfalls längst zurückgetreten ist, wurde Justizministerin Wanda Vázquez zur Nachfolgerin erkoren. Keine gute Wahl, meint Jobar Alayon. Die meisten hier denken so. Sie gehöre demselben korrupten Machtzirkel an wie Rosselló, erklärt der Student. Korruptionsskandale hat Puerto Rico in der Vergangenheit schon viele erlebt, den letzten erst vor wenigen Tagen. Es waren aber Textnachrichten einer privaten Chat-Gruppe zwischen dem Gouverneur und seinen Vertrauten, die Rosselló zu Fall gebracht haben.

"Was da an die Öffentlichkeit gelang, war ekelhaft", sagt Jomar Alayon. "Das hätte ich von einem Gouverneur wirklich nicht erwartet." Die Art und Weise, wie die Chat-Gruppe Frauen und Homosexuelle beleidigte und Opfer des verheerenden Hurrikans Maria von 2017 verhöhnte, empörte die Puerto Ricaner. Die Proteste, die vor zwei Wochen begannen, rissen nicht ab. Auch auf dem amerikanischen Festland solidarisierten sich viele mit den Puerto Ricanern. US-Präsident Donald Trump nannte Rosselló einen fürchterlichen Gouverneur.

Puerto Rico als Vorbild für Washington?

Dabei sei die Situation in Puerto Rico gar nicht so viel anders als die Lage in Washington, sagt Jomar Alayon. Auch Trump sei bekannt für rassistische und schwulen-feindliche Kommentare. "Ich würde mir wünschen, dass die Amerikaner auf dem Festland unserem Beispiel folgen. Gemeinsam haben wir hier den Gouverneur aus dem Amt gejagt. Das kann man doch auch im Fall von Trump schaffen."

Auf der Bühne, die neben dem Stadioneingang aufgebaut wurde, treten unterdessen lokale Bands auf. Die Menschen schwingen die mitgebrachten Fahnen im Takt der Musik, tanzen ausgelassen. Auch Gorge Nazario und seine Freundin sind darunter.

Ziel - eine neue Politikerklasse

"Die meisten hier werden es nicht gern hören, aber ich finde Trump gut", sagt der Puerto Ricaner, der als Barkeeper arbeitet. "Er versucht zumindest, etwas zu ändern.” Und seine als rassisch kritisieren Äußerungen? Seine Ausfälle gegen Puerto Rico? "Sein großes Maul ist sein größtes Problem, aber er tut wenigstens was."

In Puerto Rico tut sich seit langem zu wenig, sagt Gorge Nazario überzeugt. 2017 musste die Insel in der Karibik ihre Zahlungsunfähigkeit anmelden. Es war der drittgrößte Staatsbankrott der Schuldengeschichte. Dann kam Hurrikan Maria, der Puerto Rico verwüstete und 3000 Menschen das Leben kostete. Bis heute hat sich die Insel nicht vollständig von der Katastrophe erholt. Von den vom US-Kongress bewilligten 42 Milliarden US-Dollar an Hilfsgeldern hat die Trump-Regierung Puerto Rico erst knapp 13 Milliarden zur Verfügung gestellt.

Zu lange stillgehalten?

"Wir brauchen einen Gouverneur, der weiß, wie und wo das Geld ausgegeben wird. Wir brauchen mehr Schulen, ein besseres Bildungssystem", sagt Gorge Nazario. Seit zwölf Tagen war er jeden Tag auf der Straße. Er schaut sich um und fügt hinzu: "Ich wundere mich, dass nicht mehr Menschen heute hier sind. Wir müssen weiter machen." Auch für Gorge Nazario ist dies erst der Anfang. Zu lange, sagt er, haben wir stillgehalten.

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