Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.
Kolumbien |

"Wir sind in Rufbereitschaft"

In einem Interview mit Blickpunkt Lateinamerika-Redakteurin Julia Mahncke spricht der dem Vorsitzende der Bischofskonferenz, Rubén Salazar Gómez, über Vermittlungsversuche der Kirche, die Zusammenarbeit mit der Regierung und über die Kolumbien-Hilfe für Haiti.

Der Unteroffizier Pablo Moncayo wurde vor zwölf Jahren in Kolumbien von der „Bewaffneten revolutionären Front Kolumbiens“ (FARC) entführt. Die Kirche versuchte zusammen mit dem Roten Kreuz, die Freilassung der Geisel zu unterstützen. Immer wieder hieß es, Moncayo würde freigelassen. Bis jetzt ist aber jede Übergabe gescheitert. Heute wird es einen erneuten Versuch geben. Inwiefern kann die Kirche Vermittler zwischen der FARC und der Regierung sein?

Wir als Kirche können keine Vermittler im eigentlichen Sinne sein, denn das würde bedeuten, dass wir einfachen und schnellen Zugang zu allen Beteiligten hätten, und das ist nicht der Fall. Wir haben keinen direkten Einfluss auf die Regierung, wir haben keinen direkten Einfluss auf die FARC. Das müssen wir uns eingestehen. Die Regierung und die FARC sind die Protagonisten und sie müssen sich einigen.

Wir haben lediglich versucht, die Formulierung von Bedingungen zu ermöglichen, damit die Farc in Einverständnis mit der Regierung die Geisel freilässt. Das war nicht einfach. Zurzeit sind wir in absoluter Rufbereitschaft. Sobald die Regierung sagt, dass die Bedingungen geklärt sind und uns zum Handeln auffordert, werden wir handeln. Wir tun alles, um den Prozess zu erleichtern, sind aber sozusagen nur „Hilfsarbeiter“ in den Händen der Protagonisten, also der Regierung und der FARC.

Wir möchten ein Umfeld schaffen, dass einer Freilassung zu Gute kommt. Wir möchten ein klareres Bewusstsein in der Regierung und in der öffentlichkeit dafür schaffen, dass Entführungen aus der Geschichte des Landes gelöscht werden. Wir versuchen zu erreichen, dass alle Geiseln freigelassen werden. Wir möchten in der gesamten Bevölkerung die Ablehnung von Geiselnahmen zu stärken – die Mehrheit tut es ja schon – sowie die Guerrilla und die Regierung dazu zu bewegen, sich zu einigen.

Hat es die Kirche einfacher als die Regierung mit der FARC Kontakt aufzunehmen?


Nein. Zurzeit haben wir keinen direkten Zugang zu der FARC. Ich wünschte wir könnten direkt mit ihnen sprechen, weil wir dann viel mehr machen könnten, aber wir haben diesen direkten Zugang nicht. Auch der Zugang der Regierung ist begrenzt, denn sie haben eine ganz eigene Politik und eigene Kriterien, die übrigens nicht immer mit unseren Vorstellungen übereinstimmen und die wir manchmal für unangebracht halten. Die Situation ist einfach sehr schwierig.

Wie kann man die Geiselnahmen insgesamt stoppen oder zumindest verringern?


Die Geiselnahmen sind schon viel seltener geworden. Die Guerrilla hat erkannt, dass sie sich durch Geiselnahmen selbst entwürdigt. Die Menschen akzeptieren Geiselnahmen nicht und je öfter die Guerrilla Menschen entführt, desto mehr schadet sie sich selbst, weil sie sich mit solchen Taktiken bei der Bevölkerung unbeliebt macht. Zum Beispiel nimmt die Farc politische Geiseln, um Druck auf bestimmte Regionen im Land auszuüben, oder sie entführt Personen aus wirtschaftlichen Gründen, um die eigene Finanzierung zu sichern. Allerdings sieht es so aus, als hätte die Guerrilla inzwischen auch andere Wege gefunden, an Geld zu gelangen.

Es ist aber praktisch unmöglich zu sagen: wir stoppen die Geiselnahmen. Solange es illegale bewaffnete Gruppen gibt, wird es auch Geiselnahmen geben. Sie werden aber weiter abnehmen, da die Bevölkerung sie ablehnt.

Im Mai diesen Jahres wählt Kolumbien einen neuen Präsidenten. Welche Themen werden die ersten Gespräche mit der neuen Regierung bestimmen?

Die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes ist eines der wichtigsten Themen im Dialog zwischen der Kirche und der Regierung. Die Richtung der Politik ist bekanntermaßen neoliberal, sie folgt der großen weltweiten Tendenz zur Globalisierung im Wirtschaftssektor. Wir sind der Meinung, dass sich die Politiker nicht genug im sozialen Bereich engagieren und sich nicht genügend um soziale Gerechtigkeit bemühen. Es gibt da ein großes Ungleichgewicht, über das wir schon mehrmals mit der Regierung gesprochen haben, aber das Thema ist schwierig. Die Kirche kann keine alternativen Entwicklungsmodelle anbieten, weil das nicht unsere Aufgabe ist, aber wir können sicherlich ein Bewusstsein dafür schaffen, dass die Entwicklung im Land unter Berücksichtigung sozialer Gerechtigkeit geschieht.

Nach dem Erdbeben in Haiti am 12. Januar haben viele Länder Spenden gesammelt und Katastrophenhilfe geleistet. Auch aus Lateinamerika hat Haiti viel Unterstützung erfahren. Was konnte Kolumbien beitragen?

Wir waren sehr erfolgreich mit unserer Kollekte und konnten dadurch neben der Hilfe durch die Sozialpastoral und Caritas Kolumbien, die Lebensmittel, Kleidung und Decken gesammelt hat, auch finanzielle Unterstützung anbieten. Die Kolumbianer waren sehr großzügig, so dass wir inzwischen mehr als eine Million Dollar gesammelt haben. Und das nur durch die Kirche! Es gab noch andere Organisationen, wie das Rote Kreuz, die auch Spenden für Haiti gesammelt haben. Jetzt beschäftigen wir uns mit der Frage, wofür die Kollekte am Besten verwendet werden kann.

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