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Wenn Guerilla-Kämpfer die Corona-Regeln kontrollieren

Die Corona-Pandemie offenbart aufs neue tiefe gesellschaftliche Probleme in Lateinamerika. Gewalt gegen Frauen, Attacken bewaffneter Gruppen und Einschüchterung von Gesundheitspersonal sind an der Tagesordnung.

Graffiti, Gewalt, Kolumbien

Graffiti gegen Gewalt in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá. Foto: Adveniat/Jürgen Escher

Kaum ein Tag vergeht in diesen schwierigen Wochen, an dem aus Lateinamerika nicht neue Rekordzahlen zur Corona-Pandemie gemeldet werden. Am Donnerstag übersprang Brasilien die Zwei-Millionen-Marke an registrierten Infektionen; Kolumbiens Hauptstadt Bogota hat in den Krankenhäusern die Kapazitätsgrenze erreicht, und auch in Argentinien steigen die Zahlen bedrohlich. In diesem Umfeld häufen sich Meldungen über Gewalt, Repression und Stigmatisierung gegen Helferinnen und Helfer aus dem Gesundheitswesen, Patienten und jene, die sich für einen effektiven Schutz gegen das Virus einsetzen.

Bewaffnete Gruppen bestimmen Corona-Regeln

Ein Brennpunkt: Kolumbien. Wie Human Rights Watch (HRW) berichtet, setzen bewaffnete Gruppen in dem südamerikanischen Land ihre eigenen Regeln und Maßnahmen zur Eindämmung des Virus mit Gewalt durch. Die missbräuchliche soziale Kontrolle belege das langwierige Versagen der Regierung, in einigen ländlichen Regionen Kolumbiens Präsenz zu zeigen, so Jose Miguel Vivanco, Amerika-Direktor der Menschenrechtsorganisation. Ihre eigenen Regeln verkünden die bewaffneten Gruppen demnach unter anderem über WhatsApp und setzten so selbst auferlegte Ausgangssperren und Kontaktverbote durch.

Die marxistische Guerilla-Gruppe ELN veröffentlichte demnach ein Schreiben, wonach sie gezwungen sei, Menschen zu töten, um Leben zu retten; die Bevölkerung befolge die Vorgaben zum Stopp der Ausbreitung von Covid-19 nicht. Zu den bewaffneten Gruppen, die mit brutaler Gewalt die Durchsetzung eigener Covid-19-Regeln sicherstellen wollen, gehören neben der ELN-Guerilla auch abtrünnige Kämpfer der linken Ex-Guerillaorganisation Farc und Nachfolgeorganisationen rechtsextremer paramilitärischer Banden. Als Beispiel nennt HRW eine Attacke am 26. April in einem öffentlichen Park in Cauca. Dabei seien drei Zivilisten und vier weitere getötet worden, weil sie sich nicht an die Ausgangsbeschränkungen gehalten hätten.

Nicaragua schränkt Meinungsfreiheit ein

Ein ganz anderes Problem ist die Repression gegen Gesundheitspersonal. Aus Nicaragua wird berichtet, mindestens zehn Mitarbeiter seien aus Krankenhäusern entlassen worden, weil sie öffentlich über die schwierige Lage dort berichtet hätten. "Präsident Daniel Ortega versucht, jene Personen aus dem Gesundheitswesen einzuschüchtern und zu bestrafen, die versuchen, die Gesundheit der Nicaraguaner zu schützen und das Recht auf freie Meinungsäußerung ausüben", sagt Menschenrechtsexperte Vivanco. Die unabhängige Beobachtungsstelle für Corona-Erkrankungen in Nicaragua berichtete jüngst, die selbst ermittelte Zahl von Covid-19-Toten sei 24 mal höher als die von der Regierung mitgeteilte.

Quarantäne verstärkt häusliche Gewalt gegen Frauen

Besonders Frauen zählen zu den Bevölkerungsgruppen, die besonders unter der Pandemie leiden. Die katholische Kirche in Bolivien zeigt sich angesichts wachsender Gewalt gegen Frauen und Mädchen besorgt. Die "Spirale der Gewalt gegen Frauen" müsse beendet werden, forderte die Bischofskonferenz kürzlich.

Zuvor hatten Missbrauch und Tötung eines neunjährigen Mädchens in El Alto für landesweites Entsetzen gesorgt. Das Kind sei nur Teil einer langen Liste von weiblichen Gewaltopfern im Land, so die Bischöfe. Die Quarantäne sei notwendig - aber sie habe auch viele strukturelle Probleme der Gesellschaft vertieft. Eines davon sei häusliche Gewalt gegen Frauen. Laut Staatsanwaltschaft wurden allein in den ersten beiden Monaten der Quarantäne 2.935 Gewalttaten und Aggressionen gegen Frauen und Mädchen registriert.

Quelle: KNA, Autor: Tobias Käufer

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