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Wahlen in El Salvador: Der Polarisierer im Präsidentenpalast

Nayib Bukele ist der jüngste Präsident des Landes und ausgesprochen machtbewusst. Mit seiner Partei „Nuevas Ideas“ strebt er bei den Wahlen am Sonntag die absolute Mehrheit im Parlament an. Kritiker sehen die Demokratie in Gefahr. 

El Salvadors Präsident Nayib Bukele (rechts): Populär und hochumstritten. Foto: Flickr, CCO1.0

Der Tweet des Präsidenten Nayib Bukele kurz nach der Ermordung von zwei FMLN-Veteranen am Rande einer Wahlkampfveranstaltung war für Saúl Baños ein Schock. „Der Präsident hat per Twitter den Verdacht geäußert, dass die Partei das Attentat auf ihre eigene Wahlkampfveranstaltung inszeniert habe. Wie kann ein Präsident so etwas in Umlauf bringen – ohne Beweise", fragt sich der Direktor der Menschenrechtsorganisation FESPAD fassungslos.

Zwei Veteranen der FMNL, einer linksgerichteten Partei in El Salvador, waren am 31. Januar 2021 von mehreren Schüssen tödlich getroffen worden – und wie sich bei den Ermittlungen herausstellte, waren es Sicherheitsleute des Gesundheitsministeriums, die auf die beiden deutlich über 60-Jährigen geschossen hatten. Wahrscheinlich weil aus dem FMLN-Wagen vorher ein Wasserbeutel geworfen wurden, so ein Zeuge.

Für El Salvador sei das ein exemplarischer Fall, argumentiert Baños. Zum einen zeige sich wie schnell es zu massiver politischer Gewalt kommen könne, zum anderen mit welcher Selbstverständlichkeit sie als inszeniert abgetan werde. Außerdem zeige es wie der Präsident persönlich die Eskalation schüre. „Mit dem Amtsantritt von Nayib Bukele im Juni 2019 ist der Ton aggressiver geworden. Die Beleidigung des politischen Gegners, die Diffamierung missliebiger Journalisten und die offene Kritik an der höchsten Institution unserer Demokratie, dem Verfassungsgericht, belegen das.“

Kritiker: Demokratie in Gefahr in El Salvador

Doch der polarisierende Diskurs des Twitter-Präsidenten, der sich volksnah gibt, quasi rund um die Uhr online ist, kommt in El Salvador durchaus an. Das zeigen positive Umfrageergebnisse für den 39-Jährigen genauso wie für seine Partei Nuevas Ideas, die sich am 28. Februar erstmals um Abgeordnetenmandate und Bürgermeisterposten bewirbt. Umfragen zufolge liegt Nuevas Ideas, die Partei Bukeles, mit 73,2 Prozent in den Umfragen vorn. Gefolgt von den beiden Parteien, die sich seit dem Friedensabkommen von 1992 beim Regieren mehr oder minder abwechselten: die konservative Partei "Arena" und die aus der Befreiungsbewegung (Frente Farabundo Martí para la Liberación Nacional) hervorgegangene politische Partei FMLN. Beide rangieren mit jeweils rund sechs Prozent der Stimmen weit abgeschlagen von der Partei des Mannes, der in El Salvador den Ton angibt: Nayib Bukele.

Twitter ist dabei das Medium seiner Wahl. „Der Präsident twittert und das Militär geht auf die Straße, um den Befehl auszuüben“, beschreibt der Publizist Óscar Martínez die typischen Abläufe und kritisiert in einem Beitrag für die „New York Times“, dass keine Demokratie so funktionieren könne, wie sie in El Salvador derzeit funktioniere.

Vorwurf der Korruption

Eine Einschätzung, die Saúl Baños teilt. Zudem weist er darauf hin, dass viel dafür spreche, dass Nayib Bukele der Versuchung nicht widerstehen könne staatliche Ressourcen in den Wahlkampf umzulenken. „Warum sind 70.000 Nahrungsmittelpakete an Wahlkampfhelfer von Nuevas Ideas gegangen, warum häufen sich die Beispiele von Bürgermeistern, die ohne staatliche Ressourcen dastehen, weil sie politisch mit der Regierung nicht auf einer Wellenlänge liegen“, sagt Baños.

Er sieht die demokratischen Spielregeln durch Nayib Bukele gefährdet, fordert mehr Respekt für die Arbeit kritischer Medien wie „El Faro“, „Factum“ oder die konservative Tageszeitung „Diario de Hoy“, die immer wieder von Bukele verbal angegriffen und offensiv diskreditiert werden.

Medien unter Kontrolle 

Dem gegenüber stehen die Medien des Oficialismo, die mit Anzeigen der Regierung gefüttert werden und die staatlichen Medien, darunter das neue Regierungsblatt „Diario El Salvador". Folgerichtig  habe die Polarisierung laut Baños parallel zur Machtfülle des Präsidenten zugenommen. Die droht mit einer möglichen Zweidrittelmehrheit im Parlament weiter zu steigen. Bukele könne dann, gestützt auf die Abgeordneten von „Nuevas Ideas“ „Durchregieren“.

Davor warnt auch die „Plattform für die Demokratie“, der viele Nichtregierungsorganisationen angehören. Gerade, weil die absolute Mehrheit im Parlament dafür sorge, dass auch die Verfassungsrichter vom Präsidenten direkt vorgeschlagen und von den Abgeordneten seiner Partie gewählt werden könnten. Eigenes politisches Profil haben die wenigsten, wie „El Faro“ in einer der letzten Ausgaben des Online-Magazins nachwies.

Das ist auch für Saúl Baños unstrittig: „Es sind vor allem Ja-Sager, viele haben Jobs im Staatssektor. Für unsere fragile Demokratie sind das keine guten Nachrichten“, sorgt sich der Menschenrechtler. Ihn stört auch das enge Verhältnis zwischen Präsident und den Militärs, die in der Pandemie zahlreiche zivile Aufgaben übernommen haben. Für den Aufschwung Bukeles macht Baños allerdings auch die beiden etablierten Parteien, Arena und die FMLN verantwortlich. Bukele sei Produkt enttäuschter Erwartungen.

Autor: Knut Henkel 

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