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Brasilien |

Von der Feuergöttin zum nuklearen Zentrum

Berlin. Am Strand von Itaorna nahe der Stadt Angra dos Reis an der südlichen Küste des brasilianischen Bundesstaates Rio de Janeiro befindet sich ein Atomkraftwerk mit drei Reaktoren. Angra 1 wurde vor 25 Jahren in Betrieb genommen, Angra 2 folgte 14 Jahre danach. Die Inbetriebnahme von Angra 3 ist für 2013 vorgesehen. Das Werk deckt etwa 2 Prozent des Elektrizitätsbedarfs von Brasilien.

Bei seinem Besuch in Berlin berichtete der brasilianische Anti–AKW–Aktivist Sergio Dialetachi über das Kraftwerk und die mit ihm verbundenen Probleme. Und von denen gibt es einige.

Brasilien investiert beträchtliche Summen in den Ausbau der Nuklearenergie. Dabei hat das Land reiche Möglichkeiten zum Ausbau erneuerbarer Energien und verfügt außerdem, wie kürzlich entdeckt wurde, über große Reserven fossiler Brennstoffe. Aus ökonomischer Sicht lassen sich die Investitionen nicht rechtfertigen.

Dazu kommt der Sicherheitsaspekt, der das Engagement in die Atomenergie fragwürdig macht. Angra dos Reis, eine Stadt mit 150.000 EinwohnerInnen, liegt zwischen Rio de Janeiro und São Paulo, den beiden größten Metropolen Brasiliens. Insgesamt leben hier etwa 30 Millionen Menschen. Dennoch existiert kein Evakuierungsplan für die Stadt; es wurden keinerlei Notfallübungen mit den EinwohnerInnen durchgeführt. Es ist auch keine ausreichende Infrastruktur vorhanden, die einer solchen Menschenmenge in Notfallsituationen gerecht werden könnte: Es gibt weder genug Busse noch Bahnen, nicht einmal genügend Ausfallstraßen aus den Städten. Auch für die Entsorgung radioaktiver Abfälle wurde bisher keine Lösung gefunden. Dazu Dialetachi: „Wenn die gesamte Welt bisher keine Lösung gefunden hat, wird das Brasilien auch nicht gelingen.“ Tatsächlich stellt der Atommüll überall auf der Erde ein ungelöstes Problem dar. Brasilien ist bisher allerdings besonders verantwortungslos mit seinen radioaktiven Abfällen umgegangen. Das beweisen verschiedene Atommüllskandale, der Schmuggel mit angereichertem Uran und sogar die Verstrahlung von über 6.400 Personen Ende der 80er Jahre. Und im Moment sieht es nicht so aus, als unternähme Präsident Lula irgendeinen Versuch, die Sicherheitslage zu verbessern.

Mit Fragen der nuklearen Sicherheit befasst sich die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO). Dieses Organ der Vereinten Nationen ist unter anderem damit betraut, die Anlagen zur Urananreicherung in allen Staaten des Atomsperrvertrags zu überwachen. Auch Brasilien gehört zu den Ländern, die das Abkommen unterzeichnet haben. Die IAEO soll mit ihren Kontrollen sicherstellen, dass der Anreicherungsgrad des Schwermetalls das für den zivilen Nutzen benötigte Niveau nicht übersteigt, und kein waffenfähiges Uran erzeugt wird. Im Jahr 2004 weigerte sich Brasilien jedoch gegen eine vollständige Untersuchung seiner Anlagen durch die Atombehörde. Die brasilianische Marine, der der Betrieb der Atomkraftwerke unterstellt ist, zog es vor, die Beschaffenheit ihrer Uranzentrifugen geheim zu halten. International hat diese Weigerung große Skepsis hervorgerufen. War Brasilien etwa auf dem Weg, sich wie der Iran aus den großen internationalen Abkommen und insbesondere dem Atomsperrvertrag zurückzuziehen? Nach monatelangen Verhandlungen gaben sich die IAEO–Ingenieure schließlich damit zufrieden, die Zentrifugen durch eine Absperrung hindurch zu begutachten. Sie bewerteten die Anlagen als abkommenskonform, bezogen jedoch den Aspekt der Sicherheit der BewohnerInnen von Angra dos Reis nicht näher in die Beurteilung ein.

Weiterhin ungeklärt bleibt die Frage, welchen Grund Brasilien hat, sich so sehr für die Entwicklung seines Nuklearprogramms einzusetzen. Nach Ansicht Dialetachis lassen sich die Investitionen aus wirtschaftlicher Sicht nicht rechtfertigen.

Autorin: Carola Caggiano (npl, poonal)

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