Volkszählung erfasst erstmals Afroargentinier
Alle zehn Jahre findet in Argentinien eine Volkszählung statt. Gefragt wird nun auch nach der Abstammung von afrikanischen oder indigenen Vorfahren.
Nélida Wisneke sei Afroargentinierin und gebe mit 55 Jahren erstmals ihre ethnische Identität an, schreibt die spanische Zeitung “El País”. Die Vorfahren der Dozentin und Schriftstellerin seien Sklaven gewesen, die im 19. Jahrhundert aus Brasilien flohen. Erstmals werden bei einer Volkszählung alle Bewohner Argentiniens gefragt, ob sie von Afrikanern oder Indigenen abstammen. Die afroargentinische Gemeinschaft feiert dies als Erfolg. Wisnekte erklärt: “Der Staat beginnt, seine historische Schuld uns gegenüber zu begleichen. Für die afroargentinische Gemeinschaft ist dies äußerst wichtig, denn auf der Grundlage der Daten kann eine Politik erarbeitet werden, die aus dem Nicht-Sichtbarmachen führt und für den Zugang zu Grundrechten sorgt.” Es handele sich um einen historischen Moment für die Afroargentinier, dem ein langjähriger Kampf vorausgegangen sei. Ökonomische und soziodemographische Daten stellten die Grundlage dafür dar, Argentiniens Gesellschaft inklusiver zu machen. Das eurozentrische und koloniale Paradigma verändere sich, so der Musiker Emanuel Ntaka, der dem Programa Afro des argentinischen Kultusministeriums vorsteht.
Afrikanische Einflüsse in allen Bereichen
Bei der vorigen Volkszählung im Jahr 2010 enthielten einige Formulare probeweise die Frage nach der afroargentinischen Idendität, aber nicht alle. Nun ist es eine von 61 Fragen. 2010 ergab die Volkszählung, dass rund 150.000 Argentinier sich als afrikanischstämmig wahrnehmen. Die Gemeinschaft selbst schätzt die Zahl auf das Zehnfache, bei einer Bevölkerung von gut 45 Millionen Menschen. Zu beachten ist aber auch, dass manche Afroargentinier sich nicht als solche wahrnehmen. Mitunter auch deshalb, weil Vorurteile bestehen, schon bei Kindern.
Afroargentiniern werden bestimmte Berufe zugeschrieben wie Empanada-Verkäuferin oder Wäscherin. Der afrikanische Einfluss, so Emanuel Ntaka, sei nichtsdestotrotz in Argentinien überall zu spüren - das habe sich im Unabhängigkeitskrieg gezeigt und finde sich in der Gegenwart in Kultur und Musik, im Kulinarischen und in der Sprache.
Zur Volkszählung wurden Videos erstellt, in denen Afroargentinier mit Stolz von ihren Vorfahren sprechen und sich zu ihren Wurzeln bekennen. Wichtigstes Ziel der afroargentinischen Gemeinschaft ist es, den strukturellen Rassismus in Argentiniens Gesellschaft zu bekämpfen, die sich gerne auf ihre europäischen Wurzeln beruft.