Venezuela: Sozialisten und Guaidó bilden parallele Parlamente
Venezuelas Oppositionsführer Juan Guaidó hat die Fortführung der abgewählten Nationalversammlung erklärt. Die sozialistische Regierung setzte indes einen eigenen Parlamentspräsidenten ein. Damit existieren in Venezuela zwei parallele Parlamente.
Nach den Parlamentswahlen in Venezuela versucht Oppositionsführer Juan Guaidó die abgewählte Nationalversammlung fortzuführen. Er erklärte am Mittwoch, die Amtszeit des alten Parlaments unter seiner Führung zu verlängern, wie mehrere Medien übereinstimmend berichten. Zahlreiche Abgeordnete der Opposition, die durch die Wahlen am 6. Dezember ihre Posten verloren hatten, folgten seinem Vorstoß.
Innerhalb des oppositionellen Lagers ist die Strategie jedoch umstritten. Einige Abgeordnete wendeten sich gegen Guaidós Pläne – und akzeptierten ihr Ausscheiden aus der Nationalversammlung. Auch Venezuelas Oberstes Gericht erklärte die Fortführung des alten Parlaments für ungültig.
Die Opposition in Venezuela hatte Anfang Dezember bei den Parlamentswahlen ihre Mehrheit in der Nationalversammlung verloren. Die Partei Partido Socialista Unido de Venezuela (PSUV) des diktatorisch regierenden Präsidenten, Nicolás Maduro, gewann 256 der 277 Sitze. Guaidó will das Ergebnis jedoch nicht anerkennen und wirft der Regierung Betrug vor. Die Mehrheit der Opposition hatte deshalb bereits im Vorfeld die Wahlen boykottiert.
Unterstützt wird Guaidó unter anderem von Kolumbien und weiteren Ländern des amerikanischen Staatenbundes der Lima-Gruppe, wie Brasilien, Chile, Kanada und Guatemala. In einem gemeinsamen Schreiben erklären sie, die neue Nationalversammlung unter Führung der Sozialisten nicht zu akzeptieren. Kolumbiens konservativer Präsident Iván Duque schrieb auf Twitter: "Als Verteidiger der Demokratie erkennen wir die Legitimität der am 6. Dezember betrügerisch gewählten Nationalversammlung von Venezuela nicht an." Auch die USA halten das Ergebnis der Wahlen im Dezember für illegitim und unterstützen weiterhin Juan Guaidó als rechtmäßigen Übergangspräsidenten Venezuelas.
Juan Guaidó schrieb auf Twitter, sein fortgeführtes Parlament werde "von der Verfassung, dem Willen von Millionen Venezolanern und der freien Welt unterstützt." Er versprach noch in diesem Jahr, der sozialistischen Regierung ein Ende setzen zu wollen. Experten weisen jedoch darauf hin, dass Juan Guaidó stark an Rückhalt innerhalb Bevölkerung eingebüßt hat.
Erste Sitzung des neuen Parlaments unter Führung der Sozialisten
Indes hat gestern die neugewählte Nationalversammlung unter den Sozialisten ihre erste Sitzung abgehalten. Der ehemalige Kommunikationsminister Jorge Rodríguez wurde zum neuen Parlamentspräsidenten gewählt. 24 Staaten erkannten das neue Parlament bereits an, wie das argentinische Nachrichtenportal Infobea berichtet. Die meisten dieser Staaten pflegen traditionell Beziehung zu Präsident Maduro oder weisen eine ideologische Nähe zur sozialistischen PSUV auf. Innerhalb Lateinamerikas unterstützen Argentinien, Mexiko, Bolivien, Nicaragua und Kuba das neue Parlament.
Präsident Nicolás Maduro lobte die neuen Abgeordneten auf Twitter: "Gemeinsam werden wir bei den Themen Wirtschaft, Versöhnung und Verteidigung des nationalen Frieden einen großen Sprung nach vorne machen."
Venezuela befindet sich seit Jahren in einer tiefen Wirtschaftskrise. Nahrungsmittel, Medikamente und Treibstoffe wie Diesel und Benzin sind kaum mehr verfügbar. Mehr als fünf Millionen Menschen haben das Land bereits verlassen. Menschenrechtsorganisationen werfen der Regierung von Nicolás Maduro schwere Menschenrechtsverletzungen wie Folter und außergerichtliche Hinrichtungen vor.