Venezuela: Militär soll für Morde verantwortlich sein
Die Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch (HRW) klagt an, dass eine Spezialeinheit des venezolanischen Militärs für Erschießungen und willkürliche Verhaftungen in der venezolanisch-kolumbianischen Grenzregion verantwortlich sein soll. Seit Monaten kämpfen dort bewaffnete Gruppen um die Vorherrschaft im Kokainhandel.
Die Armee in Venezuela ist nach Einschätzung der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) für schwere Misshandlungen der örtlichen Bevölkerung bei den jüngsten Militäroperationen im Grenzgebiet zu Kolumbien verantwortlich. Im Rahmen einer im März im Bundesstaat im Apure begonnen Offensive, die nach offiziellen Angaben das Ziel gehabt habe, gegen bewaffnete Gruppen vorzugehen, sollen von der Armee mindestens vier Bauern hingerichtet worden sein. Zudem sei es zu willkürlichen Verhaftungen und der Verfolgung von Zivilisten vor Militärgerichten sowie Folter von Bewohnern gekommen, denen vorgeworfen werde, mit den bewaffneten Gruppen zusammenzuarbeiten.
Die Menschenrechtsverletzungen folgten dabei einem ähnlichen Muster, die zu internationalen Untersuchungen möglicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Land geführt hätten, berichtet die Nichtregierungsorganisation in einer am Sonntag, 26. April 2021, verbreiteten Stellungnahme.
Vertreibung und Misshandlung
Bereits seit dem vergangenen Jahr nehmen bewaffnete Auseinandersetzungen im venezolanisch-kolumbianischen Grenzgebiet zu, weil abtrünnige Einheiten der ehemaligen Farc-Guerilla, Rebellen der ELN-Guerilla und andere kriminelle Gruppen um die Vorherrschaft im Kokainhandel kämpfen, wie das Nachrichtenportal infobae schreibt. Das Eingreifen der militärischen Polizeieinheit FAES habe die Gewalt gegenüber Zivilisten weiter eskalieren lassen. Seit Beginn der militärischen Operation in Apure seien rund 6.000 Menschen geflohen, hauptsächlich nach Arauquita, einer Stadt in Kolumbien, in der die Notunterkünfte inzwischen überfüllt sind, wie die Nachrichtenagentur AP berichtet. Nicht alle Geflüchteten hätten Zugang zu humanitärer Hilfe.
Die ungeheuren Misshandlungen gegen Apure-Bewohner seien keine Einzelfälle, sondern stünden in einer Linie mit den systematischen Praktiken der venezolanischen Sicherheitskräfte, sagte Jose Miguel Vivanco, Amerika-Direktor bei HRW. "Internationale Untersuchungen sind für die zunehmenden Beweise gegen Mitglieder der Sicherheitskräfte, die Misshandlungen begangen haben, sowie gegen Kommandeure und hochrangige Beamte, die wussten oder hätten wissen müssen, was während dieser Operationen geschah, von entscheidender Bedeutung."
Politische und wirtschaftliche Krise
Venezuela leidet bereits seit Jahren unter einer schweren Versorgung- und Wirtschaftskrise. Wegen der unsicheren politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie staatlicher Repression haben inzwischen bis zu fünf Millionen Venezolaner ihre Heimat verlassen. Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet berichtete jüngst über schwere Menschenrechtsverletzungen der Regierung von Präsident Nicolas Maduro wie außergerichtliche Hinrichtungen, Folter und Unterdrückung der Opposition. Die Regierung weist dies als politische Kampagne zurück. Bisheriger Vermittlungsbemühungen verschiedener Institutionen, darunter auch der katholischen Kirche sind gescheitert.