Venezuela: Menschenrechtsverletzungen in illegalen Goldminen
Human Rights Watch zufolge gibt es Hinweise auf eine Verstrickung von Venezuelas Regierung. Zumindest aber dulde diese die Vorfälle.
In Venezuelas größtem Bundesstaat Bolívar, auf den gut ein Viertel der Landesfläche entfällt, würden zunehmend Menschen Opfer von Misshandlung und Verstümmelung, heißt es in einem Bericht von Human Rights Watch. Die Verbrechen begingen sowohl venezolanische als auch kolumbianische bewaffnete Banden, die um die Vorherrschaft im lukrativen Goldgeschäft konkurrieren. Offenbar dulde Venezuelas Regierung das gewaltsame Vorgehen. In einigen Fällen komme der Regierung die starke Kontrolle der Bevölkerung sogar gelegen.
Gold wird aus Venezuela geschmuggelt
Venezuela ist als wichtiges Ölförderland bekannt, besitzt aber auch große Vorkommen an Gold, Diamanten, Nickel, Koltan und Uran. Offiziell umwirbt die Regierung mögliche Partner für den legalen Bergbau und bekennt sich zum Kampf gegen den illegalen Bergbau. Der Goldabbau wird aber in den meisten Fällen illegal betrieben - und das Gold zur Schmugglerware. Verschiedene kriminelle Gruppen, darunter auch die kolumbianische ELN-Guerilla und Farc-Dissidenten sowie lokale bewaffnete Banden kontrollieren die Minen und üben Druck auf die dort lebende Bevölkerung aus. In den Minen herrschen menschenunwürdige Arbeitsbedingungen. Wer des Diebstahls oder anderer Vergehen beschuldigt wird, muss um sein Leben fürchten. Human Rights Watch zufolge kam es schon zum Abschneiden von Gliedmaßen vor den Augen der anderen Arbeiter – mit Kettensäge, Axt oder Machete.
José Miguel Vivanco, Amerika-Direktor von Human Rights Watch, erklärte, dass die venezolanische Wirtschaftskrise dazu beitrage, dass viele Menschen bereit seien, auch zu unwürdigen Bedingungen in den Goldminen anzuheuern. Er rief Goldhändler dazu auf, bei ihren Geschäften sicherzustellen, dass Gold aus Venezuela nicht mit dem Blut venezolanischer Opfer befleckt sei.
Darüber hinaus wirkt sich der illegale Goldabbau verheerend auf die Umwelt und auf die Gesundheit der Arbeiter aus. So besteht zum Beispiel ein hohes Malaria-Risiko, auch aufgrund der Unterbringung in Zelten. Quecksilber, dessen Einsatz in Venezuela zwar verboten ist, das aber trotzdem verwendet wird, um das Gold auszuwaschen, führt zu schwerwiegenden Gesundheitsschäden sowie verseuchten Böden und Gewässern.
Staatsvertreter kassieren Bestechungsgelder
Human Rights Watch hat im Oktober 2019 mit 21 Menschen Interviews geführt, die in Minen oder Minenstädten im Bundesstaat Bolívar arbeiteten. Es folgten 15 weitere Interviews, unter anderem mit indigenen Anführern und mit Journalisten. Ausgewertet wurden außerdem Satellitenaufnahmen, die die rasante Ausbreitung des Bergbaus in der Region belegen. Aus den Interviews geht hervor, dass bewaffnete kolumbianische Gruppen in Venezuelas Goldminen mitverdienen. Zudem wurde berichtet, dass Sicherheitskräfte des venezolanischen Staates Bestechungsgelder kassieren.
Die Interviewten schilderten unwürdige Arbeitsbedingungen, wie Zwölf-Stunden-Schichten, fehlende Schutzkleidung und die Beschäftigung von Kindern. Auch Zehnjährige würden mitunter in den Goldminen schuften. Human Rights Watch kritisiert, dass es bislang keine Ermittlungen gegen Regierungsvertreter oder Sicherheitskräfte gebe, die mutmaßlich in den illegalen Bergbau verstrickt seien.
“Poor Venezuelans driven to work in gold mining by the ongoing economic crisis and humanitarian emergency have become victims of macabre crimes by armed groups that control illegal mines in southern Venezuela.” ~ @JMVivancoHRWhttps://t.co/G1GOHCydWdpic.twitter.com/ihiejFOdTW
— Human Rights Watch (@hrw) February 4, 2020