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Venezuela: Maduros durchsichtiges Manöver

Venezuelas Präsident Nicolás Maduro begnadigt überraschend 110 Oppositionelle und Aktivisten. Doch im Vorfeld der angekündigten Wahlen zur Nationalversammlung nimmt ihm diese versöhnliche Geste niemand ab. Dahinter stehe das Kalkül, den Wahlen einen demokratischen Anstrich zu verleihen, urteilen Kritiker. 

Nicolás Maduro, Venezuela

Venezuelas Präsident Nicolás Maduro bei einer Pressekonferenz im Jahr 2016. Foto: Nicolás Maduro, Eneas De TroyaCC BY 4.0

Wenn man sich die Liste der 110 Oppositionspolitiker, Abgeordneten und Aktivisten anschaut, die diese Woche in den überraschenden Genuss einer Amnestie in Venezuela kamen, dann fällt vor allem auf, wer nicht auf der Liste steht. Weder wurde Ex-Präsidentschaftskandidat Henrique Capriles sein passives Wahlrecht wiedergegeben, noch wurde der bekannte Oppositionelle Leopoldo López begnadigt. Der rechte Politiker, der versucht hat, Staatschef Nicolás Maduro mit Gewalt zu stürzen, befindet sich nach wie vor in der spanischen Botschaft in Caracas im Exil. Und Capriles versucht derzeit, Oppositionsführer Juan Guaidó Konkurrenz im Anti-Maduro-Lager zu machen. Er propagiert einen konsensualen Kurs gegenüber der linksnationalistischen Regierung, während Guaidó weiterhin mit US-Unterstützung auf Totalopposition setzt. 

Begnadigungen aus politischem Kalkül

Mit López und Capriles sind zwei der gefährlichsten Herausforderer des autoritären Machthabers Maduro nach wie vor zumindest politisch kaltgestellt. Aber dennoch überrascht die umfassende Amnestie, die Maduro am Montag erlassen hat. Sie ist in den mehr als 20 Jahren der Chavisten an der Macht ohne Beispiel, gleichzeitig aber ein durchsichtiges Manöver. In drei Monaten hat die Regierung die Neuwahl der Nationalversammlung (AN) anberaumt, die in der Hand der Opposition ist. 
 
Und die Chavisten wollen zum einen unbedingt die Mehrheit im Parlament erobern, und zum anderen der Wahl am 6. Dezember einen demokratischen Anstrich geben. Damit hofft die weltweit weitgehend geächtete Führung in Caracas, international an Ansehen zurückgewinnen. So hatte zum Beispiel der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell Mitte August klar gemacht, dass die Europäische Union im Dezember keine Beobachtermission nach Caracas entsenden werde. „Es herrschen derzeit keine Konditionen für „freie, gleiche und transparente“ Wahlen, kritisierte Borrell und forderte insbesondere bessere Bedingungen für die Oppositionskandidaten. Dieser Forderung ist die Begnadigung in weiten Teilen zu Schulden. Dies unterstrich Kommunikationsminister Jorge Rodríguez explizit, als er am Montagabend das Amnestie-Dekret verlas: „Die Idee ist es, den nationalen Versöhnungsprozess zu vertiefen“. Zugleich forderte er die begnadigten Oppositionspolitiker und insbesondere Abgeordneten auf, an der Wahl teilzunehmen.

Boykott oder Teilnahme an Wahl?

Dafür hat sich nicht nur Henrique Capriles ausgesprochen, sondern auch die venezolanische Bischofskonferenz urteilt, dass eine Teilnahme an den Wahlen zumindest ein Mindestmaß an Mitbestimmung der politischen Zukunft erlaube. Juan Guaidó hingegen, der selbst ernannte Gegenpräsident, hält die Abstimmung Anfang Dezember für eine Farce und hat seine Anhänger dazu aufgerufen, die Parlamentswahl zu boykottieren. 
 
Der Analyst und Meinungsforscher Luis Vicente León sagt, Maduro versuche mit der Amnestie „die von der Regierung kontrollierte Abstimmung leichter bekömmlich zu machen“. Zudem wolle er sich damit in seinem eigenen Lager als unumstrittener Führer bestätigen. Am wichtigsten aber sei, dass der autokratische Herrscher „einen weiteren Keil in die ohnehin schon gespaltene Opposition“ treiben will.  

Zerstrittene Opposition spielt Maduro in die Hände

Nach Jahren des erfolglosen Kampfes gegen Maduro ist die breite venezolanische Opposition ermüdet und mindestens in drei Lager gespalten. Auf der einen Seite befürwortet Juan Guaidó eine Totalopposition, ein noch radikaleres Lager um die Politikerin María Corina Machado fordert eine Militärintervention. Um Henrique Capriles scharen sich diejenigen, die immer wieder auf Konsens setzen, um der Regierung nicht vollständig freie Hand zu lassen. Unter den drei Strömungen gibt es kaum gemeinsame Nenner. Dies zeigt sich auch jetzt wieder bei der Frage, wie mit der Parlamentswahl zu verfahren sei.
 
Dass vor allem Capriles in den vergangenen Monaten immer mehr Zuspruch erhielt, hat auch mit Guaidós Erfolglosigkeit zutun. Immer mehr Parteien und Politiker wenden sich von ihm ab, zumal sie ihm unsinnige Alleingänge vorwerfen, mit denen er eine Lösung des Machtdisputs mit Gewalt erreichen will, nachdem ihm das mit friedlichen Massenprotesten im vergangenen Jahr nicht gelang. Viele lasten ihm den Putschversuch Anfang Mai an, als Söldner an Venezuelas Küste landeten und Maduro stürzen wollten. Von dieser „Operation Gideon“ soll Guaidó zumindest gewusst haben, behaupteten US-Söldner, die an der Aktion beteiligt waren.
 
Im Ausland allerdings wird der 36-Jährige noch immer als „Übergangspräsident“ in mehr als 50 Staaten anerkannt, darunter auch Deutschland. 

Autor: Klaus Ehringfeld

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