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Venezolaner machen aus Not Jagd auf bedrohte Tierarten

 

Venezuela ist für seine besonders artenreiche Flora und Fauna bekannt. Doch diese ist jetzt durch die schwere politische und wirtschaftliche Krise des Landes gefährdet. Experten sprechen von einem drohenden Ökozid.

Ein Delfin (Foto: Mathias Appel, Flickr, CC0 1.0)

Gefährdeten Tierarten geht es in Venezuela nicht gut, denn sie werden im Land ohnehin nicht ausreichend geschützt, illegal gejagt oder ihr Lebensraum zerstört. Dazu kommt der ungebremste Ressourcenabbau und fehlende Mittel für die Forschung. Doch jetzt sieht sich die Umwelt in Venezuela neuen Problemen gegenüber. Die tiefe wirtschaftliche, soziale und politische Krise des Landes beeinträchtigt auf dramatische Weise die Ökosysteme eines der artenreichsten Länder Südamerikas, so die einhellige Meinung von Experten. Die Auswirkungen dieser Krise sind vielschichtig. "Universitäten und Institute haben ihre Forschungsprojekte entweder reduziert oder sogar ganz gestrichen. Viele Forschungskräfte sind ausgewandert", sagte die Biologin Yurasi Briceño vom venezolanischen Forschungsinstitut IVIC gegenüber der DW.

Der Biologe Antonio Machado-Allison führt aus, dass "seit den Anfängen des aktuellen Regimes ein kontinuierlicher Abbau aller Institutionen stattgefunden hat, die für den Schutz der natürlichen Ressourcen und ihrer Erforschung zuständig sind." Dies habe zur Zerstörung oder Fragmentierung natürlicher Lebensräume, dem Verlust zahlreicher Arten und der Beschädigung empfindlicher Ökosysteme geführt, wie zum Beispiel der sogenannten "Morichales", einer einzigartigen tropisch-feuchten Landschaft mit Moriche-Palmen in Venezuela.

Eine Bestandsaufnahme ist schwierig, denn derzeit sind viele der verfügbaren Daten über Fauna und Flora unzureichend oder veraltet. "Wir wissen schlicht nicht, in welchem Zustand sich bestimmte artenreiche Gebiete befinden", erläutert Fernando Trujillo, wissenschaftlicher Leiter der kolumbianischen Umwelt-NGO "Omacha".

Jagd und Verzehr von Delfinen und Seekühen

Yurasi Briceño untersucht einen der kleinsten Delfine der Welt, den Amazonasdelfin, im Maracaibo-See. Dort hat sie miterlebt, wie Armut und Hunger Menschen dazu brachte, Jagd auf die seltenen Tiere zu machen. Und das obwohl die Jagd dieser Delfine in Venezuela seit mehr als vierzig Jahren verboten ist. Doch die Menschen handeln aus schierer Not. "Seit 2017 reicht der Mindestlohn im Land einfach nicht mehr aus und es fehlt der Zugang zu Proteinen. Da die Menschen die Jagd auf Wildtierarten wieder aufgenommen", erklärt Briceño. Es gäbe sogar kriminelle Banden, die sich auf die Jagd nach Säugetieren spezialisiert hätten. "Aus so einem Delfin bekommen sie etwa sieben bis acht Kilo essbares Muskelfleisch heraus", so Briceño.

Auch die Jagd auf Rundschwanzseekühe (Karibik-Manati) hat zugenommen. "Früher gab es nur gelegentliche Berichte über Seekühe, die von Wilderen erlegt wurden, jetzt sind es etwa drei pro Monat. Bei den Delfinen sind es vier bis fünf pro Monat, manchmal sogar pro Woche. Das ist sehr ernst, denn der Bestand destabilisiert sich rapide", warnt die Biologin. Auch der kolumbianische Umweltexperte Fernando Trujillo ist besorgt: "Es gibt nur noch wenige dieser Seekühe. Lange Zeit wurden sie gejagt, gerieten versehentlich in Fischernetze und wurden verspeist."

Tiere aus dem Zoo geklaut und verspeist

Die Biologin Briceño weist zudem darauf hin, dass das Personal in den Naturschutzgebieten ausgedünnt ist und nicht mehr über die Mittel verfügt, die Tiere zu schützen. Dabei sind nicht nur Wassersäugetiere bedroht. "Es geht auch um Vögel, Haie oder Schildkröten. Bei absolut allen Arten haben wir höhere Fangzahlen als zuvor." Laut Medienberichten werden in Venezuela sogar schon Tiere aus den Zoos gestohlen, um sie zu essen oder zu verkaufen.

Der ungehinderte Bergbau ist ein weiteres Problem, dass die Umwelt im Land schwer belastet, speziell im sogenannten Minenbogen am Orinoco-Fluss mit seinen reichen Diamanten-, Coltan- und Goldvorkommen. "In der Nähe von Ciudad Bolívar, wo Bauxit abgebaut wird, sieht man überall nur noch Staub, wenn man über de Orinoco segelt. Es handelt sich um eine völlig überfischte Zone, in der es keine Kontrolle über die Einleitung von Bergbauabfällen in den Fluss gibt", warnt Fernando Trujillo.

Der renommierte Biologe Antonio Machado-Allison ist überzeugt: "Die in den letzten Jahren herbeigeführte Katastrophe ist von gigantischem Ausmaß und Resultat einer Politik, die zu einem Ökozid in bisher unberührten und schutzbedürftigen Naturgebieten führt".

Quelle: Deutsche Welle, Autorin: Victoria Dannemann

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