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Uruguay steht nach 15 Jahren vor einem Rechtsruck

Die erfolgreiche Mitte-links-Regierung „Frente Amplio“ steht vor der Ablösung. Machtverschleiß, ein blasser Kandidat und zunehmende Gewalt bringen die Linke in Uruguay vor der Stichwahl am Sonntag in Bedrängnis. 

Die Partei des aktuellen Präsidenten Vázquez könnte bei der Stichwahl in Uruguay verlieren. Foto:Tabaré Vázquez, Presidencia de la República MexicanCC BY 2.0

Im derzeit so aufgewühlten Lateinamerika ist in den vergangenen Wochen fast untergegangen, dass auch ganz am Südzipfel Südamerikas ein womöglich Umbruch bevorsteht. Uruguay, ein Hort von Demokratie und Stabilität, entscheidet am Sonntag in einer Stichwahl über seinen neuen Präsidenten. Vermutlich wird das seit 2004 regierende Mitte-Linksbündnis „Frente Amplio“ (FA) trotz einer weitgehend erfolgreichen Politik von der Macht verdrängt. Verschleiß, ein kaum begeisternder Kandidat, steigende Kriminalität und das Aufkommen einer ultrarechten Partei sprechen gegen eine weitere Amtszeit der FA. In der Abstimmung stehen sich der Regierungskandidat Daniel Martínez (62) und Luis Lacalle Pou (46) von der konservativen Partido Nacional (PN) gegenüber. 

Schwaches Ergebnis für Matínez 

Zwar konnte Martínez die erste Runde der Wahl am 27. Oktober für sich entscheiden, die FA kam auf 39,2 Prozent der Stimmen. Dennoch machte der Spitzenkandidat hinterher ein langes Gesicht. Denn das eigentliche Ziel waren 42 bis 44 Prozent. Trotzig trat Martínez, ehemals Bürgermeister der Hauptstadt Montevideo, am Wahlabend vor die Presse: „Die wichtigste Kraft im Land heißt Frente Amplio,“ versicherter er.

Aber nach Lage der Dinge wird das nicht reichen. Sein konservativer Herausforderer Lacalle Pou kam vor einem Monat zwar nur auf 28,6 Prozent der Stimmen, aber für die Stichwahl sehen ihn die Umfragen relativ deutlich vorne. Zwischen 47 und 51 Prozent sagen die Meinungsforscher dem Kandidaten vorher, der aus einer uruguayischen Politikerdynastie stammt. Für Martínez wollen demnach zwischen 42 und 44 Prozent der Uruguayer votieren. 

Rechtes Bündnis gegen "Frente Amplio" 

Lacalle Pou, Sohn eines Ex-Präsidenten, kann für den Sonntag auf ein breites Bündnis aller rechten und liberalen Parteien bauen. Sie alle eint das Ziel, die „Frente Amplio“ von der Macht zu verdrängen. Gleich nach der ersten Runde sicherten die wichtigsten Oppositionsparteien dem 46-Jährigen Herausforderer ihre Unterstützung zu. Dazu gehören nicht nur die traditionelle ebenfalls konservative Colorado-Partei, sondern auch die neue Kraft auf Rechtsaußen: die reaktionäre Bewegung „Cabildo Abierto“ (CA) des Ex-Oberkommandierenden der Streitkräfte Guido Manini Ríos. Der Bewunderer von Brasiliens rechtsradikalem Präsidenten Jair Bolsonaro erzielte bei der ersten Runde aus dem Stand 11,4 Prozent der Stimmen. Auch im künftigen Parlament ist die Bewegung mit sieben Abgeordneten und drei Senatoren vertreten. 

Mit "harter Hand" gegen die steigende Kriminalität

Vor allem dem ultrarechten CA ist es gelungen, den Wahlkampf mit dem in Lateinamerika so beliebten Thema der Politik der „Harten Hand“ gegen wachsende Kriminalität zu dominieren. Uruguay verzeichnet – vermutlich durch das Vordringen der Drogenkartelle – eine für das Land dramatische Zunahme an Raub und Mord in den vergangenen Jahren. Zwischen 2017 und 2018 stiegen die Morde nach offiziellen Angaben um 46 Prozent. Mittlerweile hat das ehedem so beschauliche kleine Land mit 11,8 Morden pro 100.000 Einwohner eine klassische lateinamerikanische Quote. In Ländern wie Deutschland, Österreich und Luxemburg liegt die Rate bei rund einem Mord pro 100.000 Einwohner. Uruguays Nachbar Brasilien verzeichnet 30,5 Opfer von Gewalttaten. 

Die Regierung des scheidenden Präsidenten Tabaré Vázquez und die „Frente Amplio“ haben keine vernünftige Kampagne dagegensetzen können. Kandidat Martínez versuchte stattdessen, die wirtschaftliche Stabilität Uruguays zu betonen und versprach „das Gute nicht zu verlieren, es aber besser“ zu machen. 

Stabilität und Fortschritt

Tatsächlich sticht das Land mit seinen knapp drei Millionen Einwohnern in Lateinamerika heraus. Die Institutionen sind stabil, die Korruption für Lateinamerika verschwindend gering. Bilddungs- und Gesundheitssystem fast vorbildlich. Mit 17.280 Dollar ist das Pro-Kopf-Einkommen nirgends in Lateinamerika höher. 

Unter den drei Frente-Regierungen von Vázquez (2005 bis 2010; 2015 bis 2020) und Pepe Mujica (2010 bis 2015) wurden Abtreibung und die gleichgeschlechtliche Ehe legalisiert, LGBTI-Rechte gestärkt und der Cannabis-Konsum freigegeben und reguliert. Die Armut ist niedrig. Aber all das scheint den Uruguayern jetzt nicht mehr auszureichen. 

Autor: Klaus Ehringfeld  

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