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Türkei und Venezuela - eine neue Allianz?

Mitten in der Krise in Caracas zeichnet sich eine Annäherung zwischen der Türkei und Venezuela ab. Auch wirtschaftliche Aspekte wie der Goldhandel spielen eine wichtige Rolle. Was steckt dahinter?

Erdoğan (l.) besucht Maduro in Venezuela (Foto: Reuters/M. Quintero)

Nachdem sich vergangene Woche Juan Guaidó in Caracas zum Interimspräsidenten erklärte, war Recep Tayyip Erdoğan eines der wenigen Staatsoberhäupter, das dem amtierenden Präsidenten Venezuelas, Nicolás Maduro, telefonisch seine Unterstützung zusagte. In gewisser Weise revanchierte sich auf diese Weise Erdoğan dafür, dass Maduro nach dem vereitelten Putschversuch am 15. Juli 2016 Erdogan seine Solidarität mitgeteilt hatte.

"Mein Bruder, bleib standhaft", soll Erdogan bei seinem Telefonat zu Maduro gesagt haben. Doch die Unterstützung, die Maduro aus der Türkei erhielt, beschränkt sich nicht nur auf den Staatschef. Viele User auf der ganzen Welt bekundeten über sozialen Medien ihre Unterstützung - etwa über den Hashtag #WeAreMaduro. Die meisten Einträge dort kamen jedoch aus der Türkei. Beim Thema Maduro sind die meisten Linksorientierten und Erdoğan-Anhänger in der Türkei ausnahmsweise einer Meinung. So erstaunt es nicht, dass Maduro sein erstes Interview bezüglich der "Guaidó-Krise" einem türkischen TV-Sender gab.

Politische und wirtschaftliche Interessen

Der AKP-ler Serkan Bayram ist Vorsitzender der türkisch-venezolanischen Parlamentariergruppe. Für ihn stehen sowohl politische als auch wirtschaftliche Gründe hinter der Intensivierung der Beziehungen zwischen beiden Staaten. "Die Türkei reagiert darauf, dass ein von 68 Prozent der Bevölkerung gewählter Staatspräsident mit undemokratischen Mitteln abgesetzt werden soll", erläutert Bayram. Guaidó, der sich selbst zum Interimspräsidenten erklärt hatte, ist für ihn jemand, der durch "globale Kräfte eingesetzt wurde".

Schnell wachsender Goldhandel

Die Türkei, erklärt Bayram, arbeite daran, ihren Handel nicht nur mit Venezuela, sondern allgemein zu erweitern. Nach Angaben des Türkischen Statistikinstituts (TÜIK) wurden 2018 Edelmetalle im Wert von 900 Millionen Dollar importiert. Dazu erklärte die venezolanische Regierung, sie wolle das geschürfte Edelmetall nicht mehr wie bislang in der Schweiz, sondern in der Türkei raffinieren lassen, um eventuelle internationale Auflagen zu umgehen.

Für eine Annäherung beider Staaten spricht auch die Häufigkeit gegenseitiger Besuche. Seit der ersten Visite Maduros in der Türkei im Oktober 2016 haben sich die beiden Staatschefs bis Dezember 2018 mehrfach gegenseitig besucht. Als Erdogan zuletzt auf seinem Rückflug vom G-20-Gipfel in Argentinien einen Zwischenstopp in Caracas machte, äußerte er öffentlich Kritik an den USA und den Venezuela auferlegten internationalen Sanktionen. 

"Erdoğan will sein Image aufpolieren"

Für den Journalisten Metin Yeğen stecken keine wirtschaftlichen Gründe hinter dem Interesse Erdoğans an Maduro. Für ihn verfolgt der türkische Staatspräsident zwei Ziele. Zum einen "hatte Erdoğan vor einiger Zeit versucht, den Widersacher der USA im Osten zu spielen. Dieses Image möchte er nun weiter stärken. Zudem will er seinen eigenen Anhängern zeigen, dass er auf der Seite der Unterdrückten steht."

Ersa Akgemici ist Expertin für Lateinamerika an der Selcuk-Universität. Sie denkt, dass die Unterstützung Maduros durch Erdogan vor allem rhetorischer Art ist. Erdogan wolle sein Bild als "Opfer eines Putsches" verstärken, so Akgemici. "Ich denke, dass Erdogan Maduro vor allem unterstützt, weil er denkt, dass das seine eigene Position stärkt. Sollte sich also morgen das Gleichgewicht verschieben, könnte sich das auch auf die Unterstützung Venezuelas durch die Türkei auswirken", so Akgemici.

Trotz der ideologischen Unterschiede zwischen den beiden, sieht die Lateinamerika-Expertin auch Ähnlichkeiten zwischen Erdogan und Maduro: "Beide Staatsoberhäupter werden als autoritär betrachtet. Sie sind Einzelkämpfer. Dazu kommen ähnliche wirtschaftliche Probleme in beiden Ländern und ihre USA-kritische Haltung."

Maduros Motive

Aslı Pelit, Journalistin und ebenfalls Expertin für Lateinamerika, erklärt, das Hauptmotiv Maduros für seine Nähe zur Türkei sei die durch die Finanzkrise ausgelöste desolate humanitäre Lage des Landes. Die Lebensmittelhilfen der Türkei seien wichtig für Venezuela, so Pelit. Maduro versuche, mit der Türkei ein solches Verhältnis aufzubauen, wie seinerzeit Chavez mit dem iranischen Präsidenten Mahmut Ahmadinejad.

Trotz aller Gemeinsamkeiten zwischen den beiden ist sich der Journalist Metin Yeğen jedoch sicher: Würde Maduro in Erdogans Türkei leben, wäre er nicht glücklich. "Maduro ist Kommunist. Hierzulande wäre er vermutlich im Gefängnis."

Autor: Cengiz Özbek, Deutsche Welle

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