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Argentinien |

Tod des Unsterblichen – Argentinen nimmt Abschied von Diego Maradona

Diego Armando Maradona war in Argentinien mehr als nur ein Fußballer. Seine Landsleute vergötterten ihn für sein Genie und verdammten ihn für seine Eskapaden. Die große Liebe zu ihm war stets komplex – sein Tod macht das Land nun fassungslos.

Graffiti von Diego Maradona in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires. Foto: Wagner Fontoura,MaradonaCC BY 2.0

 Als die Nachricht vom Tod Maradonas um kurz nach 13 Uhr am Mittwoch auf allen Kanälen und allen Medien in Argentinien verbreitet wurde, saß Lucho Olivero gerade im Restaurant beim Mittagessen. „Es war plötzlich ein gespenstisches Ambiente, erst erstarrten alle Gespräche, es wurde für einen Moment totenstill“, sagt der Reporter aus der Nähe von Córdoba. „Es gab Menschen, die anfingen zu heulen, aber die meisten dachten, dass das eine Lüge sei. Eine Falschnachricht.“ Niemand habe glauben können, dass der argentinische Fußball-Weltstar wirklich gestorben sei, unterstreicht Olivero. „In unserem kollektiven Bewusstsein ist Diego unsterblich“. Auch der Reporter ist im Gespräch sichtlich gezeichnet. Er lernte Maradona 2018 kennen und konnte ihn drei Stunden lang interviewen. „Unser Land ist in Schockstarre gefallen“.

Die Beziehung zwischen Maradona und seinem Land und ihrer Bevölkerung war komplex, nicht frei von Spannungen und Stress. Es war eine Beziehung von Liebe und Dankbarkeit, von Zuneigung und Hingabe auf der einen Seite und von Ablehnung, Enttäuschung und Zurückweisung auf der anderen Seite, die den Spieler mit dem fußballverrücktesten Volk der Welt verbunden haben.

Diego Maradona: Volksheld und Antiheld

Die Argentinier werden ihn immer lieben für das, was er dem Land fußballerisch gegeben hat, vor allem den Weltmeister-Titel 1986 in Mexiko gegen Deutschland. Es war ein politisch schwerer Moment. Unvergessen bleibt der Sieg gegen den Erzfeind England im Viertelfinale mit der Hand Gottes, gerade nach der Niederlage im Krieg um die Falkland-Inseln vier Jahre zuvor.

„Er hat es geschafft, dass wir nach den schweren Jahren der Diktatur und der politischen Niederlage gegen England über den Fußball wieder Stolz und ein nationales Selbstbewusstsein entwickelt haben“, betont Olivero. „Dank Diego sind wir zehn, zwölf Jahre mit stolzgeschwellter Brust durch die Welt gelaufen, weil er Argentinien und der Welt so viel Freude gegeben hat“.

Und dabei war Maradona Meister der Schlitzohrigkeit, beherrschte Kunst- wie Schurkenstücke, streute in seine Genialität ab und an ein Schummeln ein wie vor allem bei dem Tor gegen England mit der Hand. „Das ist zutiefst argentinisch“, sagt der Fußball-Autor Gustavo Grabia. „Deswegen lieben wir ihn so“.

Aber zunehmend haben sein Land und die Menschen damit gefremdelt, was Maradona neben dem Platz machte. Sein Drogen- und Alkoholkonsum, die Nähe zur neapolitanischen Mafia in seiner Zeit beim SSC Neapel, das Doping, die öffentlich geführten Konflikte mit Ex-Frau und Töchtern und die vielen Kinder hier und da aus anderen Beziehungen, die exaltierten Auftritte bei der WM 2018 in Russland im nicht nüchternen Zustand mochten die Argentinier nicht. Seine enge Beziehung zu autokratischen Präsidenten wie dem Kubaner Fidel Castro, der ebenfalls am 25. November vor vier Jahren starb, dem Venezolaner Nicolás Maduro und Russlands Wladimir Putin haben die Argentinier nie wirklich verstanden.

"Ich danke dem Ball"

Aber auch der aktuelle Präsident Alberto Fernández war ein großer Fan Maradonas: „Ich kann es nicht glauben, ich bin am Boden zerstört. Danke, dass du existiert hast“, twitterte Fernández und ordnete eine dreitägige Staatstrauer an. Maradonas Leichnam wird nicht im Stadion von „Argentinos Juniors“, seinem Heimatverein aufgebahrt, sondern im Präsidentenpalast Casa Rosada. 48 Stunden lang dürfen Fans und Volk sich von dem tragischen Goldjungen verabschieden.

Die Argentinier hatten Maradona Spitznamen gegeben, in der die fußballerische Bewunderung mitschwang. Aus Diego wurde „El Diez“ (Die 10) oder „El Dios“ (Gott). Er war der „Pibe de Oro“, der Goldjunge, die „Hand Gottes“, und er bekam sogar seine eigene Kirche, die „Maradonianische Kirche“. 

Maradona wurde geliebt mit ganzem Herzen und verdammt von ganzer Seele. Denn er war wie seine Landsleute selbst. Er liebte die Extreme. Nur ganz oben oder ganz unten. Und dass Maradona ausgerechnet in dem annus horribilis der Coronapandemie sterben muss, passt

Bereits vor Jahren beschäftigte sich Maradona mit der Endlichkeit seiner irdischen Existenz, knapp genug schrammte er schon früher am Tod vorbei. In einem Interview verriet er deshalb, was einmal auf seinem Grabstein stehen solle: „Gracias a la pelota“. Ich danke dem Ball. 

Autor: Klaus Ehringfeld

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