Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.
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Stuttgart: Friedensaktivisten berichten über ihre Arbeit in Kolumbien

Ulrich Kollwitz und Ursula Holzapfel im Gespräch mit einer Goldschürferin am Rio Quito (v.r.).
Ulrich Kollwitz und Ursula Holzapfel im Gespräch mit einer Goldschürferin am Rio Quito (v.r.).

„Der Regenwald im Chocó ist interessanter und artenreicher als der des Amazonasgebiets“, schwärmt Ulrich Kollwitz und ernüchtert im gleichen Atemzug die Zuhörer. „Aber dieser Regenwald ist in Gefahr, zerstört zu werden.“ Auf Einladung des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat und der Hauptabteilung Weltkirche der Diözese Rottenburg-Stuttgart ist Pfarrer Kollwitz zusammen mit Gemeindereferentin Ursula Holzapfel am 29. April nach Stuttgart gekommen. Die beiden berichten über die Pastoral- und Menschenrechtsarbeit im Bistum Quibdó in Kolumbien. Und da spielt auch der Regenwald eine große Rolle.

Gier nach Gold

 

Die Schätze des Regenwaldes weckten und wecken immer wieder Begehrlichkeiten großer und kleiner Firmen, die hier, oft illegal, das große Geld machen wollen. In den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts war es Holz, dann wurde viel Land für die Anlage großer Palmölplantagen gebraucht, und jetzt ist es die Gier nach Gold, die den Regenwald, der die Lebensbasis der Menschen ist, bedroht. Das Edelmetall kommt in kleinen Partikeln mit den Flüssen aus den Anden. Über Jahrtausende hat es sich auf ihrem Grund und an ihren Ufern abgesetzt. Jetzt fressen sich riesige Bagger an den Ufern entlang und weit ins Hinterland hinein. Was übrig bleibt, ist eine tote Landschaft, von Sedimenten begraben, von Quecksilber verseucht.

 

Es sind kleine und mittelständische Firmen, die sich Konzessionen von der Regierung erkauft haben und jetzt Gold schürfen. „Die großen Unternehmen haben sich ihre Konzessionen auch schon gesichert, die kommen dann in ein paar Jahren“, ist sich Ulrich Kollwitz sicher. Und Ursula Holzapfel ergänzt: „Alle bewaffneten Gruppen sind in dem Goldgeschäft mit drin, alle verlangen Schutzgelder.“ Die Goldgräberfirmen spalten die Gemeinden und säen Misstrauen unter der Bevölkerung. Die Landbesitzer dürfen einmal pro Woche für einige Stunden Gold waschen, die anderen gehen leer aus. Die Goldwäschercamps zerstören soziale Strukturen Alkoholmissbrauch und Kinderprostitution sind an der Tagesordnung. Aufhalten könne man die Zerstörung des Regenwaldes nur, „wenn sich die Gemeinden im Chocó mit Gruppierungen hier bei uns in Deutschland verbünden“, sind sich Holzapfel und Kollwitz sicher.

Zwischen den Fronten

Möglich gemacht hat die Ausbeutung und Zerstörung der seit einem halben Jahrhundert andauernde Bürgerkrieg, der vor zwanzig Jahren auch in den Chocó kam. Paramilitärische Gruppen, Guerillas, staatliche Sicherheitskräfte die Menschen im Chocó gerieten zwischen alle Fronten, flohen in die Stadt. Viele von ihnen in die Provinzhauptstadt Quibdó.

Die aus dem Saarland stammende Gemeindereferentin Ursula Holzapfel und Pfarrer Ulrich Kollwitz arbeiten gemeinsam in der Menschenrechtskommission „Vida, Justicia y Paz Leben, Gerechtigkeit und Frieden“. Es ist die größte diözesane Menschenrechtskommission Kolumbiens. Sie klagt öffentlich Menschenrechtsverletzungen an und begleitet die Opfer. Ursula Holzapfel berichtet, die kolumbianische Kirche sei auch gebeten worden, bei den laufenden Friedensverhandlungen zwischen der FARC, das ist die größte Guerilla-Organisation in Kolumbien, und der Regierung mitzuwirken. Diese Verhandlungen laufen seit November 2012 in der kubanischen Hauptstadt Havanna.

Zum Frieden anstiften

Eines der größten Probleme, um die es bei den Verhandlungen geht, ist die Opferentschädigung. „Es sind komplizierte Friedensverhandlungen auf Dorfebene notwendig als Voraussetzung für eine dauerhafte Regelung“, weiß Holzapfel aus Erfahrung. „Frieden ist ein Prozess, der in der Bevölkerung weitergehen muss. Nur so kann eine tragfähige Basis geschaffen werden. Verzeihung ist nicht nur mit Worten zu leisten. Es darf nicht sein, dass Opfer und Täter auf eine Stufe gestellt werden. Das ist in Kolumbien ein sehr heißes Thema.“ Und Pfarrer Kollwitz ergänzt: „Grundbedingung für Frieden und Aussöhnung ist auch, dass die jungen Menschen die Möglichkeit bekommen, ihr Brot zu verdienen. Solange das nicht gewährleistet ist, wird das Land nicht zur Ruhe kommen.“ Er ist sich sicher, dass die nationale Versöhnungskommission unter Erzbischof Luis Augusto Castro Quiroga gute Erfolgschancen hat. Der Vorsitzende der Kolumbianischen Bischofskonferenz wird auch im Rahmen der diesjährigen Adveniat-Aktion im Advent nach Deutschland kommen, um über den langen Weg zum Frieden zu berichten. Die Stuttgarter Veranstaltung am 29. April stimmte bereits jetzt auf die kommende Advents- und Weihnachtsaktion ein, bei der die Friedensarbeit der katholischen Kirche am Beispiel Kolumbiens und Guatemalas im Mittelpunkt steht.

 

Unter dem Motto „Zum Frieden anstiften!“ berichten Ursula Holzapfel und Ulrich Kollwitz am 27. Mai im Mutterhaus der Aachener Franziskanerinnen und am 28. Mai im Katholischen Stadthaus in Essen über die Situation in Kolumbien. Wer die Friedensarbeit der Kirche in Lateinamerika unterstützen möchte, kann das tun über eine Spende auf das Adveniat-Konto 17345 bei der Bank im Bistum Essen (BLZ 360 602 95).

 

Text: Beate Wörner, Foto: Jürgen Escher

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