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Mexiko, USA |

Streit um Zucker beigelegt

Arbeiter bei der Zuckerrohrernte. Symbolbild aus Haiti: Adveniat/Pohl
Arbeiter bei der Zuckerrohrernte. Symbolbild aus Haiti: Adveniat/Pohl

Der Zuckerdisput hatte sich an den Klagen US-amerikanischer Zuckerfabrikanten entzündet. Diese beklagten, Mexiko würde aus unlauteren Handelspraktiken Vorteile ziehen. Es werfe raffinierten Zucker in großen Mengen auf den US-Markt, begrenze dagegen aber den an US-Raffinerien gelieferten Rohzucker.

Die nun erreichte Übereinkunft sieht von Strafzöllen ab und Mexiko behält Zugang zum US-Markt. Allerdings musste Mexiko dafür bedeutende Zugeständnisse machen. So stimmte Mexiko den Forderungen der USA zu, seine Exportquote für raffinierten Zucker zu kürzen. Die US-amerikanische Zuckerindustrie aber hatte auf strengere Beschränkungen für mexikanischen Zucker gedrängt und lehnt den Deal ab.

Dabei habe die mexikanische Seite in fast allen Punkten nachgegeben, sagte US-Handelsminister Wilbur L. Ross auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Washington mit Mexikos Wirtschaftsminister Ildefonso Guajardo. "Wir haben die mexikanische Seite dazu gebracht, fast jedem Antrag der US-Zuckerindustrie zuzustimmen, um Mängel im gegenwärtigen System zu beseitigen und für eine faire Behandlung von US-amerikanischen Zuckerbauern und Raffinerien zu sorgen." Im Gegenzug steht die mexikanische Regierung unter Druck ihrer Produzenten, die Markenschutz gegenüber US-amerikanischer Fruktose fordern, die keinerlei Einschränkungen für den mexikanischen Markt unterliegt.

Auftakt zu Nafta-Neuverhandlungen

Handelsexperten werten die schwierigen Zuckerverhandlungen als Prolog zu den anstehenden Nafta-Neuverhandlungen. US-Präsident Donald Trump hatte im Wahlkampf versprochen, das gemeinsame Freihandelsabkommen mit Kanada und Mexiko zu kündigen und es den "schlechtesten Handelspakt, der jemals unterzeichnet wurde" genannt. Vor allem der mexikanischen Autoindustrie drohte er mit Einfuhrzöllen von bis zu 35 Prozent.

Eine Kündigung von Nafta scheint vorerst vom Tisch. Die Gespräche könnten im August beginnen. Was genau Trump bei Neuverhandlungen erreichen will, außer der Verringerung des Handelsbilanzdefizits mit Mexiko in Höhe von rund 58 Milliarden US-Dollar, ist allerdings weiterhin unklar. In Trumps Erzählung haben die US-Arbeitnehmer durch Nafta massiv verloren; Mexikos Wirtschaft dagegen profitiert. Man kann darüber streiten, ob der freie Welthandel seine Heilsversprechen eingelöst hat; dass die USA aber der große Verlierer der Globalisierung seien, diese Vorstellung ist abwegig.

Nafta befördert Billiglöhne in Mexiko

Und Mexiko der große Gewinner durch Nafta? Für den Großteil der mexikanischen Bevölkerung wäre das neu. Zwar hat Nafta viele Investitionen ins Land gebracht, ist im Großen und Ganzen aber alles andere als eine Erfolgsgeschichte. Mehr als die Hälfte der mexikanischen Bevölkerung lebt weiterhin unterhalb der Armutsgrenze, die Löhne stagnieren und die gewaltigen Unterschiede zwischen Arm und Reich im Land sind seit der Nafta-Einführung 1994 eher noch größer geworden. Vor allem der Billiglohnsektor ist gewachsen, es besteht weiterhin ein riesiger informeller Sektor, und in der mexikanischen Landwirtschaft sind aufgrund der hochsubventionierten US-Landwirtschaft mehr als zwei Millionen Jobs verloren gegangen. Neu Verhandeln muss da gar nicht die schlechteste Option sein.

Die anstehenden Nafta-Gespräche hätten der US-Seite bei den politisch sensiblen und aufgeladenen Zuckerverhandlungen bedeutende Verhandlungshebel in die Hand gegeben, so Eswar Prasad, Handelsexperte an der Cornell University, gegenüber der New York Times. Seiner Ansicht nach dürfte Mexiko darauf bedacht gewesen sein, Spannungen zu vermeiden, um die Nafta-Verhandlungen nicht von vornherein zu vergiften. Eine Einschätzung, die Juan Cortina Gallardo, Präsident von Mexikos Zuckerkammer, bestätigte: Die kommenden Nafta-Gespräche hätten im Kalkül der mexikanischen Zuckerindustrie eine Rolle gespielt. "Wir haben auf jeden Fall auf viel verzichtet", so Cortina. "Abgesehen davon, dass der Abschluss sinnvoll ist für die mexikanische Zuckerindustrie, war es für Mexiko mit Blick auf Nafta ebenfalls sinnvoll, eine erfolgreiche Einigung zu erzielen."

Preis- und Mengenobergrenzen für Zucker aus Mexiko

Die US-amerikanische Zuckerindustrie war seit langem durch Preisgarantien und feste Importquoten geschützt. Als Nafta 1994 in Kraft trat, waren mexikanische Zuckerimporte in die USA zunächst für 14 Jahre beschränkt. Ab 2008 aber erhielt Mexiko dann aufgrund des Freihandelsabkommens uneingeschränkten Zugang zum US-Markt. Nach einer Rekordernte im Jahr 2013, die die mexikanischen Exporte verdoppelte, legten die US-amerikanischen Produzenten eine Beschwerde über unlautere Handelspraktiken ein. Als Reaktion darauf verhängte das US-Handelsministerium Strafzölle von bis zu 80 Prozent. Um diese zu vermeiden, akzeptierte Mexiko Ende 2014 Preis- und Mengenobergrenzen für seine Exporte in die USA. Aber der US-Zuckerindustrie gingen die Maßnahmen nicht weit genug.

Mit der in dieser Woche erzielten Übereinkunft gibt Mexiko in fast allen strittigen Punkten nach. Die Vereinbarung von 2014 bleibt bestehen, allerdings wird die mexikanische Importquote in den USA für raffinierten Zucker von bisher 53 Prozent auf 30 Prozent gesenkt; der Anteil von Rohzucker an den Exporten steigt also. Dafür hat Mexiko künftig die Möglichkeit, 100 Prozent der überschüssigen Nachfrage durch die USA auszugleichen. Für die anstehenden Nafta-Verhandlungen dürfte Mexiko allerdings kaum noch einmal so einfach Zugeständnisse machen. Außenminister Luis Videgaray hat mehrfach betont, dass sein Land eher Nafta verlassen werde, als einen schlechteren Deal als den bestehenden zu akzeptieren. Die US-Regierung sollte also keineswegs darauf vertrauen, dass die Zuckerverhandlungen eine Blaupause für die Nafta-Gespräche sind.

Autor: Andreas Knobloch

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