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Brasilien |

Sojaanbau vertreibt Kleinbauern

Die Sojabohne hat für Lateinamerika eine hohe, wirtschaftliche Bedeutung und wird großflächig wie hier in Santa Cruz, Bolivien, angebaut. Foto: CIAT, CC BY-SA 2.0
Die Sojabohne hat für Lateinamerika eine hohe, wirtschaftliche Bedeutung und wird großflächig wie hier in Santa Cruz, Bolivien, angebaut. Foto: CIAT, CC BY-SA 2.0

Der Aufstieg Parás zu einem der größten Sojaumschlagsplätze Brasiliens begann vor 15 Jahren. Damals begann das US-Unternehmen Cargill mit dem Bau eines Güterhafens in der Stadt Santarém im Bundesstaat Pará am Ufer des Tapajós-Flusses, um Soja und andere Ernteprodukte aus Brasilien über den Atlantischen Ozean verschiffen zu können. Ziel war es, den Transportweg zwischen der größten Sojaanbauregion des Landes im benachbarten Bundesstaat Mato Grosso und der Küste zu verkürzen und die Kosten zu verringern.

Für den Sektor hat sich der Ausbau gelohnt: Zwar wurde schon früher viel Soja in Brasilien - auch genetisch verändertes Saatgut - angebaut, doch konnte das Land mittlerweile zum zweitgrößten Produzenten und führenden Exporteur der Pflanze aufsteigen. Abnehmer sind unter anderem europäische Länder und immer stärker auch China.

Der Nebeneffekt: Riesige Plantagen mit Monokulturen, die von Großgrundbesitzern bewirtschaftet werden und die tausenden von Kleinbauern ihre Existenzgrundlage entzogen haben. Statt kleiner handbetriebener Pflüge sieht man hier nun vor allem Traktoren und andere motorbetriebene landwirtschaftliche Maschinen neuesten Stands, die die Felder für die Pflanzung im Januar vorbereiten.

Abgeholzter Regenwald schadet Klima

"Soja nutzt den Großbauern. Aber uns Kleinbauern schadet der Anbau, weil mittlerweile so viel Regenwald abgeholzt ist, dass das Klima total verändert wurde. Statt der angenehmen Temperaturen, die wir hier früher hatten, brütet jetzt die Hitze, es ist kaum auszuhalten. Die Böden sind komplett ausgetrocknet", seufzt José de Souza, ein Kleinbauer, der in der Gemeinde Belterra neun Hektar Land bewirtschaftet. Er züchtet Bananen, Kohl und Frühlingszwiebeln. Die Pflanzen sind kurz vor dem Vertrocknen, obwohl de Souza sie regelmäßig gießt.

Der Gemeindeverwaltung von Santarém zufolge macht der Sojaanbau rund 60.000 der 740.000 kultivierbaren Hektar Boden aus. Raimunda Nogueira, Direktorin der Universität von West-Pará, nennt weit höhere Zahlen. "Auf rund 112.000 bis 120.000 Hektar wird heute Soja angebaut", sagt sie gegenüber IPS. Mit dem Sojaanbau kamen die Pestizide. "Mit dem Gift, das die Produzenten auf ihren Feldern versprühen, vertreiben sie die ganzen Pflanzenschädlinge, die sich nun auf unseren kleinen Feldern sammeln", klagt de Souza.

Pestizide vertreiben Schädlinge und Bauern

Doch das ist nicht das einzige Problem, das er mit den Pestiziden hat. Die Chemikalien hätten den Boden der gesamten Region verseucht und zahlreiche Tiere getötet, schimpfen Kleinbauern aus der Gegend. "Unsere Ernten gehen ein, die Böden werden unfruchtbar - und schon sind sie nichts mehr wert", erzählt Jefferson Correa, Sprecher der lokalen Organisation 'Fase Amazonia'. "Die einzige Lösung, die uns bleibt ist, das Land zu verkaufen."

Die Landbewohner haben außerdem festgestellt, dass Gesundheitsprobleme wie Atemnot und Hautkrankheiten zugenommen haben. "Ein Großteil der Bewohner verlässt schließlich das Gebiet - was bleibt ihnen auch anderes übrig?" fragt Selma da Costa von der Landarbeitergewerkschaft Belterras. "Schwangere und andere Leute werden plötzlich krank und wissen nicht, warum."

Aufgabe der Existenzgrundlage

65 Prozent der rund 16.500 Menschen, die hier in den vergangenen Jahrzehnten lebten, haben mittlerweile die Gegend verlassen, so Da Costa. "Ihr Land verkaufen sie für einen Apfel und ein Ei an die Großproduzenten, weil sie glauben, dass sie sich von dem Geld ein schönes kleines Haus kaufen können. Aber letzten Endes stehen sie mit nichts da, weil sie nichts haben, wovon sie dauerhaft leben könnten."

Ähnlich sei es einigen Bauern bereits um das Jahr 2000 herum ergangen, ergänzt Correa. Damals war Land günstig. Die Bauern verkauften 100 Hektar für 1.000 bis 2.000 US-Dollar, gingen in die Stadt, gaben ihr gesamtes Geld aus, fanden aber keine Arbeit, weil sie lediglich Landarbeit gelernt hatten. Am Ende bedauerten sie ihren Entschluss. "Als Bauern hatten sie ihr eigenes Land, ihre eigenen Nahrungsmittel - Bohnen, Reis, Mehl, außerdem Fische und andere Tiere, die sie im Wald jagten. Aber in der Stadt hatten sie gar nichts mehr", erzählt Claudionor Carvalho von der Föderation der Landarbeiter Parás. Während einige in der Stadt Straßenverkäufer wurden, gingen Frauen in die Prostitution.

Eingelöstes Versprechen

Derweil hat der Hafen von Santarém seine Versprechen gehalten. Die Entfernung von der Anbauregion Mato Rosso zum nächstgelegenen Hafen wurde halbiert. Das Soja muss nun nicht mehr in die 2.000 Kilometer entfernten Häfen im Süden Brasiliens gebracht werden. 120.000 Tonnen Soja können mittlerweile in Santarém gelagert werden, doppelt so viel wie bei der ursprünglichen Planung.

Das hat dazu geführt, dass viele Sojabauern aus dem Innern das Landes nach Pará gezogen sind, weil hier die Grundstückspreise niedrig waren und die Kosten insgesamt geringer. In der Folge stiegen die Preise für Land stark an.

Kleinbauern brauchen weiterhin Unterstützung

Einer von ihnen ist Luiz Machado aus Mato Grosso. "Wir haben unsere 90 Hektar Land verkauft, um hier günstig mehr Felder kaufen zu können", erzählt er. "Weil wir außerdem jetzt näher am Hafen sind, sparen wir Transportkosten ein." Auf seinem Grundstück selbst sei ein Großteil der Bäume bereits gefällt gewesen. Den Regenwald um sein Grundstück herum habe er nicht angerührt.

"Man muss jetzt alles, was man vorher selbst angebaut hat oder von Nachbarn bekam, auf dem Markt kaufen, selbst Reis und Bohnen. Früher waren wir diejenigen, die diese Sachen verkauft haben!" klagt de Souza. Er erhält mittlerweile Unterstützung von der Regierung, um weiter als Kleinbauer tätig sein zu können. Programme wie diese müssten weiter ausgebaut werden, meint Correa.

Quelle: IPS, Autorin: Fabiana Frayssinet, Deutsche Bearbeitung: Julia Krämer, Foto: CIAT, CC BY-SA 2.0

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