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Rücküberweisungen höher als Entwicklunghilfe

Der Weg führt oft nach Mexiko. (Symbolfoto: Schmidt/Adveniat)
Der Weg führt oft nach Mexiko. (Symbolfoto: Schmidt/Adveniat)

Rund 7,8 Milliarden Euro konnte das Berliner Entwicklungsministerium im Jahr 2016 ausgeben. Im selben Jahr haben Migranten umgerechnet 17,7 Milliarden Euro aus Deutschland zurück in die Herkunftsländer überwiesen. Das waren rund 6,5 Milliarden mehr als noch im Jahr 2007, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion hervorgeht. Die sogenannten Rücküberweisungen sind für viele Länder im Süden zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor geworden. Seit den 80er-Jahren wächst mit der Globalisierung die Zahl der Migranten und mit ihnen der Finanztransfer. Dabei folgen die Geldflüsse den großen Migrationsströmen: Große Summen fließen von Nord nach Süd, aber auch zwischen den Entwicklungsländern selbst.

Hauptempfängerländer sind Länder wie Indien, Philippinen, Mexiko, Afghanistan und Kosovo, aber auch Moldawien oder Tadschikistan. "Mexiko und USA, das ist der größte Migrationskorridor weltweit derzeit", sagt die Ökonomin Kirsten Schüttler von der Weltbank. Deutschland gehört dabei weltweit zu den größten Ausgangsländern privater Geldtransfers. Nur aus den USA, Saudi-Arabien und der Schweiz wurden 2016 noch größere Summen überwiesen. "Wir schätzen, dass 2015 die weltweiten Rücküberweisungen von Flüchtlingen und Migranten in ihre Heimat rund 602 Milliarden Dollar betragen haben, dass an Entwicklungsländer geschätzte 440 Milliarden Dollar überwiesen werden", sagte Schüttler vergangenes Jahr im Deutschlandfunk. Die weltweite staatliche Entwicklungshilfe liegt dagegen nur bei etwa 150 Milliarden Dollar.

Pro und Contra

Dazu kommen hohe Summen, die über informelle Kanäle wie Freunde und Familienmitglieder gesendet werden und in den offiziellen Bilanzen gar nicht auftauchen. "Da gibt's viele Möglichkeiten, wie man es informell schicken kann", betont die Weltbank-Mitarbeiterin. Unter Experten wird seit langem gestritten, ob die finanziellen Transfers zur Lösung der Armutsproblematik in den Entwicklungsländern beitragen. Befürworter sprechen von einer Win-Win-Situation: Die Zahlungen gehen direkt an Einzelne und Familien. Sie fließen nicht an einen möglicherweise korrupten Staat, sondern erhöhen direkt das verfügbare Haushaltseinkommen. "Die Migranten schaffen eine Lebensperspektive für die Menschen in ihren Heimatländern und halten sie davon ab, sich auf die gefährliche Flucht in Richtung Europa zu begeben", sagte beispielsweise der Grünen-Entwicklungsexperte Uwe Kekeritz am Samstag. Auch die Bundesregierung wertet die Transfers als "entwicklungsfördernd", weil das Geld direkt vor Ort bei den Menschen in den Entwicklungsländern ankomme.

Aber die Rücküberweisungen haben auch ihre Schattenseiten: Meist profitieren nicht die Ärmsten, denn sie haben in der Regel keinen finanziellen Spielraum um Angehörige ins Ausland zu schicken. Die Gesellschaften verlieren möglicherweise gerade die gut ausgebildeten Menschen. Hinzu kommt: Die Herkunftsländer können von den hohen Zuflüssen abhängig werden und verzichten dann möglicherweise darauf, selbst Initiativen zu ergreifen. So beruhten 2013 rund 42 Prozent des Bruttoinlandsproduktes von Tadschikistan auf Rücküberweisungen.

Große Unternehmen sind Profiteure

Die Geberländer müssen nach Einschätzung von Stephan Klasen, Göttinger Professor für Ökonomie, kaum befürchten, dass sie unter dem Kapitalabfluss leiden. "Für die Geberländer insgesamt sind die Auswirkungen so gering, dass das vernachlässigbar ist", sagte Klasen im Deutschlandfunk. "Wenn wir überlegen, wie viel Geld aus Deutschland rausfließt über Rücküberweisungen und wieder reinfließt über Gewinne deutscher Unternehmen im Ausland, da fällt das kaum auf." Migranten transferierten darüber hinaus nicht nur Geld, sondern auch deutsche Produkte wie Autos oder Küchengeräte in ihre Heimatländer. Indirekt bedeute das sogar Werbung und Wirtschaftsförderung.

Profiteure des Transferbooms sind allerdings auch die großen internationalen Unternehmen, die die Überweisungen tätigen und dabei riesigen Gewinn machen - wie Western Union, Moneygram und Ria. Die Bundesregierung bezeichnete es als Ziel, die zum Teil sehr hohen Transaktionskosten bis 2030 auf weniger als drei Prozent zu senken.

Autor: Christoph Arens (KNA)

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