Proteste gegen Quarantäne und für Neuwahlen in Bolivien

In Cochabamba in Bolivien haben Menschen gegen die Corona-Quarantäne protestiert (Symbolbild). Foto: Pixabay
In Bolivien haben Anhänger der ehemaligen Regierungspartei MAS des sozialistischen Ex-Präsidenten Evo Morales die wichtige Verbindungsstraße zwischen Cochabamba und Santa Cruz blockiert. Sie fordern eine Aufhebung der Quarantäne wegen der Corona-Pandemie sowie eine kurzfristige Durchführung der verschobenen Präsidentschaftswahlen. Bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften soll es nach einem Bericht der Tageszeitung "El Deber" (Dienstag) Verletzte und Verhaftungen gegeben haben.
Arturo Murillo, ein Minister der Übergangsregierung, machte die MAS direkt für die Proteste verantwortlich. Er warf der sozialistischen Partei vor, die eigene Wiederwahl über die Gesundheit der Menschen zu stellten, wie aus einem Bericht der spanischen Tageszeitung El País hervorgeht.
Die MAS wies die Vorwürfe zurück. Von offizieller Seite hieß es, dass die Partei nicht zu den Protesten aufgerufen hätte. Sie könne es aber auch nicht verhindern, wenn Bolivianer sich gegen die strikten Corona-Maßnahmen der Regierung wehrten, berichtet El País. Die Protestierenden beklagten ihre desolate Situation während der Quarantäne, ihnen gingen die Lebensmittel aus. Hilfspakte des Staats kämen demnach nur unzureichend an.
Ex-Präsident Morales hatte zuletzt gefordert, die aktuelle Übergangsregierung müsse trotz Corona-Pandemie Wahlen so schnell wie möglich durchführen; deswegen heiße sie Übergangsregierung.
MAS liegt bei Umfragen vorne
Nach den annullierten Präsidentschaftswahlen vom 20. Oktober sollten am 3. Mai eigentlich Neuwahlen stattfinden, die aber wegen der Corona-Pandemie verschoben wurden. Ein neuer Termin für einen Urnengang steht noch nicht fest, ist aber für die kommenden Monate anvisiert. Der Morales nahestehende Linkspolitiker Luis Arce (33 Prozent) führt die jüngsten Umfragen an; dahinter folgen Mitte-Rechts-Politiker Carlos Mesa (18,3 Prozent) und die rechtsgerichtete Interimspräsidentin Jeanine Anez (16,9 Prozent).
Bolivien wurde nach der Wahl im Oktober von heftigen Unruhen erschüttert. Schon Morales' Kandidatur war nach einem verloren gegangenen Referendum über eine dazu notwendige Verfassungsänderung hochumstritten. Die Opposition warf dem seit 2006 regierenden Morales Wahlbetrug vor, er selbst bestand zunächst auf einen Sieg im ersten Durchgang.
Vertreter der Zivilgesellschaft, von Menschenrechtsorganisationen und der Kirche hatten von Hinweisen auf Wahlbetrug gesprochen, denen es nachzugehen gelte. Eine OAS-Kommission bestätigte diese Einschätzung: Sie sprach in einem Abschlussbericht von schwerwiegenden Manipulationsversuchen und empfahl Neuwahlen. Morales trat daraufhin zurück und ging zunächst nach Mexiko und später nach Argentinien ins Exil. Unter Berufung auf eine neue Studie weist Morales die Vorwürfe inzwischen zurück und spricht von einem Putschversuch gegen ihn.