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Peru: Zwangssterilisationen - Interview mit Menschenrechtsanwalt

Sigfredo Florián ist Anwalt vom Instituto de Defensa Legal (IDL), einer Nichtregierungsorganisation, die seit 1983 Grundrechte verteidigt – mit einer eigenen Rechtsabteilung. Diese vertritt Bevölkerungsschichten, die sich teure Anwälte nicht leisten kann. Florián (50) arbeitet seit zehn Jahren für das IDL und vertritt Frauen, die gegen ihren Willen zwischen 1996 und 2001 sterilisiert wurden. Angeklagt ist Ex-Diktator Alberto Fujimori – doch es geht um mehr. 

Aymara-Frauen am Titicacasee. Symbobild: Adveniat/Achim Pohl

aymara-Frauen am Titicacasee. Symbolbild: Adveniat/Achim Pohl

Herr Florián, seit Anfang März läuft einer der spektakulärsten Prozesse der jüngeren Geschichte Perus. Sie vertreten mehrere Opfer von Zwangssterilisationen vor Gericht gegen die intellektuell Verantwortlichen. Welche Bedeutung hat das für die Frauen und für die peruanische Zivilgesellschaft?

Wir stehen noch ganz am Anfang des Prozesses. Noch ist nicht klar, ob es zur Beweisaufnahme, zur Zulassung des Prozesses kommt, aber die Hoffnung besteht natürlich. Wir waren noch nie soweit, aber die Richter können die Klage auch archivieren. Diese Möglichkeit besteht. Wir sollten nicht vergessen, dass das bereits vier Mal passiert ist.

Zu den Frauen, die Sie vertreten, zählt auch Victoria Vigo, die als erste Frau gegen ihre Sterilisierung ohne Einverständnis aktiv wurde und seit nunmehr 24 Jahren dafür kämpft, dass sich der peruanische Staat offiziell entschuldigt. Wie wichtig sind so gut dokumentierte Fälle? 

Sie haben vor allem in der Öffentlichkeitsarbeit gehörige Relevanz, denn Frauen wie Victoria Vigo stellen unbequeme Fragen, drängen auf ihr Recht. Vor Gericht haben diese Fälle auch eine gewisse Relevanz, aber in dem seit Anfang März laufenden Prozess geht es um 1.300 Fälle, um 1.300 Frauen und ihr Schicksal. De facto bedeutet das, dass in 1.300 Fällen recherchiert, Beweise und Zeugenaussagen zusammengetragen werden müssen. Das ist eine Mammutaufgabe, die Jahre in Anspruch nehmen wird, wenn die Richter denn grünes Licht zur Aufnahme des eigentlichen Strafprozesses geben. An diesem Punkt befinden  wir uns jetzt.

Warum geht es so langsam voran? Sie sind bereits zehn Jahre aktiv, fehlt es am politischen Willen?

Die Zwangssterilisation von insgesamt mehr als 300.000 Frauen und rund 25.000 Männern, meist indigener Herkunft, ist ein Politikum. Unterschiedliche Parteien haben das Thema in den letzten Jahren im Wahlkampf für sich genutzt.

Wie kalkulieren Sie. Wie viel Zeit wird nötig sein, um einen Strafprozess vorzubereiten, der ja nun das eigentliche Ziel der Frauen und der Frauenorganisation Demus ist, die die Frauen seit Jahren unterstützt?

Wenn das Gericht den Fall nicht archiviert und zur eigentlichen Verhandlung zulässt, wird die Vorbereitung Jahre dauern. Eine Zahl zu nennen, wäre nicht sehr klug. Sollte der Fall nicht archiviert werden, heißt das, dass Ermittlungsbeamte die betroffenen Frauen aufsuchen müssen, die oftmals in abgelegenen Regionen des Landes leben. Das erschwert das Prozedere. Eine Rolle spielt auch die Tatsache, dass der Richter nicht nur mit diesem einem Fall befasst ist, sondern mit weiteren. Es wird Jahre dauern.

Warum hat der Fall keine Priorität?

Da fragen Sie den Falschen. Zu den Fakten: Dieser Fall wurde viermal archiviert. Drei Jahre hat es gedauert bis wir zu dieser laufenden Verhandlung gekommen sind, die mehrfach verschoben wurde. Einmal wegen fehlender Dolmetscher und einmal auf Antrag der Verteidigung. Derartige Anträge hat es auch diesmal gegeben. 

Warum engagieren Sie sich in  diesem Fall?

Ich bin Menschenrechtsanwalt, habe in allen Regionen des Landes recherchiert, Frauen vertreten, deren Männer gewaltsam verschwunden sind, Frauen, die vergewaltigt wurden. Immer habe ich mich auf die Seite der Opfer gestellt. Deshalb vertrete ich in diesem Fall gleich mehrere Frauen, die gegen ihren Willen sterilisiert wurden. 

Interview: Knut Henkel

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