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Peru: "Das Gesetz ist ein Quantensprung" - Arbeitsrechte für Hausangestellte

Seit dem 2. Oktober gelten in Peru für Hausangestellte gesetzlich verbriefte Arbeitsrechte, unter anderem auch der Anspruch auf den Mindestlohn. Die ehemalige Hausangestellte Sofía Mauricio Bacilio hat jahrelang für dieses Gesetz gekämpft. Sie ist Direktorin der Casa de Panchita, einem Zentrum von und für Hausangestellte in Lima. Knut Henkel hat sie interviewt.

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Sofía Mauricio Bacilio, Aktivistin für die Rechte von Hausangestellten in Peru. Foto: Casa de Panchita

Blickpunkt Lateinamerika: Frau Bacilio, wie ist die Corona-Situation in Lima?
 
Sofia Mauricio Bacilio: Peru gehört zu den Ländern mit den höchsten Infektionszahlen, aber in den letzten Wochen ist der Anstieg verlangsamt worden, es gibt Hoffnung, dass die Pandemie langsam unter Kontrolle zu bekommen ist, aber wir sind noch lange nicht über den Berg.
 
Mitten in der Pandemie hat das Parlament ein Gesetz verabschiedet, das zum Meilenstein für die Hausangestellten, die ja in der Mehrzahl Frauen sind, werden könnte. Wie beurteilen Sie das neue Gesetz?
 
Das Gesetz 31047 wurde Anfang September vom Parlament verabschiedet, am 1. Oktober im Gesetzesblatt der Regierung, El Peruano, veröffentlicht und ist rechtskräftig seit dem 2. Oktober. Für uns ist es ein Durchbruch nach mehr als zwei Jahrzehnten unseres Engagements für gleiche Arbeitsrechte der Hausangestellten in Peru. Hintergrund ist die Konvention 189 über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte der internationalen Arbeitsorganisation (ILO), die schon im Juni 2011 verabschiedet wurde. Peru hat diese im November 2018 ratifiziert. 

Dadurch hat sich Peru verpflichtet, die Inhalte der Konvention in nationales Recht zu implementieren. Das ist mit dem Gesetz 31047 nun passiert. Im Vorfeld hatten wir mehrere Treffen mit dem Arbeitsministerium, aber auch Kontakt zu Parlamentariern, um ihnen die Bedeutung dieses  Gesetzes klar zu machen.
 
In Peru arbeiten mehr als eine halbe Million Hausangestellte, zu 95 Prozent Frauen, und zu Beginn der Pandemie hat es zahlreiche Entlassungen gegeben, aber auch Druck von Seiten der Arbeitgeber mit deren Familie zu leben. Wäre das mit dem Gesetz möglich gewesen?
 
Nein, das Gesetz ist für uns ein Quantensprung. Es macht uns Hausangestellte zu Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit Arbeitsrechten. Zu Beginn der Pandemie wurden Tausende von Hausangestellten von ihren Arbeitgebern einfach nach Hause geschickt – Lohnfortzahlung, Abfindung oder selbst ein Überbrückungsgeld gab es in der Regel nicht. 

In anderen Fällen wurden die Hausangestellten, zumeist Frauen, dazu genötigt, beim Arbeitgeber zu leben, um das Infektionsrisiko der Familie, die sie betreuten, so gering wie möglich zu halten. Das bedeutete aber auch, dass die Frauen, darunter viele junge Mädchen, bis zu sechzehn Stunden für die Familie da sein mussten und oft noch nicht mal ein eigenes Zimmer hatten. Das ist inhuman, sind Bedingungen wie im 19. Jahrhundert.
 
Sorgt das Gesetz 31047 dafür, dass derartige Verhältnisse in Peru fortan der Geschichte angehören?
 
Ja, aber das Gesetz allein wird nicht dafür sorgen. Erst wenn die entsprechenden Artikel auch konkret mit Sanktionen durchgesetzt werden, sind wir den entscheidenden Schritt weiter. Da müssen Arbeits- und Justizministerium nun ihre Hausaufgaben machen. Das Arbeitsministerium muss in einem Zeitraum von 90 Tagen entsprechende Umsetzungsempfehlungen herausgeben. Wir befinden uns in einem Prozess, der noch nicht abgeschlossen ist.
 
Das Gesetz sorgt in vielen Bereichen für Fortschritte – so zum Beispiel bei der Entlohnung oder der Sozialversicherung. Ein Durchbruch?
 
Ohne Zweifel, denn fortan muss die Arbeit der Hausangestellten mit dem Mindestlohn vergütet werden. Das ist ein immenser Fortschritt, der trotz der Kritik von Ex-Ministern und Regierungsmitarbeitern zustande kam. In Peru wird die Arbeit der Hausangestellten schlicht nicht wertgeschätzt – das muss sich ändern. Das Gesetz könnte dabei eine zentrale Rolle spielen, und deshalb ist die Umsetzung extrem wichtig. Das betrifft sämtliche Artikel des Gesetzes, doch die ersten vier sind essenziell.
 
Orientiert sich das Gesetz an der ILO-Konvention 189?
 
Ja, zweifellos. Es setzt sie nahezu eins zu eins um und das haben wir immer wieder eingefordert – im Gespräch mit den Ministerien, den Parlamentariern, aber auch bei Demonstrationen in den vergangenen Jahren. Das Gesetz ist unter anderem ein Erfolg unserer Öffentlichkeitsarbeit. Nicht nur zufällig ist im Gesetz die weibliche Form für Hausangestellte gewählt worden – 95 Prozent der Hausangestellten sind Frauen. 

Interview: Knut Henkel

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