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Uruguay |

"Pepe Mujica" - Blumenzüchter im Präsidentenamt

Foto: Pfiffl Medien
Foto: Pfiffl Medien

Vor wenigen Tagen übergab José "Pepe" Mujica, einer der außergewöhnlichsten Staatslenker der zurückliegenden Zeit, die Amtsgeschäfte an seinen Nachfolger. In Europa gilt der Uruguayer als "ärmster Präsident der Welt", weil er einen bescheidenen Lebensstil pflegt, neun Zehntel des Gehalts spendet und Gäste für gewöhnlich auf seiner Blumenfarm außerhalb von Montevideo empfängt.

Von seinen politischen Initiativen erregte die Legalisierung des Anbaus und des Verkaufs von Cannabis unter staatlicher Kontrolle weltweit Aufsehen. Was den Menschen und Politiker Mujica ausmacht, welche Sympathien ihm in seiner Heimat entgegenschlagen und wie er sich auf der politischen Bühne bewegt, lässt sich in dem neuen Dokumentarfilm "Pepe Mujica - Der Präsident" auf hervorragende Weise ergründen. Regisseurin Heidi Specogna begleitete El Pepe zu zahlreichen Auftritten, befragte ihn und seine Frau Lucía Topolansky, montierte neues Filmmaterial mit historischen Aufnahmen und Interviewpassagen aus den 1990er Jahren. Kombiniert mit zahlreichen langen, ruhigen Bildern des Kameramanns Rainer Hoffmann, aus denen José Mujicas gelassene, beinahe stoische Haltung deutlich wird, entsteht so ein ebenso eindringliches wie positives Porträt.

Überzeugungen und Erkenntnisse

 

Wer die Äußerungen des weißhaarigen, bald 80-jährigen Ex-Präsidenten hört, mag im ersten Moment an die Weisheit des Alters denken. Der Dokumentarfilm verdeutlicht jedoch, dass es sich bei Mujica ausdrücklich nicht um Altersweisheit handelt, sondern um verinnerlichte Überzeugungen eines sozialistisch-humanistischen Aktivisten, eines früheren Untergrundkämpfers, der 14 Jahre im Gefängnis verbracht hat, und eines Mannes, der in den spät erworbenen politischen Ämtern äußerst pragmatisch an die Umsetzung seiner Ideen ging. "Wir müssen anfangen zu geben", ruft er von der provisorisch gezimmerten Bühne inmitten einer Fertighaussiedlung herunter. Es gehe schließlich um die Familien und besonders die Kinder, denen mit den staatlich finanzierten Häusern eine stabile und sichere Zukunft ermöglicht werden soll. Großer Applaus brandet auf, als den stolzen Bewohnern die Hausschlüssel übergeben werden. In einer anderen Filmsequenz sinniert Mujica über die Alltagssorgen der Menschen: Allzu viele scheinbar unverrückbare Gegebenheiten dienten nur dem kapitalistischen Wirtschaftssystem. "Immer mehr verdienen wollen, um immer mehr Geld ausgeben zu können" - dieser Kreislauf allein ergebe für die Gesellschaft und den Einzelnen keinen Sinn. "Wo bleibt da das Glück?", fragt er.

Auch wenn der Titel lediglich auf die Person des Präsidenten verweist, liefert der sehenswerte Film im Grunde ein Doppelporträt. Lucía Topolansky und Pepe Mujica, seit rund zehn Jahren verheiratet, kennen sich aus der Zeit des bewaffneten Kampfes der Tupamaros-Bewegung. Die heutige Senatorin war 1971 an der Befreiung ihres Mannes und über 100 weiterer Mitstreiter aus dem Gefängnis beteiligt. Nach dem Ende der Diktatur bestellten die beiden als Lebensgefährten ihre Farm und verkauften Blumen auf den umliegenden Märkten. In den vergangenen Jahren unterstützte Topolansky als gewählte Abgeordnete die Regierungsarbeit. In mehrere Filmszenen sind die beiden gemeinsam im Garten zu sehen - zwei alte Leute, die an einem Tischchen sitzen, sich die Kalebasse mit Mate reichen und dabei den Eindruck großer Übereinstimmung vermitteln.

Luxuskarosse oder Kleinwagen?

 

Mehrfach drängt sich beim Betrachten des Films der Gedanke auf, dass es ein Gewinn wäre, wenn die Politiker des Nordens ihren ehemaligen Kollegen aus Uruguay nicht nur loben, sondern ihm - wenigstens ein bisschen - nacheifern würden, sei es im Auftreten oder im konsequenten Kampf für eine gerechtere Welt. Dass dies kaum mehr als Wunschdenken ist, belegt eine kurze Szene, die El Pepe gemeinsam mit Angela Merkel am Rande eines Staatsbesuchs in Berlin zeigt. Am Ende der Unterredungen im Kanzleramt preist Merkel eine in Süddeutschland gebaute Limousine, die Mujica zurück in seine Unterkunft bringen soll. Als der mit einem freundlichen, leicht verschmitzten Lächeln erwidert, er besitze ebenfalls zwei deutsche Autos, die allerdings wesentlich kleiner und weniger luxuriös seien, fällt der Kanzlerin keine passende Antwort mehr ein.

 

Autor: Thomas Völkner

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