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Kolumbien |

Pablo Escobars Komplize: Das wilde Leben von Drogenboss Carlos Lehder Rivas

Pablo Escobars rechte Hand soll aus einem US-amerikanischen Gefängnis nach Deutschland abgeschoben worden sein. Das Leben des Deutsch-Kolumbianers Carlos Lehder Rivas übertrifft jede noch so gute Telenovela.

Der Drogendealer Carlos Lehder, ein ehemaliger Vertrauter von Pablo Escobar, soll nach Deutschland ausgeliefert worden sein. 

Musik, Sex und Drogen - auch der letzte Tag in Freiheit von "Crazy Charly" verläuft ganz nach Drehbuch. Carlos Lehder Rivas vergnügt sich 1987 während einer Feier des Medellin-Kartells in Kolumbien mit einer Prostituierten und schnupft fröhlich Kokain, als einer der Auftragsmörder von Pablo Escobar es wagt, an der Tür zu klopfen.

Lehder fackelt nicht lange und schießt den Mann, der auch ein Liebhaber der Frau ist, über den Haufen. Lärm, Schreie, eine Leiche mitten in einer riesigen Fiesta mit lauter Salsa-Musik - die Netflix-Serie "Narcos" ist ein harmloser Witz gegen die kolumbianische Realität.

Lehder bittet Escobar um Entschuldigung, die Leiche wird entsorgt, die Feier geht - natürlich - weiter. Doch während der Deutsch-Kolumbianer glaubt, dass die ewige Party immer so weitergeht, fällt Drogenboss Escobar sein Urteil.

Schließlich ist nichts gefährlicher als ein durchgeknallter Dealer, der mit seinen Eskapaden die ganze Firma bedroht. Am Tag nach der Orgie verfrachtet er Lehder an einen geheimen Ort und verspricht ihm, er sei dort sicher - und verpfeift ihn dann an die US-Amerikaner.

Pablo Escobar lässt seine rechte Hand fallen

Escobar hat in einem öffentlichen Brief vehement bestritten, dass er an der Auslieferung seines Geschäftspartners beteiligt gewesen sein soll. Doch Carlos Lehders Aktien bei seinem Boss waren im Laufe der Zeit einfach rapide gefallen. Eher verwunderlich, dass Escobar "Crazy Charly" nicht einfach unbemerkt - wie viele andere - um die Ecke bringen ließ.

Das Schicksal hält für die meisten "Narcotraficantes" - die Drogenhändler - nur zwei Möglichkeiten bereit: tot wie Escobar, erschossen durch eine Eliteeinheit Kolumbiens und der USA 1993 bei einer Razzia in Medellín. Oder eben ein Knast in den USA wie Lehder. Der Prozess 1988 ist damals die größte Gerichtsverhandlung gegen einen ausländischen Drogenschmuggler in der Geschichte der USA.

Das Gericht verurteilt Lehder zu lebenslanger Haft ohne Bewährung und weiteren 134 Jahren Gefängnis, weil er die Straßen der USA mit 2000 Kilogramm Kokain überschwemmt haben soll. Aus den Worten des Staatsanwaltes klingt gleichzeitig aufrichtige Bewunderung durch: Das Schmuggelsystem Lehders sei vergleichbar mit Henry Fords mechanisierter Automobilfertigung.

Revolutionär des Kokainhandels

Lehder revolutioniert den Drogenschmuggel Ende der 1970er Jahre. Er kauft eine Insel auf den Bahamas namens Norman' Cay, 340 Kilometer vor der Küste Floridas. Er schmiert die Behörden und schickt über das Eiland säckeweise weißen Schnee mit Kleinflugzeugen gen USA.

In niedrigen Flughöhen, unentdeckt von den Häschern aus den Vereinigten Staaten. Vorbei die riskanten und wenig ertragreichen Steinzeitmethoden mit Drogenkurieren, den sogenannten "Mulas", auf kommerziellen Flügen, die das Kokain am Körper tragen oder schlucken.

Stattdessen der Transport von unfassbaren Mengen von Kokain - vier von fünf Kokainbeuteln in den USA stammen damals aus Lehders Flotte. "Crazy Charly" nimmt Milliarden ein und sonst auch alles mit: Die Insel ist Hotspot für ausschweifende Sexpartys mit ungezügeltem Drogenkonsum.

Folgenreiche Aussage gegen Noriega

Doch Mitte der 1980er Jahre kommen die USA der Transportroute auf die Schliche und machen der Party ein Ende. Und Lehders Stern bei Escobar beginnt rapide zu sinken. Sein Prozess in den USA ist die Initialzündung für eine neue Politik Kolumbiens: Mit Lehder hat das südamerikanische Land zum ersten Mal einen Drogenschmuggler an die USA ausgeliefert. Hunderte werden danach folgen. Drei Jahre später geht "Crazy Charly" einen Deal mit den US-Behörden ein.

Und der lautet laut Lehder so: Du singst gegen den damaligen panamaischen Machthaber und Drogenboss Manuel Noriega, dafür reduzieren wir deine Strafe auf 30 Jahre. Teil 2 der Abmachung: Auf keinen Fall wirst du hier länger im Gefängnis schmoren als Noriega. Lehder willigt ein. Seine Strafe wird jedoch nur auf 55 Jahre reduziert, während der frühere Präsident Panamas 2010 an Frankreich überstellt wird und die letzten Wochen vor seinem Krebstod 2017 im Hausarrest in Panama verlebt.

Der Neonazi, der John Lennon verehrt

Über Lehder wird gesagt, er sei der einzige kolumbianische Drogenboss, der mehr Fans als Angestellte hätte. Der sympathische Mafioso, der gleichzeitig verrückt, freundlich, gefährlich und attraktiv sei. Der in einem Brief an den früheren kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos damit prahlt, die Drogenschmuggler seien eine Gruppe von Visionären gewesen, die geschafft hätten, woran Millionen von Chemikern gescheitert seien: Ein Kilo Coca-Blätter in ein Kilo Gold zu verwandeln.

Der John Lennon vergöttert und in seinem Heimatort eine Statue des Beatle bauen lässt - in Bronze gegossen, nackt und mit Nazi-Helm. Der ebenso Adolf Hitler bewundert und gegen die Juden wettert, wie sein Vater Wilhelm, ein Ingenieur, der vor dem Zweiten Weltkrieg nach Kolumbien gezogen war.

Der Coca-Cola liebt, das "einzig Gute am Imperalismus". Der unentwegt Marihuana raucht, den Stoff "für das Volk", während das Kokain, das er verkauft, vor allem dazu dient, "den Reichen das Geld aus der Tasche zu ziehen und die dekadente US-Gesellschaft zu zerstören". Und der immer wieder zum Besten gibt, dass "der Terrorismus die Atombombe der armen Leute" sei.

Mit 70 Jahren geht es für Lehder mit einem temporären Reisepass nun nach Deutschland. Laut "Spiegel"-Informationen sollen ihn die USA nach Deutschland abgeschoben haben. Die Zeiten von Sex, Drogen und Alkohol sind vorbei - "Crazy Charly", der früher verrückt, impulsiv und unberechenbar war, gilt heute als sehr krank.

Oliver Pieper

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