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Venezuela |

Operation Gideon zur Befreiung Venezuelas - eine Pannen-Invasion à la Hollywood

Venezuela vereitelte eine Invasion. Die angeblichen Drahtzieher: die USA und Juan Guaido. Immer mehr Einzelheiten kommen ans Licht - die dilettantische Operation liest sich wie ein Drehbuch. Dem angeschlagen Präsidenten Maurdo spielt der geplatze Coup in die Hände.  

Venezuelas selbsternannter Interimspräsident Juan Guaidó und US-Außenminister Mike Pompeo. Foto: Mike PompeoGPA Photo Archive

Ausgeheckt wurde die Operation Gideon für die Invasion Venezuelas im September in einem chicen Hochhaus-Apartment in Miami. Anwesend: Der windige, erzkonservative venezolanische Politikberater Juan José Rendón, Sergio Vergara und der 43jährige US-Veteran Jordan Goudreau Eigentümer der Sicherheitsfirma Silvercorp. Rendón und Vergara waren kurz davor von Venezuelas Gegenpräsident Juan Guaidó zu Sonderbotschaftern ernannt worden. Ihr Auftrag: Alle Optionen zum Machtwechsel auszuloten. Während Guaidó in der Öffentlichkeit Dialogbereitschaft signalisierte, schmiedeten seine Beauftragten in Miami Plan C, wie Rendón jetzt in Interviews mit US-amerikanischen und kolumbianischen Medien preisgab.

Die unmögliche Operation 

Vereinbart wurde dabei ein Skript wie aus einem Rambo-Film: 800 vorher in Kolumbien ausgebildete und bewaffnete Söldner sollten per Meer und über die grüne Grenze infiltriert werden und in Venezuela aufständische Zellen bilden. Auf Befehl sollte dann ein Kommando den Flughafen von Maiquetía unter seine Kontrolle bringen, Kasernen angreifen, um Soldaten abzulenken, während ein drittes den sozialistischen Machthaber Nicolás Maduro aufspürte, zum Flughafen verschleppte und außer Landes brächte. Die Bevölkerung, so das Kalkül, werde sich angesichts von Mangelwirtschaft und Repression rasch auf die Seite der „Befreier“ schlagen, die USA, die ein Kopfgeld von 15 Millionen US-Dollar auf Maduro ausgelobt haben, die nötige politische Rückendeckung liefern.

Unterschrieben wurde der Vertrag über 212 Millionen USD im Oktober. Zahlbar nach vollendeter Mission mit sichergestelltem Vermögen der Regierungsclique. Den für die Operation nötigen Vorschuss wollten die Unterzeichner gemeinsam bei Sympathisanten eintreiben. Eine Unterschrift unter dem Dokument soll von Guaidó stammen – der verneint das, nicht aber die Kontakte seiner Emissäre. Goudrau wurde ausgewählt, weil er das billigste Angebot gemacht und gute Beziehungen zur US-Regierung hatte, so Rendón. Er gab ihm 50.000 USD Vorschuss – aus eigener Tasche, wie er behauptet.

Doch wie das Original – die Invasion der kubanischen Schweinebucht im Jahr 1961 – lief auch beim venezolanischen Plan nichts rund. Die 800 Söldner tauchten nie auf; stattdessen rekrutierte der mit Goudreau befreundete, venezolanische Ex-General Cliver Alcalá Freiwillige unter den Migranten im kolumbianischen Exil. Goudreaus gute Kontakte beschränkten sich auf einen Bodyguard von US-Vizeminister Mike Pence – der jedoch bestritt, mit Goudreau darüber gesprochen zu haben.

Alcalá suchte offenbar Unterstützung von kolumbianischen Geheimdiensten, wurde laut der Nachrichtenagentur AP jedoch angewiesen, jegliche Umsturzpläne auf Eis zu legen oder er verlöre sein politisches Asyl. Der US-Geheimdienst CIA bekam Wind von dem Plan und versuchte Goudreau daran zu hindern, berichtet das Portal Connecting Vets. „Viele wussten davon, aber niemand wollte uns unterstützen“, klagte der oppositionelle Parlamentarier Hernán Alemán gegenüber AP. Auch Guaidó habe zu viel Angst gehabt. Rendón zufolge blies die Opposition den Plan ab, weil sie Alcalá misstraute. Der Deserteur gilt als dubioser Geschäftemacher; sein Bruder fungiert als Maduros Botschafter in Iran. Goudreau seinerseits verstand sich mit Alcalá bestens, beide sprachen die gleiche militärische Sprache und hegten wenig Sympathie für die zivilen Bedenkenträger der Opposition.

„Alles war fertig, aber die Opposition.... hat uns verraten.“

Die zu Jahresbeginn aufgebauten Trainingscamps in der kolumbianischen Guajira, eine wüstenähnlichen Gegend in der kolumbianisch-venezolanischen Grenzregion, waren zwar prekär, blieben aber nicht unbemerkt. Dort sind Schmuggler ebenso aktiv wie ehemalige Guerrilleros, die Maduro nahestehen. Panne folgte auf Panne: Eine Waffenladung Alcalás wurde von der kolumbianischen Polizei im März abgefangen, Alcalá blieb frei, wurde kurz darauf aber auf die US-Fahndungsliste wegen Drogenhandels gesetzt. Bevor er sich stellte, gab er ein nervöses Skype-Interview, in dem er von „Waffen für die Befreiung Venezuelas mit Billigung Guaidós“ sprach. „Alles war fertig, aber die Opposition, die weiter mit Maduro koexistieren will, hat uns verraten.“

Die Nummer zwei des venezolanischen Regimes, Diosdado Cabello, verkündete im Fernsehen, das Kommando sei längst infiltriert gewesen. „Wir wussten, wer sie finanzierte, was sie assen und tranken, und für manches haben wir sogar bezahlt“, brüstete sich Cabello. Rendón zufolge war der Plan zur Invasion da längst abgeblasen und kein weiteres Geld mehr geflossen. Doch die venezolanische Führungsriege rechnete offenbar weiterhin mit einer Invasion auf dem Seeweg, alarmiert durch die von der US-Regierung verhängte Seeblockade in der Karibik. Das erklärt laut dem Portal Caracas Chronicles die versuchte Festsetzung des deutschen Kreuzfahrtschiffs RCGS Resolute vor der Insel Tortuga, bei der das Patrouillenboot der venezolanischen Armee sank.

Doch dann tauchte am 3. Mai plötzlich Maduro im Staatsfernsehen auf und verkündete, man habe eine Schnellboot-Invasion in Macuto und einen Mordanschlag vereitelt. Acht Menschen seien gestorben, 13 festgenommen, darunter zwei US-Söldner.„Macuto ist dicht besiedelt, liegt nahe einer Marinebasis und dem wichtigsten Seehafen; die Verbindungsstraße nach Caracas ist voller Militärkontrollen. „Das ist, wie wenn man die USA mit einem Himmelfahrtskommando von Venice Beach aus erobern will“, spottete Caracas Chronicles. Niemand schenkte Maduros Version Glauben, doch dann lancierte Goudreau von Florida aus ein Video im Kampfdress und verkündete, die Operation laufe weiter, 52 Mann seien im Einsatz. Maduro festzunehmen sei missglückt, nun gebe es einen Partisanenkrieg.

"Er ist verrückt geworden" 

„Meine erste Reaktion war: Er ist verrückt geworden“, sagte Rendón der Washington Post. Guaidó sprach derweil von einem Manöver, um ihn festzunehmen und die Repression gegen Oppositionelle zu verschärfen. „Die missglückte Invasion war ein gefundenes Fressen für Maduro zum perfekten Zeitpunkt“, twitterte Eric Farnsworth, Vizepräsident des US-Think Tanks Rat der Amerikas. Denn Maduro steht derzeit arg unter Druck wegen der Coronakrise und Engpässen in der Strom-, Lebensmittel- und Benzinversorgung, die zu landesweiten Protesten und Gefängnisrevolten führen.

Im Laufe der Woche lief dann auch die Propagandamaschine des Regimes zur Hochform auf. Mit getreuen Journalisten im Schlepptau wurde noch ein weiteres Kommando gestellt und die US-Personalausweise der Milizionäre zusammen mit ihren Arsenalen, einem kindle und einem Stahlhelm mit US-Flagge publiziert. In einem der Videos gestand zur Krönung der US-Söldner Luke Denman, US-Präsident Donald Trump habe die ganze Aktion organisiert. „Es ist ein weiterer Sieg Maduros über eine ungeschickte, schwache Opposition“, bilanziert Caracas Chronicles „und wird ihm helfen, das Image der Opposition weiter zu demolieren und seine Macht zu zementieren.“

Autorin: Sandra Weiss 

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