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Honduras |

Mord und anhaltende Proteste

In Honduras gehen die Proteste gegen die Regierung weiter. Sie seien ein "Akt der Befreiung" für die Menschen, so der Menschenrechtsanwalt Víctor Fernández. Aber die Demonstranten sind auch in Gefahr.

Ein Protest-Graffiti in einer Straße von Tegucigalpa. Foto: Knut Henkel

Die Mörder kamen in den frühen Morgenstunden. Zwischen drei und vier Uhr morgens standen die vier Transfrauen am Sonntag im Zentrum von Tegucigalpa zusammen und warteten auf einen letzten Kunden. „Plötzlich kam ein Wagen mit hoher Geschwindigkeit auf sie zu und drei Männer begannen auf die vier Frauen zu schießen. Bessy Ferreira wurde tödlich getroffen, während  Soraya, Katerine und Lulú entkamen“, sagt Donny Reyes. Er ist Koordinator von Arcoíris, der größten LGBTI*-Organisation in Tegucigalpa und sich sicher, dass der Mord nicht auf das Konto der Maras, der Jugendbanden in Honduras, geht. „Mit denen haben wir nie Probleme gehabt, mit gewaltbereiten Machos, Auftragsmördern und der Miliärpolizei hingegen schon“, so Reyes.

Er hat sich inmitten der anhaltenden Proteste in Tegucigalpa um die Beerdigung seiner Kollegin gekümmert, die bei Arcoíris mitarbeitete und Aufklärungsarbeit unter den Transfrauen machte. Der Mord an Bessy Ferrara ist der 26., den Arcoíris in diesem Jahr registriert hat. 26 Morde an Transfrauen, homosexuellen Männer und Frauen, Bisexuellen und Transgendern. Honduras ist mit Abstand das gefährlichste Land für die LGBTI*-Aktivisten in Mittelamerika. Diese engagieren sich auch in den anhaltenden Protesten gegen die Privatisierungspolitik der Regierung und sind dadurch noch stärker gefährdet als ohnehin schon. „Wir sind regelmäßig auf der Straße - kein Tag vergeht ohne Proteste“, sagt Reyes.

Anhaltende Proteste – anhaltende Repression

„Gestern gab es drei Protestmärsche“, berichtet Victor Fernández. Der 43-Jährige ist Jurist und politischer Sprecher der Breiten Bewegung für die Würde und die Gerechtigkeit (MADJ). „Die Menschen gehen weiterhin auf die Straße, auch nachdem die Regierung offiziell die Privatisierung des Gesundheits- und Bildungssystems zurückgenommen hat. Sie trauen ihr nicht und für viele ist der Protest ein Akt der Selbstbefreiung“. Die Menschen halten es nicht mehr aus, die vielen Jahren unter immer schlechter werdenden Lebensbedingungen, mit immer neuen Nachrichten über die Korruption auf allen Ebenen und dem steigenden Einfluss der organsierten Drogenkriminalität bis in die Regierung. Bestes Beispiel dafür sei die Verhaftung des Bruders von Präsident Juan Orlando Hernández in den USA, so Fernández. Der Anwalt ist viel in Honduras unterwegs, vertritt Mandanten auch außerhalb der Hauptstadt und engagiert sich für die Unabhängigkeit der Justiz und den politischen Wandel. Den sehnen viele der Demonstranten herbei, die oft Schilder mit dem Slogan „Fuera JOH“ (Raus mit Juan Orlando Hernández - kurz JOH) in die Höhe recken.

Das birgt ein Risiko, denn die Militärpolizei ist in den vergangenen Monaten immer wieder massiv gegen Demonstranten vorgegangen – mit Schlagstöcken, mit Tränengas und mit Schusswaffen. Sechs Tote und mindestens 80 Verletzte habe es laut einem Bericht von Amnesty International zwischen dem 4. März und 25. Juni bei mindestens 346 Protestaktionen gegeben. Zwei der Toten und Dutzende der Verletzten gehen nachweislich auf das Konto der Militärpolizei. Die drang zum Beispiel am 24. Juni in die Autonome Universität von Tegucigalpa ein und benutzte dabei Schusswaffen, um, so die offizielle Darstellung, einen von den Studenten festgehaltenen Regierungsmitarbeiter zu befreien. Doch für diese Darstellung gibt es laut Amnesty International, die auch mit dem Rektor sprachen, keine Belege. Laut Víctor Fernández ist die Militärpolizei zum zentralen Repressionsinstrument der Regierung mutier und sei zutiefst kriminell.

Auf internationaler Ebene habe das repressive Vorgehen der Regierung von Juan Orlando Hernández, die dank Wahlbetrug im November 2017 im Amt bestätigt wurde, jedoch keine Folgen. „Sowohl die USA als auch Europa machen sich durch ihre Untätigkeit zu Komplizen“, kritisiert der Jurist. Er sieht derzeit keinen Ausweg aus der anhaltenden Krise. „In den Verhandlungen mit der Opposition hat die Regierung immer wieder versucht die Bewegung zu spalten“, kritisiert er. Die Proteste gehen also weiter und die Pappen mit dem Slogan „Fuera JOH“ werden auch weiterhin in die Höhe gereckt.

Autor: Knut Henkel

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