Migrationskrise: Mexikos Präsident reist in die Nachbarländer
In Mexiko wurde im ersten Quartal 2022 eine Rekordzahl an Asylanträgen registriert. Jetzt reist Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador nach Mittelamerika und Kuba, um Wege aus der Migrationskrise zu suchen.
Auslandsreisen hält Mexikos Präsident gewöhnlich für Zeitverschwendung. Es gebe ja daheim genug zu tun, sagt Andrés Manuel López Obrador immer. Er ist erst drei Mal in mehr als drei Jahren an der Macht verreist, immer in die USA. Darunter einmal im Juli 2020 zum damaligen US-Präsidenten Donald Trump, mit dem sich der Linkspräsident fast freundschaftlich verbunden fühlte.
30.000 Asylanträge in Mexiko im ersten Quartal
Nun steht am Wochenende die vierte Reise López Obradors auf dem Programm, die ihn nach Zentralamerika und Kuba führt. Denn dieses Mal machen nationale Probleme die internationalen Kontakte notwendig. Das Migrationsthema und vor allem der Andrang von Asyl und Schutz suchenden Menschen an der mexikanischen Südgrenze führt zu Problemen im eigenen Land und mit den mächtigen Freunden in Washington.
Denn inzwischen sind es nicht mehr nur Menschen aus Guatemala, El Salvador und Honduras, die aufgrund der gespenstisch hohen Gewalt in ihren Ländern in Mexiko und den USA Schutz suchen. Mittlerweile sind es auch Männer und Frauen aus Haiti, Nicaragua und Kuba sowie bisweilen auch aus Venezuela, Brasilien und sogar Afrika. 2021 schloss Mexiko mit einer Rekordzahl von Asylanträgen, und das erste Quartal dieses Jahres markiert mit fast 30.000 Anträgen bereits einen Höchststand. Es sind ein Drittel mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
USA und Mexiko wollen Migrationsursachen angehen
Ungezählte dieser Migrantinnen und Migranten ziehen aber auch weiter Richtung Norden, sodass sich spiegelbildlich ähnliche Probleme an der Grenze zu den USA ergeben. 2019, als Trump den Mexikanern mit wirtschaftlichen Konsequenzen in der Migrationsfrage drohte, wurden mehr als 170.000 Menschen auf mexikanischem Boden festgenommen. Bis zum Ende 2021 hatte sich die Zahl auf 307.000 Festnahmen fast verdoppelt. Und im laufenden Jahr wurden schon 150.000 Migranten in nur drei Monaten an der Nordgrenze festgesetzt.
Angesichts dieses Anstiegs äußerte US-Staatschef Joe Biden jüngst seine Besorgnis gegenüber seinem mexikanischen Kollegen. Beide Präsidenten berieten, wie man die zentralamerikanische Migration reduzieren könnte. Dabei stehen verstärkte Investitionen in die Region zur Debatte, um vor allem vor Ort würdige Arbeitsplätze zu schaffen. Konkret geht es um die Bereitstellung von vier Milliarden Dollar.
Der mexikanischen Regierung schwebt ein Äquivalent zum Programm „Sembrando Vida“ (Leben säen) vor, mit dem sie im eigenen Land Zehntausende von Menschen unter anderem in der Landwirtschaft und der Aufforstung einsetzt. Aber während López Obrador auch in Zentralamerika direkte finanzielle Hilfe auszahlen will, wollen die USA ihre Unterstützung an Gegenleistungen knüpfen.
Mexikos Präsident sucht Unterstützung in Kuba und Mittelamerika
Also ist López Obrador jetzt auf Reisen in Guatemala, El Salvador, Honduras und Kuba, um dort die Vorschläge vorzustellen und für sie zu werben. „Wir arbeiten mit der US-Regierung zusammen und helfen ihr, aber wir müssen auch die Migranten schützen“, sagte der mexikanische Staatschef vor seiner Reise. „Denn es ist sehr riskant für sie, unser Land zu durchqueren und wir müssen uns um sie kümmern“. Also werde man zwar die Südgrenze befestigen, insbesondere die 960 Kilometer, die den Bundesstaat Chiapas und Guatemala trennen. Zugleich sollten aber auch „die Ursachen der Migration“ bekämpft werden. „Die Menschen verlassen ihre Dörfer und Familien ja nicht aus Spaß, sondern aus bitterer Not heraus", betonte López Obrador.
In Kuba, der letzten Station seiner Reise, wird Mexikos Staatschef am Wochenende auch Fragen der Migration ansprechen, zumal mittlerweile Zehntausende von Kubanern an der Nordgrenze Mexikos in der Hoffnung ausharren, in die USA übersiedeln zu können. Die wirtschaftlich katastrophale Lage der Karibikinsel treibt immer mehr Menschen in die Flucht.
López für Teilnahme Kubas am Amerika-Gipfel
Mehr noch aber will der mexikanische Präsident in Havanna eine Kompromissformel suchen, damit Kuba kommenden Monat am Amerika-Gipfel in Los Angeles teilnehmen kann. Während Gastgeber USA mindestens die kommunistisch regierte Karibikinsel und Venezuela, vermutlich aber auch Nicaragua vom Regionaltreffen ausladen will, drängt López Obrador darauf, „dass niemand ausgeschlossen“ wird.