Mexiko und USA vereinbaren neues Handelsabkommen
Mexikos Unterhändler Luis Videgaray erklärte bei einer Pressekonferenz in der mexikanischen Botschaft in Washington, sein Land sei sehr daran interessiert, dass auch das neue Abkommen trilateral bleibe, aber falls sich Kanada anders entscheide, werde es eben ein bilaterales Abkommen geben.
Der neue Vertrag soll US-Präsident Donald Trump zufolge auf keinen Fall mehr Nafta heißen. Nafta sei schlecht gewesen für die USA, erklärte er. Sowohl er als auch der mexikanische Präsident Enrique Peña Nieto beglückwünschten sich gegenseitig in einem live übertragenen Telefongespräch zum „formidablen Deal“, der den Grundstein für die Wettbewerbsfähigkeit und Modernisierung der beiden Volkswirtschaften lege.
Die sich seit einem Jahr zäh hinziehenden Verhandlungen hatten in den vergangenen Wochen an Tempo zugelegt, nachdem sich Kanada zurückgezogen hatte. Sowohl die scheidende mexikanische Regierung, die eine glücklose Amtszeit mit einem kleinen Triumph abschließen wollte, als auch die Wirtschaft, die Planungssicherheit forderte, als auch Trump mit den Kongresswahlen im Nacken hatten großes Interesse an einem raschen Abschluss. Die kanadische Unterhändlerin wurde am Dienstag in Washington erwartet. Kanada hat wiederholt betont, es werde nur „ein gutes Abkommen“ akzeptieren.
Abkommen ohne Zollschranken und Kontingente
Videgaray betonte, das Abkommen stärke die regionale Integration, gebe Investoren Sicherheit und vermeide Kontingente und Zollschranken wie zuletzt die von Trump einseitig verhängten Import-Strafzölle auf Stahl und Aluminium. Die USA verzichteten auf die fünfjährige Befristung des Abkommens, die sogenannte Sunset-Klausel. Das Abkommen soll nun 16 Jahre gelten und alle sechs Jahre „aktualisiert“ werden. Mexiko akzeptierte seinerseits die Erhöhung des regionalen Fertigungsanteils von 62 auf 75 Prozent, was vor allem zu Lasten Chinas geht, wo aus Kostengründen bislang viele Zuliefererteile herkamen. Das trifft vor allem den Fertigungs- und den Automobilsektor, und damit auch zahlreiche europäische Autohersteller, die Mexiko zu einer internationalen Exportplattform ausgebaut haben. Laut Videgaray erfüllen bereits jetzt 70 Prozent der von Mexiko in die USA exportierten Autos diese Voraussetzung. Für die übrigen 30 Prozent gebe es eine fünfjährige Anpassungsfrist. Ein dritter Knackpunkt war die Schlichtung von Handelsstreitigkeiten. Dafür sah der ursprüngliche Vertrag binationale Panels vor, die Trump durch heimische Gerichte ersetzen wollte. Das ist weder für Mexiko noch Kanada akzeptabel, da diese Prozesse langwierig und teuer sind. Dieser Punkt wird Videgaray zufolge diese Woche unter Beteiligung Kanadas weiter verhandelt.
Kompromiss bei Lohnniveau
Mexikos Wirtschaft und Börse reagierten positiv auf die Ankündigung. Die Börse legte um 1,3 Prozent zu, der mexikanische Peso um 1,7 Prozent. Juan Pablo Castañon vom Unternehmerverband sprach von einem „guten Vertrag“ , der die Prinzipien des Freihandels gerettet habe. „Wir Unternehmer sind begeistert. Das Abkommen erlaube eine Modernisierung der mexikanischen Wirtschaft dank neuer Technologie und mehr Wertschöpfung. Eine Erhöhung der mexikanischen Löhne, wie sie Trump gefordert hatte, ist offenbar vom Tisch und soll damit gelöst werden, dass künftig 40 Prozent eines in den USA verkauften Autos von Arbeitern, die mindestens 16 US-Dollar Stundenlohn verdienen, gefertigt sein müssen. In Mexiko liegt der Stundenlohn in der Autoindustrie bei derzeit nicht einmal 3 US-Dollar.
Abkommen ohne Kanada?
Auf mexikanischer Seite war mit Jesus Seade auch ein Vertreter der neuen Regierung, die am 1. Dezember ihr Amt antreten wird, beteiligt. In den vergangenen Tagen hatte es Unstimmigkeiten gegeben, weil die neue Regierung die Teilprivatisierung des Energiesektors rückgängig machen will, was durch die Verankerung im Handelsvertrag unmöglich würde. Seade zeigte sich nun aber ebenfalls zufrieden mit dem Abkommen. „Es schafft Stabilität und Attraktivität für neue Investitionen“, sagte er. Das Energiekapitel bleibe bestehen, beschneide aber nicht die verfassungsmäßige Hoheit der Regierung in der Energiepolitik, sagte er etwas kryptisch.
Auf US-Seite ist jedoch unklar, ob der Vertrag ohne Kanada rechtlich überhaupt zustande käme. Für den Abschluss eines bilateralen Abkommens bräuchte Trump Experten zufolge eine Genehmigung vom US-Kongress, da das aktuelle Mandat nur die trilaterale Neuverhandlung von Nafta vorsieht. Deshalb ließ Trumps Handelsbeauftragter Robert Lighthizer durchblicken, dass er auf eine Vereinbarung aller drei Länder hoffe.
Autorin: Sandra Weiss