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Mexiko: Ein Drogenkartell macht Schule

Wegen Corona sind in Mexiko die Schulen geschlossen, der Unterricht findet online oder übers Fernsehen statt. Doch nicht alle haben dazu Zugang. Dort wo der Staat nicht hilft, springt die Drogenmafia ein.

(Symbolfoto) Schüler in Mexikos Bundesstaat Chiapas. Foto: Jürgen Escher/ Adveniat 

Seit Beginn der Coronapandemie haben Mexikos Schulkinder Unterricht nur noch online oder stundenweise per Schulfernsehen. Die allerärmsten jedoch, die weder Internet noch Fernseher haben, blieben bislang außen vor. Wie die Kinder des Viertels Ampliación Bicentenario im Süden der Stadt Culiacán im Bundesstaat Sinaloa. Die Siedlung ist rund um die städtische Müllkippe entstanden, die Erwachsenen leben vom Recycling, viele sind Analphabeten. „Seit März liegen wir den Behörden in den Ohren, etwas für uns zu tun, aber sie haben nichts unternommen“, erzählte Adilene Quiñones nun dem TV-Sender Milenio. „Es hieß immer, es gebe kein Geld und Vorrang habe die Bekämpfung von Corona.“

Drogenkartell springt ein für Staat

Gehör fanden die Eltern schließlich beim örtlichen Drogenkartell, dem von Sinaloa. Dessen Chef, Joaquin „El Chapo“ Guzmán Loera ist zwar in den USA zu lebenslänglicher Haft verurteilt, seine Söhne aber führen das Geschäft weiter. Wie der Vater schießen sie nicht nur mit Schnellfeuerwaffen um sich und transportieren gepanzerte Pickups voller Drogen, sondern werben mit PR-Aktionen auch um die Gunst der Bevölkerung. Zu Beginn der Pandemie teilte das Kartell bereits Lebensmittelpakete an die Bevölkerung aus. Nun spendierte es den Kindern von Ampliación Bicentenario Computer, Bildschirme, Drucker, Stühle und Tische, Uniformen, einen Internetanschluss und Schuhe. Unter einem provisorischen Wellblechdach findet seit einigen Tagen Unterricht statt. Rund 90 Kinder vom Kindergarten bis zum Grundschulalter werden von sieben freiwilligen Lehrerinnen betreut. Der Andrang sei sogar noch größer, berichtete Quiñones.

„Willkommen in der Provisorischen Schule Ampliación Bicentenarior“, prangt auf einem Transparent; ein etwas diskreteres Banner mit den goldenen Lettern JGL auf schwarzem Grund stellt schon am Eingangszaun klar, wem das Werk zu verdanken ist. „Ein paar Männer sind gekommen und fragten uns, was wir brauchten“, erzählte ein Mädchen dem TV-Sender. „Sie brachten alles vorbei, auch die Uniformen und Stifte für die Kinder“, fügt Kindergärtnerin Esmeralda hinzu. Auf den Kartons prangen gut sichtbar ebenfalls die Initialen des Drogenbosses. Ihr sei egal, wer das Ganze finanziere, wichtig sei, dass die Kinder endlich Unterricht hätten, betonte Esmeralda. Bedingungen hätten die Gönner nicht gestellt. Derzeit gibt es für die Schüler auch täglich ein Pausenbrot vom Kartell.

„Küsse statt Schüsse“ bisher ohne Erfolg 

Der Bildungsminister von Sinaloa, Juan Alfonso Mejía, zeigte sich zunächst überrascht, erklärte dann aber dem Sender, man prüfe, wie die Schule ins offizielle System eingliedert werden könne.  „Nur dann können die Abschlüsse anerkannt werden“, sagte er. Mexikos Regierung hat sich vom Drogenkrieg distanziert.  Der linksnationalistische Präsident Andrés Manuel López Obrador fährt eine Strategie namens „Küsse statt Schüsse“, mit der er den Kartellen die soziale Basis streitig machen will. Bislang zeitigte das jedoch keinen Erfolg, es werden weiterhin über 35.000 Menschen jedes Jahr ermordet. Die Kartelle fordern die Regierung inzwischen immer offener heraus. Als Elitesoldaten vor einem Jahr in einer mit der US-Antidrogenbehörde DEA koordinierten Aktion einen der Söhne des Chapo Guzmán festnahmen, verwandelten Heerscharen von Killern des Kartells  Culiacán für mehrere Stunden in ein Schlachtfeld, bis López Obrador die Freilassung von Guzmán Junior anordnete. Dessen Großmutter, Maria Consuelo Loera, bedankte sich einige Zeit später bei einem angeblich „zufälligen Treffen“ in den Bergen von Sinaloa persönlich beim Staatschef für die Freilassung.

Autorin: Sandra Weiss 

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