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Mexiko: Drei ermordete Journalisten in drei Wochen

Lourdes Maldonado ist die dritte in Mexiko in diesem Jahr ermordete Medienschaffende. Die Journalistin hatte Präsident Andrés Manuel López Obrador vor drei Jahren persönlich um Hilfe gebeten.

Drei Journalisten wurden in diesem Jahr in Mexiko bereits ermordet. Foto (Symbolbild): júbilo haku, CC BY-NC-ND 2.0

Drei Journalisten wurden in diesem Jahr in Mexiko bereits ermordet. Foto (Symbolbild): júbilo hakuCC BY-NC-ND 2.0

Lourdes Maldonado war in Angst um ihr Leben, als sie sich vor fast drei Jahren zu einem ungewöhnlichen Schritt entschloss. Die Journalistin aus der Grenzstadt Tijuana im Norden des Landes reiste am 26. März 2019 ins ferne Mexiko-Stadt und bat Präsident Andrés Manuel López Obrador persönlich um Hilfe: „Ich bin hierhergekommen, um Sie um Unterstützung in meinem Arbeitsrechtsstreit zu bitten, denn ich fürchte um mein Leben,“ sagte sie dem Staatschef bei seiner täglichen Pressekonferenz. Mexiko ist berüchtigt dafür, lebensgefährlich für Medienschaffende zu sein, die in den Fokus der Organisierten Kriminalität, von Politikern oder den Sicherheitskräften geraten. Und genau das war Maldonado passiert. 
 
Sie war von dem Medienunternehmen PSN in Tijuana gekündigt worden und prozessierte anschließend jahrelang gegen ihre Entlassung. An López Obrador wandte sie sich direkt, weil PSN dem Freund und Parteigenossen des Präsidenten, Jaime Bonilla gehört. In Mexiko sind Politiker öfters an Zeitungen und TV-Kanälen beteiligt. 
 
Maldonado war wie so viele andere Medienschaffende in Mexiko in der Vergangenheit immer wieder bedroht worden und produzierte zuletzt ihre eigene im Internet veröffentlichte Radio- und Fernsehsendung mit dem Titel „Brebaje", in der sie sich auf lokale Nachrichten fokussierte und wiederholt Vetternwirtschaft im Bundesstaat Baja California anprangerte, wo Tijuana liegt.
 
Nun ist die Journalistin tot. Unbekannte töteten Maldonado am Sonntag in Tijuana in ihrem Fahrzeug aus einem fahrenden Auto heraus mit mehreren Schüssen. Wenige Tage zuvor hatte ein Gericht ihr im Arbeitsrechtskonflikt Recht gegeben.

Unaufgeklärte Morde

Maldonado ist bereits das zweite Opfer in Tijuana in einer Woche und das dritte in diesem Jahr. Zuvor war der 49 Jahre alte Fotojournalist Margarito Martínez in der Grenzstadt beim Verlassen seines Hauses erschossen worden. Und am 10. Januar erstachen Unbekannte in Veracruz im Südosten Mexiko José Luis Gamboa, den Direktor eines Online-Portals. Alle drei Opfer berichteten immer wieder über die Themen Gewalt, Drogenkriminalität und mögliche Verquickung zwischen Behörden und Organisiertem Verbrechen.
 
Mexiko wird von Journalistenschutzorganisationen als das gefährlichste Land der Welt eingestuft. Vergangenes Jahr starben mindestens sieben Medienschaffende. Laut Reporter ohne Grenzen (ROG) wurden in den vergangenen fünf Jahren 47 Journalistinnen und Journalisten im Zusammenhang mit ihrer Arbeit getötet, 25 allein seit dem Amtsantritt von Präsident López Obrador im Dezember 2018.
 
Der Präsident reagierte auf die Todesnachricht erschüttert: „Das schmerzt sehr“, sagte er am Montag und versprach, was Machthaber in einer solchen Situation immer sagen: dass der Fall aufgeklärt werde. Solchen Worten folgen aber in Mexiko so gut wie nie Taten. 98 von 100 Morden bleiben in dem lateinamerikanischen Land unaufgeklärt. 

"Die Gewalt ist eine Konstante"

López Obrador wandte sich dagegen, bei der Tat Verbindungen zu seinem Freund Jaime Bonilla zu ziehen, der von Juni 2019 bis Ende vergangenen Jahres Gouverneur von Baja California war. „Man kann einen arbeitsrechtlichen Konflikt nicht automatisch mit einer Straftat in Verbindung bringen, voreilige Schlüsse sind unverantwortlich“, betonte der Präsident.
 
Es sind genau solche Sätze, die Menschen wie Emmanuel Colombié oder Jan-Albert Hootsen erzürnen. „Die große Hoffnung, die Journalistinnen und Journalisten mit der Amtszeit von López Obrador verbanden, sind krass enttäuscht worden“, sagte Colombié, ROG-Lateinamerika-Direktor, dieser Zeitung. Unter seiner Präsidentschaft habe sich nichts zum Schutz von Reportern und Redakteurinnen verbessert. „Es gibt keine strukturellen Veränderungen, die staatlichen Schutzmechanismen wirken nicht, die Straflosigkeit ist erschreckend und der Teufelskreis der Gewalt setzt sich unvermindert fort“, unterstreicht Colombié. 
 
Laut Hootsen vom „Committee to Protect Journalists“ (CPJ) ist Mexiko das einzige Land, in dem unabhängig von wechselnden Regierungen das Ausmaß der tödlichen Gewalt gleich hoch bleibe. „Die Gewalt ist eine Konstante“, erklärte Hootsen gegenüber der spanischen Tageszeitung "El País“. In seinen drei Jahren an der Macht sei López Obrador weder in der Lage noch anscheinend wirklich gewillt gewesen, „die Morde an Journalisten, Verteidigern und Aktivisten aufzuklären oder zu verhindern“.
 
Emmanuel Colombié geht noch einen Schritt weiter in seiner Kritik. Der Linkspräsident pflege darüber hinaus selbst einen „stigmatisierenden Diskurs“ gegen kritische Medienschaffende. „Gerade die täglichen Pressekonferenzen nutzt der Präsident dazu, Reporter zu attackieren“, betont der ROG-Lateinamerika-Vertreter.

Autor: Klaus Ehringfeld, Mexiko

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