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Lateinamerika: Zweifelhafte Medikamente gegen Corona

Steigende Infektionszahlen, die Unsicherheit und das negative Vorbild populärer Politiker sorgen dafür, dass in Lateinamerika die Nachfrage nach fragwürdigen Präparaten gegen das Corona-Virus steigt. Dubiose Medikamentencocktails, Desinfektionsmittel, aber auch retrovirale Präparate kursieren - nicht nur in den sozialen Medien. 

Corona, Mundnasenschutz, Brasilien

Zubereitung von Erbsen mit Mundnasenschutz, um sich vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus zu schützen. Symbolbild (Quilombo Brasilien): Adveniat/Florian Kopp

Fotos von Interimspräsidentin Jeanine Áñez mit ihrem Anhänger, auf dem „Virus Ausgeschlossen dank Chlordioxid“ steht, gibt es genauso wie jene vom Ex-Fußballstar Julio César Baldivieso, der im Fernsehen von „dióxido de cloro“ schwärmt. Chlordioxid ist ein Bleichmittel und Desinfektionsmittel für Schwimmbäder, welches nicht nur in Bolivien mitten in der Corona-Pandemie extrem populär ist, sondern auch in Peru und Ecuador. Auf die Risiken von Chlordioxid haben Medien wie „Ecuador Chequea“, die peruanische Tageszeitung „El Comercio“ und die bolivianische „El Deber“ aufmerksam gemacht. Doch der Hype in den sozialen Netzwerken reiße nicht ab, so Elmer Huerta, peruanischer Arzt mit Wohnsitz in Washington. Für ihn ist Selbstdiagnose und Medikamentierung in Zeiten von Covid-19 schlicht ein Gesundheitsrisiko, schreibt er in einem Kommentar für die größte Tageszeitung Perus „El Comercio“. Das „Wundermittel“, oft als MMS (Solución Mineral Milagrosa) beworben, welches dubiosen Wissenschaftlern zufolge den Organismus reinige, verätze die Organe und gefährde die Atmungsorgane.

Leichtgläubigkeit und Falschinformationen

Trotz all der Warnungen läuft der Handel mit MMS oder CDS zwischen Lima, Quito und La Paz exzellent, denn mit der Leichtgläubigkeit der Menschen lässt sich Geld verdienen, so Juan Cuvi, Direktor der Gesundheitsorganisation Donum mit Sitz in Cuenca ganz im Süden Ecuadors. „Mehr Information von Seiten der Regierung, mehr Transparenz und das systematische Dementieren von Falschinformationen durch die Gesundheitsbehörden“, fordert er von der Regierung in  Quito.

Doch das leisten nur wenige Ministerien in Lateinamerika. Präparate wie das von US-Präsident Donald Trump und von seinem brasilianischen Kollegen Jair Bolsonaro eingenommene Hydroxychloroquin, ein Malariamittel, werden gehypt, obwohl sie von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nicht zur Prophylaxe oder zur Therapie von Covid-19-Patienten empfohlen werden. Der Grund seien die Risiken für an Herzerkrankungen leidende Patienten, so die WHO-Experten. Auch ein neues russisches Medikament namens Avifavir oder das in Lateinamerika besonders präsente Ivermectina gehören zu den Präparaten, die beworben werden, obwohl keine klinischen Studien vorliegen und keine WHO-Empfehlung.

Selbstmedikation birgt Gesundheitsrisiken

Ivermectina ist ein Präparat, welches gegen Parasiten, darunter Darmwürmer, eingesetzt wird. Laut WHO gibt es bislang keine ausreichenden klinischen Tests für seine Wirksamkeit gegen Corona. Gleichwohl ist das Präparat in Peru, Bolivien und Teilen Brasiliens im Einsatz – mit Billigung der Gesundheitsbehörden. Das ist umso gravierender, da es in Lateinamerika immer wieder Fälle von Selbstmedikation mit negativen Folgen für die Gesundheit der Betroffenen gibt. Ein prägnantes Beispiel ist das Vorgehen des Bürgermeisters von Cali in Kolumbien, der hunderte Dosen des Medikaments für Covid-19 Patienten Anfang Juli freigab. „Nicht untätig dastehen, während sich die Krankheit ausbreitet“, wollte Bürgermeister Jorge Iván Ospina und verwies dabei auf positive Berichte aus dem Nachbarland Ecuador. Mitte Juli wurde der vorschnelle Bürgermeister dann von Gesundheitsminister Fernando Ruiz zurückgepfiffen. Ruiz brachte eine Studie zur Wirksamkeit von Ivermectina auf den Weg. Für Claudia Vaca, Expertin an der Nationaluniversität Kolumbiens, ist der Ansturm auf zweifelhafte Präparate nichts anderes als der Wunsch nach einem Wunder. Doch der könnte auch zum Bumerang für die Gesundheit der Patienten werden. 

Autor: Knut Henkel

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