Lateinamerika: Wegen Corona geschlossene Schulen verschärfen Bildungsungleichheit
Während überall auf der Welt die Schulen trotz der Corona-Pandemie wieder öffnen, bleiben sie in Lateinamerika und der Karibik mehrheitlich geschlossen - mit schwerwiegenden Folgen für eine ganze Generation, wie das Kinderhilfswerk UNICEF bemängelt.

Lernen mit Maske in kleinen selbstorganisierten Gruppen außerhalb der Schule - so sieht der Alltag für viele Kinder und Jugendliche in Lateinamerika derzeit aus. Foto (Brasilien): Adveniat/Florian Kopp
Eine ganze Generation von Kindern in Lateinamerika und der Karibik kann wegen der Corona-Pandemie nicht zur Schule gehen. Einem jüngsten Bericht des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) zufolge, würden 97 Prozent aller schulpflichtigen Kinder in der Region durch die Corona-Einschränkungen am Schulbesuch gehindert. Damit würden 137 Millionen Mädchen und Jungen keine direkte Schulbildung erhalten, so das auf der UNICEF-Webseite veröffentlichte Papier.
Zwangspause mit "schwerwiegenden Folgen"
Seit Beginn der Schulschließungen hätten zwar rund 42 Millionen Schülerinnen und Schüler Fern- und Heimunterricht über Radio, Fernsehen, Internet und andere Plattformen erhalten. Neue UNICEF-Schätzungen deuten jedoch darauf hin, dass trotz der Bemühungen der Regierungen nur 50 Prozent der Schülerinnen und Schüler öffentlicher Schulen Zugang zu Fernunterricht hat. In Privatschulen seien es 75 Prozent.
Während die Schulen in mehreren Teilen der Welt nach und nach wieder geöffnet würden, bliebe die große Mehrheit der Klassenräume in der gesamten Region geschlossen. Mehr als ein Drittel aller Länder Lateinamerikas und der Karibik hätten noch kein Datum für die Wiedereröffnung von Schulen. Für jedes Kind und jeden Jugendlichen habe die Zwangspause "schwerwiegende Folgen für ihre Zukunft", fordern die Studienautoren die Wiederöffnung der Schulen. Jeder Tag, der mit geschlossenen Schulen vergehe, sei "eine Katastrophe für die Generation".
Corona vergrößert Bildungslücke zwischen Arm und Reich
Keine Schulbildung habe "tiefgreifende Folgen für die gesamte Gesellschaft". Der Erfolg staatlicher Bildungspolitik seit der Jahrtausendwende sei durch die Pandemie bedroht. Es könne sein, dass "Millionen der am stärksten gefährdeten Schülerinnen und Schüler möglicherweise nicht in die Schule zurückkehren", warnt Bernt Aasen, UNICEF-Regionaldirektor für Lateinamerika und die Karibik in einer Presseerklärung. Für diejenigen, die keinen Computer, kein Internet und "nicht einmal einen Platz zum Lernen haben, ist das Lernen von zu Hause aus zu einer nicht zu bewältigenden Herausforderung geworden", sieht Aasen die Bildungslücke zwischen Arm und Reich in der Region weiter auseinandergehen. (bb)