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Lateinamerika im Wettlauf zwischen Delta und Impfungen

Trotz steigender Impfquoten haben viele Länder Lateinamerikas mit hohen Corona-Inzidenzzahlen zu kämpfen. Die Delta-Variante sorgt unter anderem in Kuba, Venezuela und Guatemala für überlastete Krankenhäuser. Impfwillige gibt es genug, aber oft mangelt es an Impfstoff. Sandra Weiss gibt einen Überblick:

Eine Migrantin der Garifuna-Ethnie aus Guatemala geht mit ihrem Sohn zur Krankenstation der Herberge "Casa Mambré" in Mexiko-Stadt. Wegen der Corona-Pandemie müssen sie zwei Wochen in Quarantäne bleiben. Foto: Adveniat/Hans-Máximo Musielik

Eine Migrantin der Garifuna-Ethnie aus Guatemala geht mit ihrem Sohn zur Krankenstation der Herberge "Casa Mambré" in Mexiko-Stadt. Wegen der Corona-Pandemie müssen sie zwei Wochen in Quarantäne bleiben. Foto: Adveniat/Hans-Máximo Musielik

Voriges Jahr gehörte Kuba noch zu den Ländern, die Covid-19 gut gemeistert hatten. Rasche Grenzschließungen konnten das Schlimmste verhindern; die Infektionsrate gehörte zu den niedrigsten weltweit. Außerdem investierte die sozialistische Inselregierung sofort in die Entwicklung von Impfstoffen. Doch obwohl mittlerweile schon 44 Prozent der Bevölkerung wenigstens eine Dosis mit einem heimischen Vakzin erhielten, stellt die Delta-Variante die durch Proteste und eine Wirtschaftskrise ohnehin angeschlagene Regierung auf eine harte Probe. 

Corona-Welle in Kuba

Während im Vorjahr gerade einmal 12.225 Covid-Infektionen registriert wurden, sind es bislang 50 Mal so viele. Delta läßt Krankenhäuser unter dem Ansturm von rund 9.000 neuen Patienten täglich kollabieren; dann fiel auch noch die nationale Sauerstoff-Fabrik aus. „Das US-Embargo verschlimmert die Lage“, sagte eine Ärztin aus Havanna lokalen Journalisten. „Wir haben keine Antibiotika, keine Schmerzmittel, keinen Sauerstoff, keine Handschuhe, und fast alle Medikamente sind aus.“ Oft bleibt nur noch der Griff zu Heilkräutern.

Da hilft es auch wenig, dass die Regierung hunderte von entsandten Ärzten aus dem Ausland zurückholte – und damit auf bitter benötigte Deviseneinnahmen verzichtet. Wenig hilfreich war zudem, dass Ministerpräsident Manuel Marrero den Medizinern vorwarf, die Patienten schlecht zu behandeln. „Wir wollen Menschenleben retten“, antwortete darauf der Herzchirurg Daily Almaguer in einem Facebook-Video, in dem zwei Dutzend Ärzte in einer für Kuba ungewöhnlichen Aktion die Regierung kritisierten. „Wir sind nicht verantwortlich für den Kollaps des Gesundheitssystems.“ Die Ärzte wurden inzwischen verwarnt.

Hohe Inzidenzen trotz steigender Impfquoten

Doch nicht nur Kuba ächzt unter der Delta-Variante. Wenig besser sieht es in Guatemala, Paraguay, Venezuela und Honduras aus, wo die Krankenhäuser ebenfalls kollabieren. Auch in Mexiko übersteigen die Infektionen inzwischen den bisherigen Rekord vom Januar. Ähnliches wird aus Costa Rica gemeldet. Und das, obwohl in beiden Ländern die Impfungen gut vorankommen (Costa Rica hat 60 Prozent seiner Bevölkerung mindestens einmal geimpft, Mexiko 44 Prozent). „Möglicherweise wiegen sich die Menschen durch die Impfung in Sicherheit und lockern ihre Hygienemaßnahmen“, vermutet Costa Ricas Gesundheitsminister Daniel Salas. Er startete deshalb eine Aufklärungskampagne. 

Verwunderlich wäre das nicht. Den beiden regionalen Impfchampions Chile und Uruguay erging es ähnlich. Zwischen April und Juni stiegen dort die Infektionen schneller als die Impfungen. Mittlerweile aber sind in Chile 69 und in Uruguay 71 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft - was sich in drastisch sinkenden Infektionszahlen trotz Delta niederschlägt. 

Brasiliens Präsident Bolsonaro streut Fake News

Mehr zu kämpfen hat Brasilien. Dort kommen die Impfungen zwar ebenfalls voran – inzwischen haben 60 Prozent der Brasilianerinnen und Brasilianer mindestens eine Dosis bekommen. Doch seit Beginn der Pandemie durchlebt das Land eine Achterbahnfahrt mit teilweise dramatischen Szenen in verschiedenen Regionen, insbesondere im Amazonasgebiet oder städtischen Ballungszentren. Ein Großteil der Verantwortung dafür trägt der rechtsextreme Präsident Jair Bolsonaro. Er boykottiert Quarantänen und Hygienekonzepte und hetzt die Bevölkerung gegen die Impfung auf, etwa indem er Gerüchte streut, Geimpfte würden sich in Reptilien verwandeln. Dennoch ist die Zahl der Impfgegner in Brasilien und in Lateinamerika generell sehr gering, hat eine Umfrage des Ipsos-Instituts ergeben. Demnach misstrauen nur  Prozent der Brasilianer und 12 Prozent der Mexikaner der Impfung – gegenüber 29 Prozent in Deutschland und 50 Prozent in Russland. 

Wenig Impfgegner, aber zu wenig Impfstoff

Ein größeres Problem für die Region sind fehlende Impfstoffe. Ärmere Länder wie Guatemala, Honduras, Haiti und Venezuela haben bislang nur sehr wenig Dosen kaufen können; der Covax-Mechanismus der WHO konnte dies nicht kompensieren. Argentinien, das vor allem auf den russischen Impfstoff Sputnik setzte, litt unter Lieferverzögerungen des russischen Labors. Wegen des unregelmäßigen und tröpfelnden Nachschubs zögern inzwischen viele Länder die zweite Dosis heraus. Die Erstgeimpften befinden sich so oft monatelang in Ungewissheit, wie effektiv ihr Schutz nun ist.

Autorin: Sandra Weiss

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