Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat: Haitianer wünschen sich Wandel

Lovelie Dieudonné mit ihren vier Kindern in ihrem Haus in Corail. Corail ist ein Armenviertel im Norden von Port-au-Prince. Nach dem Erdbeben vom Januar 2010 zunächst als provisorisches Flüchtlingslager geplant, wohnen hier inzwischen ca. 400.000 Menschen unter schwierigen Bedingungen. Foto: Martin Steffen/Adveniat
Zehn Jahre nach dem schweren Erdbeben in Haiti wünscht sich die Bevölkerung nach Expertenangaben einen grundlegenden Wandel in dem Land. "Die Menschen wollen ein Ende der Korruption und eine neue Führungsriege", berichtete die Haiti-Referentin des Lateinamerika-Hilfwerks Adveniat, Margit Wichelmann, am Montag, 6. Januar 2020, in Essen. Sie beobachte eine neue Einigkeit in der Bevölkerung.
"Die Menschen sind nicht länger bereit, die himmelschreienden Ungerechtigkeiten einer Zwei-Klassen-Gesellschaft als Gott gegeben hinzunehmen", so Wichelmann. Deswegen demonstriere die haitianische Bevölkerung beispielsweise seit Monaten wegen veruntreuter Milliarden des Petro-Caribe-Fonds. Das Geld aus verbilligten Ankäufen von Erdöl aus Venezuela war für den Aufbau der Infrastruktur und Hilfsprojekte gedacht. Korrupte Politiker bedienten sich aber auch aus jenem Fonds. Die Proteste nach der Aufdeckung des Skandals hätten das öffentliche Leben in Haiti praktisch zum Erliegen gebracht, so Wichelmann.
"Aufgedeckt wurde nur die Spitze des gigantischen Eisbergs Korruption", erklärte die Adveniat-Referentin. Große Teile der milliardenschweren Hilfe, die nach dem Erdbeben anlief, seien ebenfalls der Korruption in Haiti zum Opfer gefallen. "Die Hilfe kam unkoordiniert von außen und war leider viel zu oft mit wirtschaftlichen Eigeninteressen der Geber verquickt." Das meiste Geld sei in den Taschen der reichen Elite des Landes gelandet. Wer wünsche, dass die Hilfe tatsächlich bei den mehr als zwei Dritteln Haitianern, die unterhalb der Armutsgrenze lebten, ankomme, müsse "vertrauenswürdige Partner an der Basis fördern".