Landesweite Demonstrationen für Demokratie in Brasilien
In ganz Brasilien haben Menschen rund sieben Wochen vor den Präsidentschaftswahlen für Demokratie demonstriert. Sie protestieren damit auch gegen den Versuch des Präsidenten, das elektronische Wahlsystem öffentlich zu diskreditieren.

"Solange es Rassismus und religiöse Intertoleranz gibt, wird es keine Demokratie geben", steht auf diesem Plakat einer Anti-Bolsonaro-Demonstration, die am 2. Oktober 2021 durch die Straßen von Rio de Janeiro zog. Foto: Adveniat/Tobias Käufer
Zehntausende Menschen in Brasilien haben in zahlreichen Städten für die Demokratie demonstriert. Das berichteten Medien am Donnerstagabend, 11. August 2022 (Ortszeit). Knapp sieben Wochen vor den Präsidentschaftswahlen wollten sie demnach ein Zeichen setzen zur Stärkung der demokratischen Institutionen und gegen mögliche Versuche, die Wahlen zu diskreditieren. Der rechtsextreme Präsident Jair Messias Bolsonaro hatte Zweifel an den elektronischen Wahlurnen geäußert und damit Befürchtungen ausgelöst, dass er eine Niederlage nicht akzeptieren könnte.
Die Demonstrationen fanden in allen 27 Hauptstädten der brasilianischen Gliedstaaten statt. Das Hauptaugenmerk der Proteste lag auf zwei Offenen Briefen für die Demokratie, die in der Metropole São Paulo verlesen wurden. Der erste Brief war vom Industrieverband São Paulo initiiert und von über 100 Organisationen unterzeichnet worden. Der zweite, von Juristen verfasste Text wurde bereits von über einer Million Prominenter und Bürger online unterzeichnet, darunter auch Repräsentanten der katholischen Kirche Brasiliens.
Bolsonaro schürt Zweifel an Wahlsystem
Die Briefe und die Demonstrationen sind eine Folge der Versuche von Präsident Bolsonaro, Zweifel an der Sicherheit der elektronischen Wahlurnen und der Unabhängigkeit des Obersten Wahlgerichts zu streuen. Dieses unterstütze den oppositionellen Gegenkandidaten Luiz Inacio Lula da Silva, so Bolsonaro. Lula, der bereits von 2003 bis Ende 2010 Präsident war, liegt in Umfragen deutlich vor dem Amtsinhaber. Bolsonaro fordert, dass die Wahlen am 2. Oktober sowie eine mögliche Stichwahl am 30. Oktober durch das Militär überwacht werden. Die Wahlbehörden lehnen dies ab.
Auch Brasiliens Bischofskonferenz trägt zu den Aktionen zur Stärkung der Demokratie bei. So boten Universitätsprofessoren in den vergangenen Tagen einen kostenlosen Online-Kurs zum Thema "'Fake News', Religion und Politik" an. Zur Eröffnung des Kurses unterstrich der Vorsitzende der Brasilianischen Bischofskonferenz, Walmor Oliveira de Azevedo, die Wichtigkeit, dem "Klima von Feindschaft" in den Sozialen Netzwerken entgegenzutreten. "Dort glauben viele, dass sie das Recht haben, zu sagen, was ihnen passt, ohne wahrheitsgetreu zu sein und ethischen Prinzipien zu folgen", so der Erzbischof von Belo Horizonte.