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Kuba kämpft erfolgreich gegen Corona und hofft auf Joe Biden

Die zweite Welle der Corona-Pandemie scheint auf Kuba erfolgreich unter Kontrolle gebracht. Dafür kämpft das Land mit anderen Problemen. Ausgerechnet aus den USA könnten hoffnungsvolle Signale kommen.

Havanna, Kuba

Uferpromenade in Havanna, Kuba. Foto: Adveniat/Martin Steffen

Die Corona-Pandemie hat Kuba bisher vergleichsweise gut in den Griff bekommen. In der vergangenen Woche vermeldete Havanna erstmals seit drei Monaten null Neuansteckungen. Die täglichen Infektionszahlen in der Hauptstadt bewegen sich im einstelligen Bereich. Auch im Rest des Landes scheint die Lage unter Kontrolle.

"Wenn es eine Notfall-Situation wie diese Pandemie gibt, wird in Kuba alles danach ausgerichtet", sagt Abel Álvarez, der als Sportfunktionär arbeitet und zusammen mit seiner Frau zwei kleine Apartments im Stadtteil Centro Habana in Havanna vermietet. "Wir hatten in unserer Familie zwei Verdachtsfälle, wir haben also das Prozedere aus erster Hand mitbekommen: von der Poliklinik bis zur Isolation mit PCR-Tests und medizinischer Betreuung. Kuba ist in diesem Sinne sehr effizient gewesen."

Tatsächlich steht Kuba mit insgesamt 6595 Infektionen und 128 Todesfällen (Stand Montag, 26.10.) vergleichsweise gut da. Verantwortlich für den Erfolg sind mehrere Faktoren: Kubas flächendeckendes Gesundheitssystem, das Erfahrungen mit Epidemien hat, die konsequente Nachverfolgung der Infektionsketten sowie die Maskenpflicht in der Öffentlichkeit.

Die Pandemie-Bekämpfung kostet aber auch Geld, weiß Álvarez. Geld, das der Staat im Grunde nicht hat.

Wichtige Deviseneinnahmen fehlen

Wegen des Corona-bedingten Einbruchs des Tourismus fehlen Kuba wichtige Deviseneinnahmen. Dazu verschärft US-Präsident Donald Trump die Blockade beinahe im Wochentakt. "Das aktuelle Panorama der kubanischen Wirtschaft ist ziemlich kompliziert, wenn man in Rechnung stellt, dass einer der wichtigsten Sektoren der vergangenen Jahre, der Tourismus, praktisch auf Null ist", sagt der kubanische Ökonom Omar Everleny, früher an der Uni Havanna, heute als unabhängiger Berater tätig.

Abel Álvarez bleibt trotzdem zuversichtlich. "Wir haben gründlich sauber gemacht, die Klimaanlagen gewartet, die Warmwasserversorgung überholt und auch am Gebäude selbst einiges verbessert. Wir sind bereit, Touristen zu empfangen", sagt der 46-Jährige.

Und tatsächlich könnte es bald schon wieder soweit sein. Am Sonntag landete der erste Ferienflieger mit 239 Reisenden aus Großbritannien in Varadero. Auch der deutsche Ferienflieger Condor wird den kubanischen Badeort ab 31. Oktober drei Mal wöchentlich von Frankfurt am Main und Düsseldorf aus anfliegen. Der Flughafen in Havanna dürfte demnächst ebenfalls öffnen.

"Neue Normalität"? Von wegen!

Mitte Oktober startete mit der sogenannten "neuen Normalität" eine neue Etappe in der Corona-Pandemie auf Kuba. Einen flächendeckenden Lockdown soll es nicht mehr geben. Restaurants, Cafés, Theater, Kinos und Strände öffnen wieder.

"Neue Normalität? In Holguín und Las Tunas ist von 'normal' nicht viel zu spüren", sagt Danielle Phillips. Die 26-jährige Gärtnerin pendelt gewöhnlich zwischen den beiden westlichen Provinzen Las Tunas, wo ihre Mutter lebt, und Holguín, wo sie einen Verkaufsstand für Zierpflanzen betreibt. Zwar seien Bars und Nachtklubs geöffnet und alle trügen Masken, dafür aber sei die Versorgungslage katastrophal.

Vor den Geschäften bildeten sich lange Warteschlangen, zum Teil ein bis zwei Tage vorher, erzählt sie. "Es kommt zu Streit zwischen den Leuten und viele bekommen am Ende nichts, denn es gibt nicht wirklich viel." Und das, obwohl die Regierung versuche, bestimmte Produkte zu rationieren, also nur eine bestimmte Menge pro Person zu verkaufen, z.B. Hühnchen, Speiseöl, aber auch Zahnpasta und Hygieneprodukte, so Phillips. "Für jede Art von Produkt wird angestanden, egal ob Lebensmittel oder Hygieneprodukte."

Wer Dollar hat, muss nicht Schlange stehen

Die Regierung hat auf die fehlenden Deviseneinnahmen und schwierige Versorgungslage mit Wirtschaftsreformen reagiert. Die angekündigten Maßnahmen umfassen mehr Autonomie für Staatsbetriebe, die Zulassung von kleinen und mittleren Unternehmen, Neuerungen in der Landwirtschaftspolitik und Änderungen in der Preis- und Steuerpolitik. Auch die Währungsreform soll nun endlich kommen.

"Wenn wir ehrlich sind, wurden die Reformen bereits vor der Krise begonnen", sagt Everleny. "Es stimmt aber auch, dass die Corona-Pandemie die Reformen beschleunigt hat, auch wenn sie noch immer recht langsam sind." Den eingeschlagenen Weg hält er für richtig. "Es ist durchaus auch eine politische Öffnung, Sachen zuzulassen, die bisher tabu waren."

Dazu zählt die Teil-Dollarisierung des Einzelhandels. "Hier hat sich die Flexibilität des Staates gezeigt", so Everleny. Um dringend benötigte Devisen einzunehmen, eröffnete die Regierung vor einem Jahr staatliche Devisenläden, in denen Haushaltsgeräte und Autoteile und seit Juni auch Lebensmittel und Hygieneartikel in ausländischen Währungen gekauft werden können. Dafür müssen Kubanerinnen und Kubaner bei einer staatlichen Bank ein Konto in US-Dollar einrichten, das mit einer Girokarte verbunden ist. Die Regierung spricht von MLC (Moneda Libremente Convertible), frei konvertierbarer Währung.

Álvarez hat ein solches Konto eröffnet, "um spezielle Produkte wie Kaffee zu kaufen", wie er sagt. In einem Devisenladen war er aber noch nicht. "Ich bin mit meiner Frau zu einigen Läden gefahren, aber nirgends gab es Kaffee. Letztlich haben wir von Freunden etwas Kaffee geschenkt bekommen."

Auch ist die Versorgungslage in der Hauptstadt etwas besser als im Rest des Landes, so dass er bisher noch keine Notwendigkeit gesehen hat, in einem Devisengeschäft einzukaufen.

Hoffen auf Joe Biden

Anders in Holguín. "Wenn es etwas gibt, dann in den Devisenläden", sagt Phillips. "In den CUC-Läden gibt es nur rationierte Produkte und fürchterliche, fürchterliche Schlangen." In den Devisenläden gebe es dagegen alles. Auch sie hat ein MLC-Konto eröffnet - mit 100 US-Dollar, die ihr ihr Vater, der im Ausland lebt, zu Weihnachten geschenkt hatte.

Aber nicht alle haben jemanden im Ausland, der Geld schicken kann. "Für Leute, die im Gesundheitssektor oder als Lehrer arbeiten und niemanden haben, der ihnen Geld schickt, ist es schwierig", sagt Álvarez. "Darüber wird viel diskutiert." Man stehe vor der Frage: "Retten wir das Schiff oder lassen wir es untergehen?"

Everleny hält die Einführung der Devisenläden trotzdem für richtig. Die funktionierten quasi als Exportmärkte. "Viele dieser US-Dollar sind ins Ausland geflossen, um in Mexiko oder Panama einzukaufen." Sie blieben nun im Land und ermöglichten dem Land, trotz Tourismus-Einbruchs zumindest ein paar Devisen zu erwirtschaften.

Für ein Licht am Ende des Tunnels könnten ausgerechnet die USA sorgen, wo in der kommenden Woche ein neuer US-Präsident gewählt wird. "Unter Joe Biden wird es weniger Sanktionen geben und er wird sich für bessere bilaterale Beziehungen einsetzen", hofft Álvarez. "Als Kubaner bin ich für Biden."

Quelle: Deutsche Welle, Autor: Andreas Knobloch

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