Kandidatur eines Ex-Bischofs eröffnet Verfassungsdebatte
Nicht einmal einen Tag dauerte die Kandidatur des emeritierten Bischofs Onésimo Cepeda Silva für die im Juni stattfindenden Parlamentswahlen in Mexiko. Lang genug, um eine kontroverse Debatte über die Trennung von Staat und Kirche auszulösen und an einige Skandale des Kirchenmannes zu erinnern.
Montagmittag vermeldeten mexikanische Medien unisono, dass Cepeda bei den anstehenden Wahlen für die Mitte-Links-Partei Fuerza por México (Kraft für Mexiko) in Ecatepec im Bundesstaat Estado de México antreten werde. Am selben Abend erklärte Cepeda dann, er habe eine Kandidatur nie unterschrieben. Papst Franziskus hätte ihm bedeutet, dass er als lokaler Abgeordneter „Gefahr läuft, das Bischofsamt zu verlieren“. Daraufhin zog Cepeda seine Kandidatur zurück. „Ich werde mein Kirchenamt niemals aufgeben, um Abgeordneter zu sein – eine Idiotie von drei Jahren. Das wäre so, als würde ich meine Eltern für einen Teller Linsen verkaufen“, so der Bischof im Interview.
Als seine mutmaßliche Kandidatur Anfang der Woche publik wurde, sorgte das für viel Aufmerksamkeit – und den Vorwurf, gegen die Verfassung zu verstoßen. Die verbietet es nämlich Kirchenvertetern, ein öffentliches Amt zu bekleiden. Als emeritierter Bischof sei Cepeda weiterhin in der mexikanischen Bischofskonferenz registriert. Demnach hätte er fünf Jahre vor der Wahl all seine Kirchenämter niederlegen müssen.
Aber auch die Kirche selbst hat Normen, die die Annahme politischer Ämter einschränken. Die mexikanische Bischofskonferenz betonte in einer Erklärung, dass der emeritierte Bischof von Ecatepec als Mitglied der Bischofskonferenz „die nach den kanonischen Gesetzen vorgeschriebene Erlaubnis weder beantragt noch erhalten hat“, ein öffentliches Amt anzunehmen. Sie distanzierte sich daher von allen politischen Bestrebeungen des Geistlichen. Dennoch sei es letztlich an den staatlichen Institutionen, über die Rechtmäßigkeit einer Kandidatur Cepedas zu entscheiden.
Einer der umstrittensten Prälaten Mexikos
Der heute 84-Jährige war 1995 von Johannes Paul II. zum Bischof von Ecatepec im Norden der Hauptstadt Mexiko-Stadt ernannt worden. Siebzehn Jahre bekleidete Cepeda das Amt, bevor er 2012 mit Erreichen der Altersgrenze von 75 Jahren zurücktrat. Seine mutmaßliche Kandidatur war somit auch ein Schritt zurück in die Öffentlichkeit. Gleichzeitig wurde an Skandale des Stierkampfliebhabers erinnert, zu dessen Freunden die Ex-Präsidenten Enrique Peña Nieto und Vicente Fox gehören.
Aufgrund seiner Hobbys, Skandale und Verbindungen zu Geschäftsleuten und Politikern gilt Ceoeda als einer der umstrittensten Prälaten des Landes. Vor seiner Kirchenkarriere hatte er als Banker und Börsenhändler gearbeitet. Im Jahr 1992 gründete er mit dem Telekom-Magnaten und reichsten Mann Mexikos, Carlos Slim, das Kreditinstitut Inbursa Financiero.
Zu den Auseinandersetzungen um den Neubau eines Flughafens, bei denen es im Mai 2006 in der Kleinstadt San Salvador Atenco im Bundesstaat México unter dem damaligen Gouverneur Peña Nieto zu heftiger Polizeigewalt gegen Demonstranten kam, die sich dem Neubau eines Flughafens widersetzten, ist von Cepeda der Spruch überliefert, dass das Flugterminal hätte gebaut werden sollen, selbst wenn „eine Person oder 500“ gestorben wären.
Vor einigen Jahren wurde ihm vorgeworfen, an der Vortäuschung eines Millionen-Darlehens beteiligt gewesen zu sein, um eine der wertvollsten Kunstsammlungen des Landes zu ergattern. Cepeda bestand darauf, Olga Azcárraga Madero, Gründerin der Firma Arthinia Internacional und Schwester des Präsidenten des Verwaltungsrates der Grupo Fórmula, Rogerio Azcárraga Madero, 130 Millionen Dollar geliehen zu haben. Als Azcárrega starb, behauptete Cepeda, dass der Schuldschein eine Reihe von Kunstwerken als Sicherheit für das Darlehen enthielt, darunter Werke von Rufino Tamayo, Frida Kahlo, Diego Rivera, Marc Chagall, Pablo Picasso, Salvador Dalí und Francisco de Goya. Schließlich verhinderte ein Gerichtsurteil die Vollstreckung des Haftbefehls gegen den emeritierten Bischof. Bereits damals liebäugelte er damit, in die Politik zu gehen.
Der Vorsitzende von Fuerza de México, Gerardo Islas, verteidigte die Kandidatur Cepedas. Mit seinem Abgang 2012 sei dieser in den Ruhestand getreten und aus diesem Grund ein Bürger, der wählen und gewählt werden könne. Mit seiner Rolle rückwärts bereitete Cepeda der Diskussion aber nun selbst ein Ende.