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Argentinien, Venezuela |

Iran hilft Venezuelas Petroindustrie - für Gold

Gemeinsam unter Druck durch die USA intensivieren Iran und Venezuela ihre alte Freundschaft. Für Venezuela verbessert sich die Kraftstoffversorgung, Iran erhält dafür Gold.

Freundschaftliche Beziehungen: Nicolas Maduro als Gast von Hassan Rouhani in Teheran, 2016

In der zweiten Aprilhälfte ist eine ungewöhnliche große Zahl von Flügen der iranischen Fluggesellschaft Mahan-Air in Venezuela angekommen, genauer gesagt am Flughafen Josefa Camejo International auf der Halbinsel Paraguanà. Sinn und Zweck der Flüge war laut der Nachrichtenagentur Bloomberg, Material und Techniker für Reparaturarbeiten zum Raffineriebetrieb Paraguaná Refinery Complex zu bringen, einem der größten Raffinerien weltweit. Außerdem sollen auch Kraftstoff-Additive in der Ladung gewesen sein. Er habe Kenntnis von insgesamt 15 Flügen aus dem Iran nach Venezuela, twitterte der ehemalige venezolanische Parlamentspräsident Julio Borges, derzeitiger Kanzler der selbsternannten Interims-Regierung von Juan Guaidó.

Konflikt mit den USA

US-Außenminister Mike Pompeo richtete in diesem Zusammenhang einen Appell an die Bündnispartner der USA: Sie sollten ihren Luftraum für die iranische Luftfahrtgesellschaft Mahan sperren. Diese habe in den vergangenen Tagen Frachtgüter zu "unbekannten Hilfszwecken" nach Venezuela gebracht. Die Güter kämen der venezolanischen Regierung zugute. Wie über den Iran haben die Vereinigten Staaten auch über Venezuela bzw. dessen Regierung unter Präsident Maduro Sanktionen verhängt.

Indirekt bestätigte der Iran seine Unterstützung für die Wartung der Raffinerien in Venezuela und dessen Versorgung mit Kraftstoff. Am 1. Mai zitierte die nationale Nachrichtenagentur IRNA den Sprecher des iranischen Außenministeriums, Abbas Mousawi. Der US-Regierung sei mit ihrem Versuch gescheitert, ihre Politik in Venezuela mit den Mitteln von Wirtschaftssanktionen und militärischen Drohungen durchzusetzen. Jetzt versuche sie es auf dem Wege der Störung der Handelsbeziehungen zwischen Iran und Venezuela, die dem Wiederaufbau seiner Raffinerien dienten.

Historisches Bündnis

Die Beziehungen zwischen dem Iran und Venezuela reichen in das Jahr 2001 zurück. In jenem Jahr reiste der damalige venezolanische Präsident Hugo Chavez erstmals nach Teheran. Die Reise begründete ein enges Verhältnis. Immer wieder statteten die Staatschefs beider Länder einander Besuche ab, in deren Verlauf sie zahlreiche Kooperationsverträge abschlossen, hauptsächlich auf dem Gebiet der Energie, der Industrie und der Finanzwirtschaft.

Beide Länder lassen sich bei ihrer Beziehung auch von pragmatischen Gedanken leiten. Sowohl Iran wie auch Venezuela stehen aufgrund der US-Sanktionen wirtschaftlich unter Druck. Aus diesem Grund können sie auf nicht auf allzu viele Handelspartner zählen. Während Iran im Nahen Osten zumindest noch einige Verbündete - Syrien, schiitische Gruppen im Irak, die Hisbollah im Libanon hat, ist Maduro weitgehend isoliert. "Es gibt nicht so viele Staaten, die zu einer Zusammenarbeit mit der Maduro-Regierung bereit wären", sagt Claudia Zilla, Seniorfellow der Forschungsgruppe Amerika an der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), gegenüber der DW.

Vereint gegen die USA

Zudem besteht ideologische Nähe zwischen den Regierungen in Teheran und Caracas. "Beide Länder werden gemeinsam den Imperialismus Nordamerikas besiegen", erklärte Chavez anlässlich eines weiteren Besuchs in Teheran im Juli 2007. "Beide Länder schwimmen auf einer globalen anti-imperialistischen Welle", schrieb die iranische Tageszeitung Kayhan damals.

Aus der Sicht Irans ist auch die geographische Lage Venezuelas interessant. Denn in Lateinamerika, ehemals spöttisch als "Hinterhof" der USA bezeichnet, lassen sich bei Teilen der Bevölkerung immer noch Ressentiments gegen den mächtigen Nachbarn im Norden schüren.

Darauf setzt man in Teheran konsequent. Als der iranische Außenminister Javad Zarif sich im Januar dieses Jahres zu einem Besuch in Caracas aufhielt, habe er sich auch über den Widerstand der venezolanischen Bevölkerung geäußert, heißt es auf der Homepage des venezolanischen Außenministeriums. Der Widerstand sei "sehr wichtig gegen den Druck der Regierung der Vereinigten Staaten", die er als "destabilisierend" in der Region bezeichnet habe.

("Das Völkerrecht, die Charta der Vereinten Nationen und den Multilateralismus verteidigen und stärken": Tweet des venezolanischen Außenministers Jorge Arreaza anlässlich des Besuchs seines Amtskollegen Javad Zarif im Januar in Caracas.)

Teure Hilfe

Doch die Hilfe, die Iran jetzt zur Reparatur der venezolanischen Raffinerie-Anlagen leistet, hat ihren Preis: Dem Bericht von Bloomberg zufolge hatten die Mahan-Flugzeuge bei den Rückflügen nach Iran rund neun Tonnen Gold im Wert von 500 Millionen US-Dollar an Bord: "Die Lieferungen, die zu einem plötzlichen Rückgang der veröffentlichten Währungsreserven in Venezuela führten, lassen dem von der Krise heimgesuchten Land nur 6,3 Milliarden US-Dollar an Hartwährungsaktiva, dem niedrigsten Betrag seit drei Jahrzehnten". Insgesamt verfügt Venezuela laut Bloomberg über 70 Tonnen an Goldreserven, die aber zunehmend schwieriger an den Markt zu bringen seien.

Venezuela habe gar keine andere Wahl, sagt Claudia Zilla von SWP. "Das Land befindet sich in einer derart kritischen Situation, dass die Abhängigkeitsfrage sich als Luxusfrage darstellt." Der Maduro-Regierung gehe es derzeit um das blanke Überleben, weshalb sie sich sogar um einen IWF-Kredit bemüht habe – allerdings ohne Erfolg. "Die Regierung braucht mehr Einnahmen aus dem Erdöl. Nun hat sie im Iran einen Akteur, der ihr für die Reparatur der Raffinerien das Gold abnimmt", so Zilla.

Vorwurf der Terrorunterstützung

Der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten, Luis Almagro, erhob im Juni vergangenen Jahres schwere Vorwürfe gegen die Regierung in Teheran. "Der Iran und die Hisbollah haben eine solide Operationsbasis in Südamerika im Bündnis mit der Narkodiktatur von Nicolás Maduro", so Almagro. "Wenn wir in Venezuela scheitern, bedeutet dies einen Sieg für Terrorismus, transnationales organisiertes Verbrechen und Antisemitismus."

Der Vorwurf des Antisemitismus bezieht sich auf zwei Anschläge in Buenos Aires: 1992 wurde ein Attentat auf die israelische Botschaft in der argentinischen Hauptstadt verübt, bei dem 29 Menschen getötet und über 240 verletzt wurden. Zwei Jahre später kam es zu einem Anschlag auf das Zentrum der jüdischen Gemeinde Argentiniens, ebenfalls in Buenos Aires. Dabei wurde 85 Menschen getötet und 300 verletzt. In beiden Fällen weisen Spuren in Richtung Irans und der Hisbollah. Doch beide Attentat wurde juristisch nicht abschließend aufgearbeitet.

Ob und in welchem Maß die Hisbollah derzeit in Venezuela aktiv sei, lasse sich seriös kaum einschätzen, sagt Claudia Zilla. "Es ist nicht auszuschließen, dass terroristische und kriminelle Gruppen Venezuela als Rückzugsort benutzen - im trüben Fluss kann man unauffällig schwimmen."

Die offiziellen Kontakte zwischen den beiden Ländern dürften indessen weitergehen, vermutet Zilla. "Die Zusammenarbeit zwischen Venezuela und dem Iran ist nicht neu und die beiden rücken näher, je höher der Druck der US-Sanktionen gegen beide Staaten ist."

Autor: Kersten Knipp, Quelle: Deutsche Welle 

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