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Ecuador |

Indigene zwingen Ecuadors Präsident zur Rücknahme der Sparmaßnahmen

Im Konflikt in Ecuador ist es zu einer Einigung gekommen. Präsident Morales kassiert die umstritten Kürzungen der Subventionen auf Diesel und Benzin. Für die Demonstranten ein Triumph - für den Präsidenten ein herber Rückschlag. 

Als die überraschende Einigung am späten Sonntagabend unterzeichnet war, twitterte Lenín Moreno einen Satz, in dem alles Wichtige steckte: „Eine Lösung für den Frieden und für das Land“, schrieb Ecuadors Präsident über den Kurznachrichtendienst Twitter. Seine Regierung werde das Dekret 883 zurücknehmen, das den Andenstaat in den vergangenen zwölf Tagen an den Rand des Bürgerkriegs gebracht hatte. Ab sofort werden die gestrichenen Subventionen für Benzin und Diesel wieder in Kraft gesetzt, die Beamten bekommen Urlaub und Gehalt zurück. Und im Gegenzug verpflichtet sich der mächtige Indigenen-Verband CONAIE, die Straßenblockaden aufzuheben und die gewaltsamen Prostete gegen die Regierung zu beenden. Vermittelt wurde der Dialog von der Ecuadorianischen Bischofskonferenz und den Vereinten Nationen.

Schwere Niederlage für den Präsidenten

Es ist eine Einigung der Vernunft, aber auch eine Einigung, die eine schwere politische Niederlage für Staatschef Moreno bedeutet. Er hatte die Rücknahme des Sparpakets stets als unverhandelbar bezeichnet. Es ist auf der anderen Seite ein Sieg für die Indigenen im Land und all diejenigen, die gegen die vom Internationalen Währungsfonds geforderten Sparmaßnahmen auf die Straße gegangen sind. Nach Angaben des UN-Vertreters in Ecuador, Arnaud Peral, wird eine aus den Konfliktparteien gebildete Kommission ein neues Dekret erarbeiten. Dieses werde „Maßnahmen enthalten, das die Ressourcen dort fokussiere, wo sie am meisten gebraucht würden“.

Das rasche Ergebnis der Verhandlungen nach nur vier Stunden zeigt, dass Moreno die Konfrontation mit der Bevölkerung scheut. Er weiß, dass drei seiner Vorgänger derartige Proteste nicht überstanden haben. Abdalá Bucaram (1997), Jamil Mahuad (2000) und Lucio Gutiérrez (2005) mussten nach Protesten fliehen oder wurden vom Parlament abgesetzt. Fast immer lag ein Konflikt um Sparmaßnahmen der Regierung zugrunde.

Am Wochenende hatten sich die Proteste der Bevölkerung gegen die Regierung noch einmal massiv verschärft. Am Samstag glichen weite Teile der Hauptstadt Quito einem Bürgerkriegsschauplatz: Barrikaden brannten, Schaufenster gingen zu Bruch. Randalierer verwüsteten das Gebäude des Rechnungshofs und attackierten den TV-Sender Teleamazonas und die Tageszeitung „El Comercio“.

Neoliberale Wende

Der Konflikt hatte sich zu einer veritablen Staatskrise ausgeweitet. Die Demonstranten warfen dem 66-jährigen Präsidenten vor, sein Land dem Internationalen Währungsfonds (IWF) ausgeliefert zu haben und so die Bevölkerung in finanzielle und soziale Not zu treiben.

Zudem fühlt sich die CONAIE vom Staatschef verraten. Moreno wurde einst als Linksliberaler gewählt, hat sich nach Ansicht vieler Protestierender aber in seinen gut zwei Jahren an der Macht zu einem rechten Neoliberalen entwickelt, der sein Schicksal und die seines Landes in die Hände des IWF gelegt hat. In vielen Ländern Lateinamerikas, so auch in Ecuador, wird der IWF für Armut, Arbeitslosigkeit und Rezession verantwortlich gemacht.

Das „Paquetazo“, ein Paket von Sparmaßnahmen, die Moreno verhängte, um Kreditanforderungen des IWF zu erfüllen, hatte die Proteste am 3. Oktober ausgelöst. Für die IWF-Hilfszahlungen von 4,2 Milliarden Dollar aus dem Februar muss die Regierung die Staatsausgaben zusammenstreichen. Moreno kürzte den Beamten die Gehälter um 20 Prozent und nahm ihnen die Hälfte des Urlaubs. Zudem mussten die Staatsdiener das Gehalt eines Tages pro Monat an die Staatskasse abgeben.

Die Folgen des "teuren" Benzins

Als Moreno dann noch die vier Jahrzehnte alten Subventionen auf die Benzinpreise kassierte, kippte die Stimmung. Die Gallone Benzin stieg durch die Subventionsstreichung über Nacht von 1,85 auf 2,30 Dollar an. Der Dieselpreis explodierte von 1,08 auf 2.27 Dollar. In der Folge erhöhten sich auch die Kosten für den Nah- und Fernverkehr und vor allem die der Warentransporte. Und so verteuerten sich in der Konsequenz auch die Lebensmittel.

CONAIE-Chef Jaime Vargas machte vor Tagen deutlich, dass die Indigenen, die knapp 30 Prozent der Bevölkerung ausmachen, nicht nachgeben würden: „Das hier hört erst auf“, sagte er unter Bezugnahme auf die Proteste, „wenn der IWF aus Ecuador verschwunden ist.“ Nun hat er seinen Willen.

Autor: Klaus Ehringfeld

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