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Humboldt-Ausstellung wirft kritischen Blick auf den Forscher

Anlässlich seines 250. Geburtstags am 14. September wird Alexander von Humboldt in diesem Jahr groß gefeiert. Eine Ausstellung in Hamburg hinterfragt die heldenhafte Rolle des Naturforschers.

Lateinamerika Alexander von Humboldt

Alexander von Humboldt (Lithografie), CCO1.0

Er ist einer der berühmtesten Naturforscher. Schon zu Lebzeiten genoss Alexander von Humboldt (1769-1859) hohes Ansehen. Heute sind Straßen, Plätze und Institutionen vor allem in Südamerika nach dem Universalgelehrten benannt. Zu Recht? Die noch bis zum 29. September dauernde Ausstellung "Humboldt lebt!" in Hamburg wirft im Jubiläumsjahr einen kritischen Blick auf den Wissenschaftler und hinterfragt die heldenhafte Rolle, die ihm bis heute zugedacht wird. "In Hamburg darf man das eher machen als in Berlin, wo es fast einen hagiografischen Kult um Humboldt gibt", sagt der Direktor des Centrums für Naturkunde an der Universität Hamburg (CeNak), Matthias Glaubrecht, einer der Kuratoren der zweiteiligen Schau.

Für die damalige Zeit leistete Humboldt Außergewöhnliches

Die Besucher begleiten Humboldt auf seiner größten Forschungsreise, die ihn von 1799 bis 1804 nach Lateinamerika führte. In einem Ausstellungsteil im Zoologischen Museum stehen Humboldts Erkenntnisse aus der dortigen Tierwelt im Mittelpunkt. Im anderen Teil im Botanischen Garten und im Loki Schmidt Haus werden seine Funde aus der Pflanzenwelt präsentiert. Dass Humboldt für seine Zeit Außergewöhnliches geleistet hat, stellt die Schau keineswegs infrage. Im Gegenteil: Ein Ausstellungsraum im Zoologischen Museum macht deutlich, welche Strapazen der Geologe auf sich nahm, als er 1799 zu seiner größten Forschungsreise nach Lateinamerika aufbrach. In schlichter Straßenkleidung durchquerte er die abgelegenen Amazonas-Urwälder. In den Anden kletterte er fast bis auf den Gipfel des Chimborazo, der mit über 6.200 Metern damals als höchster Berg der Welt galt.

Seine Beobachtungen zur Beschaffenheit der Landschaft sowie der Tier- und Pflanzenwelt hielt der Forscher akribisch fest. Zahlreiche Zeichnungen Humboldts - etwa vom Andenkondor, von einer Seekuh aus dem Amazonas und von exotischen Affenarten - sind in der Ausstellung zu sehen. Ausschnitte wie Köpfe oder Krallen zeichnete er teils noch einmal vergrößert - mit ungeheurer Genauigkeit. "Sie sehen, mit welcher Akkuratesse er als Anatom gearbeitet hat", sagt Glaubrecht. Weiteres Beispiel für die Akribie des Naturforschers ist sein bekanntestes "Naturgemälde der Anden", das im Zoologischen Museum auf einer großen Tafel präsentiert wird. Es zeigt einen Querschnitt des Chimborazo, auf dem präzise eingetragen ist, welche Pflanzen auf welcher Höhe vorkommen. Nicht zuletzt auf Grundlage dieser "Infografik" wurde Humboldt zum Begründer der "Geografie der Pflanzen" und eines neuen Denkens erhoben.

"Humboldt vermisst die Welt, aber er versteht sie nicht"

Dass das nicht ganz berechtigt ist, macht die Ausstellung anhand mehrerer Beispiele deutlich. So erkundeten die Geologen und Botaniker Horace-Benedict de Saussure und Louis Francois Ramond de Carbonnieres schon in den 1780er Jahren die Abhängigkeit der Gebirgs-Vegetation in den Alpen von Höhe und Temperatur. Der französische Forscher Jean-Louis Giraud-Soulavie schuf bereits 1783 ähnliche Darstellungen der Vegetation, die Humboldt offenbar als Vorlage benutzte. "Die vermeintlich Humboldt'sche Vermessung setzte bereits ein halbes Jahrhundert vor diesem ein", sagt Biologe Glaubrecht.

Der Ausstellungsmacher wehrt sich gegen die weit verbreitete Annahme, Humboldt sei Vorläufer des Denkens von Charles Darwin, dessen Werk "Über die Entstehung der Arten" in Humboldts Todesjahr 1859 erschien. "Humboldt vermisst die Welt, aber er versteht sie nicht. Darwin misst selbst nicht, aber er versteht", so der Museumsdirektor. Dass Humboldt seine Besteigung des Chimborazo rund 500 Meter unterhalb des Gipfels vor einer Felsspalte abbrechen musste, steht für Glaubrecht symbolhaft für das Lebenswerk des Naturforschers. Zwar habe er so viele Daten zu Pflanzen, Tieren und Gesteinen wie niemand zuvor gesammelt. "Aber er hat sie nie zu einer einheitlichen Theorie oder zu einem neuen Naturgesetz zusammengeführt."

Müssen die Feiern zu Humboldts 250. Geburtstag nun abgesagt werden? Muss die Berliner Humboldt-Universität gar ihren Namen ändern? "Natürlich nicht", sagt Glaubrecht. Er sieht in Humboldt weiterhin einen großen Naturforscher. "Er war sogar so genial und begabt, dass man ihn eigentlich nicht überhöhen muss."

Quelle: KNA, Autor: Michael Althaus

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