Historischer Bildungskahlschlag wegen Sparkurs
In Puerto Rico werden als Folge der Sparpolitik zur Bewältigung der Schuldenkrise so viele Schulen und Bildungseinrichtungen geschlossen wie nie. Insgesamt seien in diesem Jahr bereits 2.700 Lehrer auf die Straße gesetzt worden, informiert der britische Nachrichtensender BBC in einem Bericht am Mittwoch, 10. Mai 2017, über den dramatischen Sozialabbau in dem selbstverwalteten US-Territorium, das Anfang des Monats offiziell Insolvenz angemeldet hatte.
Das Bildungsministerium hatte jüngst angekündigt, bis Ende des Jahres weitere 184 öffentliche Schulen zu schließen, insgesamt müssten dafür mehr als 27.000 Schülerinnen und Schüler die Schule wechseln, berichtet die Tageszeitung "El Nuevo Dia". Der Entscheidung von Bildungsministerin Julia Keleher sei eine drei Monate lange Evaluation vorausgegangen, bei der Schuldirektoren, Lehrer, Eltern, Bürgermeister und Verwaltungsangestellte befragt worden seien, hieß es aus dem Ministerium. Mit der Maßnahme soll der Staatshaushalt weiter entlastet werden, so die Argumentation.
Kinderarmut
Zwischen 2010 und 2015 waren landesweit bereits 150 öffentliche Schulen geschlossen worden. Insgesamt gibt es in Puerto Rico 1.292 öffentliche Schulen mit 365.000 Schülerinnen und Schülern. Die Zahlen für Schulanfänger sind laut Daten des von der Regierung beauftragten Beratungsunternehmens "Boston Consulting" in den letzten 30 Jahren um 42 Prozent eingebrochen. In den nächsten Jahren wird mit einem weiteren Rückgang um 22 Prozent gerechnet. Gleichzeitig wird in Puerto Rico der Bildungssektor privatisiert, was die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinanderklaffen lässt. Über 700.000 Kinder (84 Prozent) auf der Insel leben in extremer Armut, so eine Studie der Kinderrechtsorganisation "Kids Count" von 2016.
Auch bei den öffentlichen Universitäten stehen weitere drastische Ausgabenkürzungen an. Allein der "Universidad de Puerto Rico" (UPR), der mit knapp 65.000 Studierenden größten Hochschule, seien Gelder in Höhe von 512 Millionen US-Dollar gestrichen worden, berichten lokale Medien. Derzeit streiken acht der insgesamt elf UPR-Standorte gegen die sogenannte Umstrukturierungsmaßnahmen zur Begleichung der staatlichen Schuldenlast, die von den Studierenden als "koloniale Schuld" kritisiert wird. Abgelehnt wird auch das von den USA eingesetzte siebenköpfige JSF-Finanzgremium, in dem kein Puerto Ricaner vertreten ist, und das über die Austeritätsmaßnahmen entscheidet. (bb)