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Guatemala: 124 Angriffe auf die Pressefreiheit

2020 ist für die guatemaltekische Journalistenvereinigung (APG) ein schwarzes Jahr. 124 Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten hat die Organisation in den ersten elf Monaten des Jahres registriert. Eine erschreckende Bilanz für den Ombudsmann für Menschenrechte Jordán Rodas.

Demonstration, Guatemala, Korruption

Demonstration gegen Korruption in Guatemala. Foto (2015): Flickr, CCO1.0

Am 28. November war es Jordán Rodas höchstpersönlich, der mehreren Journalisten Unterschlupf in der Procuraduría de Derechos Humanos (PDH) bot. Das Büro des Ombudsmannes für Menschenrechte Guatemalas liegt genau dort, wo der Demonstrationszug langzog, den die Journalisten im Auftrag ihrer Redaktionen begleiteten. 

Mehrere Provokateure gingen gegen die Berichterstatter vor. Nicht zum ersten Mal, so Jordán Rodas, der eine Welle von Angriffen auf Reporterinnen und Reporter im Kontext der seit dem 21. November stattfindenden Demonstrationen gegen die Regierung von Alejandro Giammatei registriert. „Die Angriffe haben zugenommen - aber auch das Recht auf Zugang zu öffentlichen Informationen ist ein Grundrecht, das in Guatemala in der Pandemie nicht immer ernst genommen wird“, kritisiert Rodas. Der Jurist aus Quetzaltenango gilt als unerschrockener Verteidiger der Menschenrechte und als unbequemer Kritiker der Regierung, die mehrfach den Etat seiner Institution beschnitten hat und versucht hat, ihn aus dem Amt zu entfernen. Für Rodas eher eine Würdigung seiner Arbeit als ein Grund klein beizugeben. In den letzten drei Wochen hat er mehrfach auf die Situation der Menschen- und Presserechte aufmerksam gemacht.

Journalisten im Fokus des Staates?

Zurecht, denn die Bilanz ist bedrückend. 124 Aggressionen gegen Medienschaffende hat die Journalistenvereinigung Guatemalas (APG) bis Anfang Dezember dokumentiert. Deutlich mehr als unter den Vorgängern des im Januar 2020 vereidigten Präsidenten Alejandro Giammatei. Unter Otto Pérez Molina (2012-2016), ein Militär, wurden 45 derartiger Aggressionen durch die Journalistenorganisation registriert, unter Jimmy Morales (2106-2020) waren es 63. 

Dabei geht der Präsident mit schlechtem Beispiel voran, denn mehrfach hat er die Arbeit des Journalisten Marvin Del Cid von „Artículo 35“ in Frage gestellt, der die Finanzierung der Wahlkampagne Giammateis unter die Lupe genommen und als intransparent bezeichnet hatte. In Guatemala ist es durchaus üblich, dass die Herkunft der Wahlkampfgelder verschleiert wird. Auch in dieser Angelegenheit hatte die UN-Kommission gegen die Straflosigkeit in Guatemala (CICIG) ermittelt und musste nach einem Regierungsbeschluss im September 2019 das Land verlassen. Unabhängige, hartnäckige Recherche ist der Regierung ein Dorn im Auge, urteilen kritische Beobachter wie der deutsche Menschenrechtsanwalt Michael Mörth und die Direktorin der Menschenrechtsorganisation UDEFEGUA, Claudia Samayoa.

Investigative Recherchen werden blockiert

Auffällig ist demnach auch die Diskrepanz zwischen der Zahl der Fälle, die bei den staatlichen Behörden angezeigt wurden und denen, die bei der Beobachtungstelle der Journalistenvereinigung Guatemalas (APG) gemeldet wurden. Nur 95 Fälle hat die Staatsanwaltschaft registriert, darunter auch die Morde an Bryan Leonel Guerra und Irma del Carmen Chinchilla, die beide erschossen wurden. Alarmierend sei aber auch die Zunahme der Fälle von Kriminalisierung und Einschüchterung durch staatliche Behörden: 41 Fälle weist die Statistik der Pressevereinigung auf und kritisiert, dass die investigative Recherche der Kolleginnen und Kollegen im Kontext von Korruption und Missmanagement der Regierung oft blockiert werde. 

"Korruption ist ein strukturelles Problem"

„In Guatemala ist die Korruption genauso wie die Ungleichheit und die Gewalt gegen Frauen und Minderheiten ein strukturelles Problem“, so Jordán Rodas. Recherchen in diesem Kontext treffen den „Pakt der Korrupten“, wie das Bündnis zwischen Regierung und einflussreichen Kreisen aus Unternehmerschaft und Militärs gern genannt wird. Diese gingen dann vermehrt gegen unerwünschte Berichterstatter vor, so UDEFEGUA-Direktorin Claudia Samayoa. Ein Beispiel dafür ist die Anzeige von Miguel Martínez Morales, Direktor der Präsidialkommission der Regierung, gegen einen Journalisten, der für das Online-Medium Plaza Pública die Verbindungen und Hintergründe zwischen Martínez und Präsident Giammatei recherchierte. Für Samayoa gehört es zu den Aufgaben der Journalisten, diese Verbindungen unter die Lupe zu nehmen. „Das ist aber unter der derzeitigen Regierung schwieriger, sie geht gegen unliebsame Journalistinnen und Journalisten mit der Justiz vor“, kritisiert Samayoa, ebenso wie die Journalistenvereinigung (APG) und der Ombudsmann für Menschenrechte. Doch konkrete Reaktionen von offizieller Seite sind bislang ausgeblieben. 

Autor: Knut Henkel

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