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Chile |

Gesetz zum Schutz der Gletscher seit 15 Jahren in Warteschleife

In Chile befinden sich die meisten Gletscher Südamerikas - und die sind enorm wichtig für die ganze Welt. Die Eismassen per Gesetz zu schützen, wäre also nur eine logische Konsequenz. Allerdings würde ein solches Gesetz die Bergbauindustrie enorm einschränken, einen wichtigen Industriezweig. Das ist wohl einer der Hauptgründe, warum die Umsetzung eines Gesetzes zum Schutz der Gletscher seit über 15 Jahren scheitert.  

Der Gletscher Sollipulli in der Region La Araucanía in Chile. Er ist Teil der südlichen Vulkanzone der Anden, einem der vier Vulkangürtel in der Andenkette. Foto: Judith Mintrop

Gletscher sind die größten Süßwasserspeicher der Welt, nach den Ozeanen die größten Wasserspeicher insgesamt und für die Natur und uns Menschen unverzichtbar. Schon seit vielen Jahren wird vor den Folgen der Gletscherschmelze gewarnt. In Chile ist das Leben der Menschen besonders von den riesigen Eismassen abhängig. Insgesamt befinden sich im Land circa 24.000 Gletscher. Rund 70 Prozent der chilenischen Bevölkerung werden mit Wasser aus den Bergregionen versorgt. „Die Kryosphäre (die die Erde bedeckenden Eismassen, Anm. d. Red.) ist von entscheidender Bedeutung für unser Land und das Überleben in unserer Region. Ihre Integrität und ihr Schutz sind deshalb mehr als eine gesetzliche Verpflichtung. Es ist ein überlebenswichtiges Gebot, die gesamte Kryosphäre zu schützen“, sagt René Hernández Tapia, Anwalt der Stiftung „Chilenische Gletscher.“ 

Und genau das sind die aktuellen Streitpunkte beim Gesetz zum Schutz der Gletscher: Kryosphäre und Permafrost. Denn neben der Gletscherschmelze, die durch den Klimawandel auftritt, gibt es im Andenstaat eine andere erhebliche Bedrohung für die Eismassen: den Bergbau. Häufig werden Minerale in Regionen rund um – und oftmals auch sehr nahe an – Gletschern abgebaut. 
Anfang Juni hatte die Bergbau- und Energiekommission des chilenischen Senats für ein Gletschergesetz gestimmt, das den Eingriff in die Gletscherumgebung und den Permafrost nicht komplett verbietet, sondern ihn nach Prüfung der Umweltverträglichkeit und bei Zustimmung der Generaldirektion Wasser erlaubt, die im Ministerium für öffentliche Arbeiten sitzt. Im ursprünglichen Entwurf von 2018 war dies nicht der Fall. „Das Bulletin Nr. 11876-12, dessen Bearbeitung im Jahr 2018 begann, war zweifellos ein Projekt, das den vollständigen Schutz von Gletschern, der Gletscherumgebung und des Permafrostbodens bot“, sagt René Hernández Tapia. Doch die aktuellen Abänderungen im Gesetzesentwurf würden dies nicht mehr gewährleisten. „Wir kritisieren an der aktuellen Version den Mangel an vollständigem Schutz der Kryosphäre vor dem Hintergrund des Klimawandels und der Wasserknappheit. Darunter leidet Chile seit mehr als einem Jahrzehnt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Projekt hinsichtlich des Schutzes von Gletschern schwach ist, denn es bietet die Möglichkeit, in ihrer Nähe einzugreifen. Und die Entscheidung darüber wird über den Umweltprüfungsdienst an den Staat übergeben“, kritisiert Hernández Tapia.

Erster Gesetzesentwurf vor 15 Jahren

Das Ringen um das Gesetz zum Schutz der chilenischen Gletscher ist nicht neu. Bereits vor über 15 Jahren wurde der erste Entwurf für ein solches Gesetz eingereicht – unter der Präsidentschaft von Michelle Bachelet. Schon damals lehnte die Bergbau-Industrie den Gesetzesentwurf entschieden ab. Denn er hätte einige Bergbau-Projekte verhindert. 
Auch aktuell sind es die Bergbau-Industrie und deren Akteure, die den Prozess ausbremsen. „Vor einigen Wochen hat der größte staatliche Kupferkonzern unseres Landes, CODELCO, einen Brief an die Bergbau- und Energiekommission des Senats geschickt, in dem er seine Position gegen das Gletschergesetz zum Ausdruck brachte und feststellte, dass bei einer Genehmigung des Gesetzes etwas mehr als 40 Prozent der derzeit existierenden Arbeitsplätze verloren gehen würden – aufgrund der Einstellung der Arbeiten in der Kryosphäre. Infolgedessen stimmte Senatorin Isabel Allende von der Sozialistischen Partei Chiles für das überarbeitete Gesetz“, erklärt René Hernándes Tapia. „Dieser Einfluss, der auf unsere Gouverneure und Parlamentarier ausgeübt wird, ist der Hauptgrund dafür, dass der Gesetzentwurf zum Gletscherschutz bereits fünf Gesetzesvorlagen im Kongress hat und sich nach 15 Jahren die aktuelle Initiative noch in den Anfängen befindet.“

Der aktuelle Gesetzesentwurf befindet sich erst im ersten Verfassungsprozess. Dass die Senatoren Isabel Allende, Rafael Prohens und Alejandro García Huidobro ihm zugestimmt haben, bedeutet also noch nicht, dass das Gesetz letztendlich in dieser Form verabschiedet wird. Und solange der Prozess dauert, möchte die Stiftung „Chilenische Gletscher“ für Aufklärung sorgen und die Bevölkerung über die Wichtigkeit des vollständigen Schutzes der Gletscher und deren Umgebung informieren. 

Autorin: Judith Mintrop

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