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Mexiko, Brasilien |

Gemischte Reaktionen auf Wahl des neuen IDB-Chefs

Aus Mexiko kommt heftige Kritik an der Wahl des Brasilianers Ilan Goldfajn zum Präsidenten der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IDB). Der steht vor großen Herausforderungen.

Ilan Goldfajn, neuer Chef der Interamerikanischen Entwicklungsbank IDB. Foto: International Monetary FundCC BY-NC-ND 2.0

Es gab keineswegs nur Beifall. Der Ökonom Ilan Goldfajn ist als erster Brasilianer zum neuen Präsidenten der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IDB) gewählt worden. Der frühere brasilianische Zentralbankchef setzte sich am Sonntag klar gegen vier andere Kandidaten und Kandidatinnen durch. Er wird damit eine entscheidende Position für die wirtschaftliche Erholung Lateinamerikas angesichts steigender Inflation und Konjunkturabschwungs bekleiden.

Der 56-Jährige Goldfajn, der in Haifa, Israel, als Sohn einer jüdischen Familie geboren wurde und sowohl die israelische als auch die brasilianische Staatsbürgerschaft besitzt, verfügt über umfangreiche Erfahrungen im öffentlichen und privaten Finanzsektor. Zwischen 2016 und 2019 war er Chef der brasilianischen Zentralbank. Zuvor hatte Goldfajn Braterposten bei der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) inne. Zudem war er mehrere Jahre Chefökonom der größten brasilianischen Privatbank Itaú Unibanco und leitete die Geschäfte der Credit Suisse in Brasilien.

Mexiko übt Kritik

Obwohl Goldfajn in Wirtschaftskreisen hohes Ansehen genießt, ist seine Wahl nicht unumstritten, zumal er für den IDB-Chefsessel von Brasiliens scheidendem Präsidenten Jair Boslonaro nominiert worden war. Vor allem Mexiko kritisierte Goldfajns Wahl als eine "Politik des Immergleichen".

"Es gibt keine Veränderung bei der Wahl des Direktors der IDB, es ist immer wieder dasselbe, es ist das, was während der gesamten neoliberalen Periode angewandt wurde, sie stimmen sich mit der Zustimmung der Vereinigten Staaten ab und das ist, wie sie wählen", wetterte Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador gegenüber der Presse. Goldfajn sei "Mitglied der Wirtschafts- und Finanzgruppe, die dem Konservatismus und vor allem der von der US-Regierung geförderten neoliberalen Politik sehr verbunden ist. Es gibt keine Hoffnung für die Völker Lateinamerikas und der Karibik."

Goldfajn genoß die Unterstützung Brasiliens, der USA, Kanadas und Argentiniens. Das Stimmrecht ist proportional zu dem von einem Land gezeichneten Kapital der Bank. Der größte Investor mit 30 Prozent des Kapitals und damit der Stimmen sind die USA. Allerdings hat López Obrador selbst Anteil an der Wahl Goldfajns. Die von ihm zunächst ins Rennen geschickte frühere Exekutivsekretärin der UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (ECLAC), Alicia Bárcena, war einigen in den USA wohl zu links; sie zog ihre Kandidatur zurück. Doch die Regierungen Chiles, Argentiniens und Mexikos konnten sich in der Folge nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen, so dass Goldfajn leichtes Spiel hatte. Die spanische Tageszeitung El País schrieb von einem "Scheitern" der linksgerichteten Regierungen in der Region.

Brasilien uneins

Mitglieder des Übergangsteams des künftigen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva hatten zuächst eine Verschiebung der IDB-Abstimmung vorgeschlagen, um statt Goldfajn einen eigenen Kandidaten aufzustellen, konnten sich aber nicht durchsetzen. Lula hatte keine Einwände gegen Goldfajn als Vertreter des Landes. Dieser bezeichnete sich selbst als "Kandidat des Staates Brasilien".

Geraldo Alckmin, ein ehemaliger Präsidentschaftskandidat der Mitte-Rechts-Partei der brasilianischen Sozialdemokratie und künftiger Vizepräsident Brasiliens, gratulierte seinem Landsmann zur Wahl. Er "bekräftige im Namen von Präsident Lula die Bereitschaft Brasiliens, die Beziehungen zur Bank im Hinblick auf die wirtschaftliche und soziale Entwicklung unserer Region zu stärken".

Verstoß gegen gegen den Ethikkodex

Die Wahl eines neuen IDB-Präsidenten war nötig geworden, weil der von den USA unter Donald Trump ins Amt gedrückte bisherige IDB-Präsident, der Kubano-Amerikaner Mauricio Claver-Carone, abgesetzt wurde. Ihm war im Rahmen einer Ethikuntersuchung eine Affäre mit einer ihm unterstellten Mitarbeiterin vorgeworfen worden.

Die Ernennung von Claver-Carone im Jahr 2020, die auch schon durch einen Mangel an Einigkeit unter den lateinamerikanischen Regierungen begünstigt wurde, hatte mit der ungeschriebenen Tradition der Bank gebrochen, nach der die Präsidentschaft an Lateinamerika und die Vizepräsidentschaft an die Vereinigten Staaten geht. Während seiner Amtszeit versuchte Claver-Carone sann, der IDB eine ähnliche Agenda wie die der US-Regierung aufzuzwingen.

Große Herausforderungen

Für Goldfajn ist es wichtig, diese Phase zu beenden. Als Chef der IDB wird er einen Schlüsselposten für die wirtschaftliche Entwicklung der Region innehaben. Die multilaterale Entwicklungsbank mit Sitz in Washington D.C. ist mit einem Kreditvolumen von 23,4 Milliarden US-Dollar die größte Geldgeberin für Entwicklungsprojekte in Lateinamerika und der Karibik. Ihre Tätigkeit hängt aber in hohem Maße von Geldern der Vereinigten Staaten ab. Das schafft gleichzeitig Misstrauen in einer Region, in der fast alle Schlüsselländer links regiert werden.

Goldfajn tritt seine fünfjährige Amtszeit am 19. Dezember an - zu einem wirtschaftlich schwierigen Zeitpunkt. Er steht vor der Aufgabe, die Volkswirtschaften der Hemisphäre anzukurbeln, die von einem Teufelskreis aus einbrechenden Währungen, steigender Auslandsverschuldung und Kapitalflucht aufgrund von Inflation und steigenden Zinsen in den USA und Europa betroffen sind. In einem Interview mit der US-Nachrichtenagentur AP listete Goldfajn kürzlich seine Prioritäten auf: "Wir brauchen eine Institution, die sich mit Armut, Ungleichheit und Ernährungsunsicherheit befasst", sagte er. Er erwähnte auch den Klimawandel und Investitionen in die physische und digitale Infrastruktur. Viel zu tun also für den neuen Chef der IDB.

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