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Kuba, Kolumbien |

Friedensgespräche zwischen Bogotá und ELN in Havanna

Nachdem sich der bewaffnete Konflikt in verschiedenen Regionen Kolumbiens zuletzt wieder verschärft hatte, hat in der vergangenen Woche die dritte Runde der Friedensverhandlungen zwischen der kolumbianischen Regierung und der Guerilla der Nationalen Befreiungsarmee (ELN) in der kubanischen Hauptstadt Havanna begonnen.

Die Friedenstaube auf einer Wand in Kolumbien. Foto: Adveniat/Jürgen Escher

Die Gespräche starteten mit mit einer kleinen Überraschung. So wird ELN-Kommandant Nicolás Rodríguez Bautista, alias Gabino, an den Verhandlungen teilnehmen. Er ist eines der einflussreichsten Mitglieder der Guerillagruppe und war viele Jahre deren oberster Kommandant, bis er seine Funktionen im Sommer 2021 aufgab.

Gabino befindet sich seit 2018 in Kuba und hat sich dort medizinisch behandeln lassen. Sein Zustand wurde vertraulich behandelt. Nach einem Bombenattentat der ELN auf eine Polizeischule in Bogotá Anfang 2019 mit 22 Toten, für das er von der damaligen kolumbianischen Regierung Iván Duque mitverantwortlich gemacht wurde und das zum Abbruch der damals laufenden ersten Friedensgespräche führte, beantragte Bogotá seine Auslieferung.

Der Chefunterhändler der kolumbianischen Regierung bei den wiederaufgenommenen Friedensgesprächen, Otty Patiño, der wie Kolumbiens Präsident Gustavo Petro in seiner Jugend der M-19-Guerilla angehörte, bezeichnete die Teilnahme Gabinos als „gute Nachricht“. „Wir glauben, dass Gabino, auch wenn er nicht mehr der ELN-Kommandant ist, ein Mann ist, der ein Symbol für die Einheit der ELN ist und somit eine Garantie dafür, dass wir mit ihm viel schneller vorankommen können als ohne ihn“, sagte Patiño. Am ersten Verhandlungstag in Havanna mahnte er beide Seiten zu einem „vorübergehenden Waffenstillstand mit dem Ziel, diesen zu verlängern und zu vertiefen“.

Ziel: Waffenstillstand

Ein solcher bilateraler Waffenstillstand wäre ein Erfolg. Er ist eines der zentralen Themen der Gespräche, die während des gesamten Monats Mai in der kubanischen Hauptstadt stattfinden werden. Zudem soll über die Frage humanitäree Hilfsmaßnahmen und die Beteiligung der Zivilgesellschaft an dem Prozess verhandelt werden. Nach der ersten Verhandlungsrunde im Novembe/Dezember in Venezuela hatte Kolumbiens Regierung einen bilateralen Waffenstillstand zum Jahresende angekündigt, der nicht mit der Guerilla vereinbart war und prompt von der ELN dementiert wurde. Dies hatte zu einer ernsthaften Krise der Gespräche geführt.

Präsident Petro meldete sich aus Madrid, wo er zum Staatsbesuch weilte, mit einem neuen Vorschlag zu Wort, um die Verhandlungen voranzubringen. Er brachte die Idee einer „Regionalisierung der Waffenstillstände“ ins Spiel, um Vertrauen aufzubauen. Später könnten diese Waffenstillstände auf das gesamte Staatsgebiet ausgeweitet werden. „Man kann also mit regionalen Waffenstillständen beginnen, und wenn die Zeit vergeht und das Vertrauen wächst, kann man darüber nachdenken, sie auf das gesamte Gebiet auszuweiten“, sagte er.

Der Chefunterhändler der ELN, Israel Ramírez, alias Pablo Beltrán, erklärte in Havanna, dass seine Organisation „voll und ganz gewillt und verpflichtet ist“, das zu erreichen, was man sich in der zweiten Verhandlungsrunde im März in Mexiko vorgenommen habe: „einen Waffenstillstand und die Beteiligung der Gesellschaft“. Er betonte: „Wir sind beharrlich und hartnäckig: Ein seriöser Dialogprozess beinhaltet notwendigerweise die Beteiligung der Gesellschaft, vor allem derjenigen, die nie ein Mitspracherecht oder die Möglichkeit hatten, über die Geschicke des Landes zu entscheiden.“ Deshalb müsse der Partizipationsprozess parallel zu den Vereinbarungen über einen echten Waffenstillstand verlaufen, in dem klar festgelegt wird, was die Parteien des bewaffneten Konflikts tun können und was nicht.

Hoffnung in Havanna

Die ELN ist die letzte aktive Guerillagruppe unter Waffen in Kolumbien Sie entstand 1964, inspiriert durch die kubanische Revolution. Mehrere ihrer Gründer wurden auf der Karibikinsel ausgebildet. Die ELN verfügt heute über rund 2.350 Kämpfer und ist im Grenzgebiet zu Venezuela im Nordosten Kolumbiens sowie im Westen des Landes nahe der Pazifikküste präsent und in den letzten Jahren militärisch wieder erstarkt. 

Nach den ersten beiden Verhandlungsrunden in Venezuela und Mexiko, denen die kolumbianische Regierung Petro mit der Aufhebung der Auslieferungsersuchen gegen Mitglieder der ELN-Delegation den Weg geebnet hatte, sind die Friedensgespräche für die dritte Runde nach Kuba zurückgekehrt. In Havanna fanden bereits die Verhandlungen statt, die zum Friedensabkommen mit der inzwischen aufgelösten FARC-Guerilla führten. 

Beide Seiten hoffen, dass dies ein gutes Omen ist. Kubas Außenminister Bruno Rodríguez machte bei der Eröffnung der dritten Gesprächsrunde deutlich, dass „Kubas Position [zur Unterstützung des kolumbianischen Friedensprozesses] unverändert ist und bleiben wird“. „Wir ermutigen Sie, die Magie, die Mystik und die Hoffnung zu nutzen, die Kuba immer bietet“, sagte er, als er die kolumbianischen Regierungsvertreter und die Delegation der ELN in Havanna begrüßte.

Autor: Andreas Knobloch

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