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Ermittlungen zum Präsidentenmord: Richter in Haiti ducken sich weg

Einen Monat nach der Ermordung des Präsidenten von Haiti, Jovenel Moïse, hat die Justiz noch keine Ermittlungen eingeleitet. Der Grund: Das zuständige Gericht findet offenbar keinen Ermittlungsrichter.

Schusswaffe. Symbolbild: Adveniat/Jürgen Escher

Schusswaffe. Symbolbild: Adveniat/Jürgen Escher

Die infrage kommenden Juristen haben Angst um ihre Sicherheit und die ihrer Familie, wie aus Justizkreisen verlautete. "Dies ist ein heikler und politischer Fall", sagte ein Ermittlungsrichter, der anonym bleiben wollte, der französischen Nachrichtenagentur AFP. "Jeder denkt an seine Sicherheit und die seiner Familie, bevor er sich einverstanden erklärt, die Untersuchung zu übernehmen". Er und seine Kollegen seien daher "nicht gerade begeistert, den Fall anzunehmen".

Um die Ermittlungsrichter zu beruhigen, hat der Leitende Richter des Gerichts von Port-au-Prince, Bernard Saint-Vil, nach eigenen Angaben die Regierung aufgefordert, für ihren Schutz zu garantieren sowie Leibwächter abzustellen. "Noch bevor ein Richter mit dem Fall betraut wird, sollten diese Mittel zur Verfügung stehen", sagte er vor der Presse. Saint-Vil hatte angekündigt, dass er den Namen des zuständigen Ermittlungsrichters am Donnerstag bekannt geben werde. Doch am Samstag war der Posten immer noch vakant.

Staatschef Moïse war in der Nacht zum 7. Juli in seinem Haus in der Hauptstadt Port-au-Prince von einem Mordkommando erschossen worden. Seine Frau überlebte schwer verletzt und wurde zur Notfallbehandlung in die USA gebracht.

Viele Verdächtige gefasst

Die Polizei gibt an, bereits 44 Verdächtige im Zusammenhang mit dem Anschlag festgenommen zu haben, darunter zwölf haitianische Polizisten, 18 kolumbianische Söldner und zwei US-Bürger haitianischer Herkunft. Unter den Festgenommenen ist zudem Moïses Sicherheitschef. Nach Darstellung der Polizei wurde das Attentat von Haitianern mit politischen Ambitionen und Verbindungen ins Ausland geplant.

Das Sicherheitsteam des Präsidenten geriet ebenfalls ins Visier der Ermittler. Keiner der für den Schutz des Präsidenten zuständigen Wachleute wurde getötet oder auch nur verwundet. Die Polizei sucht nach weiteren Verdächtigen, darunter befinden sich ein Richter am Obersten Gericht, ein ehemaliger Senator und ein Geschäftsmann. Die Staatsanwaltschaft von Port-au-Prince hatte zudem einen Oppositionsführer, den Vorsitzenden von Moïses Partei sowie zwei haitianische Pastoren, die Moïse öffentlich kritisiert hatten, vorgeladen.

Witwe will kandidieren

In ihrem ersten Interview nach der Ermordung ihres Mannes sagte die Präsidentenwitwe Martine Moïse, die in den Ermittlungen genannten Tatverdächtigen seien lediglich Vollstrecker. "Nur die Oligarchen und das System können ihn getötet haben", betonte sie Ende Juli in der "New York Times". Sie habe keine Angst vor den Mördern ihres Mannes. Tatsächlich erwäge sie nun, selbst für die Präsidentschaft zu kandidieren, sobald sie wieder gesund sei. "Ich möchte, dass die Mörder gefasst werden, sonst werden sie jeden einzelnen Präsidenten töten, der an die Macht kommt", sagte sie. "Sie haben es einmal getan. Sie werden es wieder tun."

Der Mord stürzte den ohnehin von Instabilität und großer Armut geprägten Karibikstaat in eine noch tiefere Krise. Moïse hatte Haiti zuletzt per Dekret regiert, nachdem eine für 2018 geplante Parlamentswahl unter anderem wegen Protesten gegen ihn verschoben worden war. Der ermordete Präsident war zunehmend ziemlich unpopulär: Viele Haitianer machten ihn für die Corona-Krise im Land und die zunehmende Gewalt durch kriminelle Banden verantwortlich.

Quelle: Deutsche Welle, kle/ack (afp, ape, rtre)

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